Tribunal federal
{T 0/2}
1S.52/2005 /ggs
Urteil vom 22. Februar 2006
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Reeb, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Parteien
Schweizerische Bundesanwaltschaft, Zweigstelle Lugano, Via Sorengo 7, Postfach, 6900 Lugano 3, Beschwerdeführerin,
gegen
X.________ GmbH, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Büchi,
Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, Postfach 2720, 6501 Bellinzona.
Gegenstand
Versiegelung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundestrafgerichts, Beschwerdekammer, vom 16. November 2005.
Sachverhalt:
A.
Die Schweizerische Bundesanwaltschaft erliess im Ermittlungsverfahren gegen Y.________ am 17. August 2005 einen Durchsuchungsbefehl, wonach die Räume der X.________ GmbH zur Sicherstellung von Beweisen sowie von einziehbaren Vermögenswerten zu durchsuchen seien. Die Durchsuchung fand am 18. August 2005 statt; dabei wurden diverse Dokumente beschlagnahmt.
Am 19. August 2005 erhob der Liquidator der X.________ GmbH schriftlich Einsprache gegen die Durchsuchung gemäss Art. 69 Abs. 3
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B.
Die X.________ GmbH erhob am 23. August 2005 bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde gegen den Durchsuchungsbefehl und die Beschlagnahme. Mit Verfügung vom 26. August 2005 erteilte der Präsident der Beschwerdekammer der Beschwerde vorsorglich die aufschiebende Wirkung in dem Sinne, dass die Unterlagen zu versiegeln seien, sofern dies noch nicht geschehen sei.
C.
Am 16. November 2005 trat die Beschwerdekammer auf die Beschwerde mangels Leistung des Kostenvorschusses nicht ein.
Sie nahm jedoch die Beanstandungen der X.________ GmbH gegen das Vorgehen der Bundesanwaltschaft und der Bundespolizei bei der Ausführung des Durchsuchungsbefehls im Verfahren der Aufsichtsbeschwerde entgegen (Art. 28 Abs. 2
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Für begründet hielt die Beschwerdekammer nur die Rüge der X.________ GmbH, wonach sie bei der Durchsuchung vom 18. August 2005 keine Kenntnis ihres Rechts gemäss Art. 69 Abs. 3
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D.
Gegen diesen Entscheid erhebt die Bundesanwaltschaft Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragt, es sei die sofortige Entsiegelung der beschlagnahmten Dokumente anzuordnen.
E.
Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach Art. 33 Abs. 3 lit. a
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Angefochten ist ein Entscheid der Beschwerdekammer; fraglich ist jedoch, ob es sich um einen Entscheid über Zwangsmassnahmen handelt.
Zu den mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbaren strafprozessualen Zwangsmassnahmen gehören namentlich Entscheide betreffend die Anordnung bzw. Weiterdauer von Untersuchungs- oder Auslieferungshaft oder betreffend Ersatzmassnahmen für Haft (wie Pass- und Schriftensperren oder Meldepflichten); als Zwangsmassnahmenentscheide gelten sodann Verfügungen über Kontensperren, über die Beschlagnahme von Vermögen oder betreffend die Durchsuchung bzw. Beschlagnahme von Dokumenten (vgl. BGE 131 I 52 E. 1.2.2 S. 54; 130 I 234 E. 2.2 S. 236 f.; 130 II 306 E. 1.2.2 S. 308 f.; 130 IV 154 E. 1.2 S. 155).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer nicht über den Durchsuchungsbefehl und die Beschlagnahme entschieden; auf die diesbezügliche Beschwerde ist sie nicht eingetreten. Sie hat vielmehr die - zuvor vom Präsidenten der Beschwerdekammer provisorisch verfügte - Versiegelung der beschlagnahmten Dokumente aufrechterhalten.
Wie das Bundesgericht in BGE 130 IV 156 (E. 1.2.2 S. 159) bereits entschieden hat, stellt die provisorische Versiegelung von beschlagnahmten Dokumenten keine Zwangsmassnahme dar, da sie den Bestand der Beschlagnahme nicht berührt.
Im vorliegenden Fall lässt sich die Auffassung vertreten, die zunächst als vorsorgliche Massnahme, zur Gewährung der aufschiebenden Wirkung, angeordnete Versiegelung sei durch den Entscheid der Beschwerdekammer in eine "ordentliche" Versiegelung gemäss Art. 69 Abs. 3
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Mit ihr wird lediglich sichergestellt, dass die Untersuchungsbehörde die beschlagnahmten Papiere vorläufig nicht durchsuchen kann, bis zum Entscheid der Beschwerdekammer im Entsiegelungsverfahren. Damit wird keinerlei Zwang ausgeübt oder angedroht. Über die Durchsuchung der Papiere - und damit über eine Zwangsmassnahme - wird erst im Entsiegelungsverfahren entschieden (vgl. Urteil 1S.28/2005 vom 27. September 2005 E. 1).
2.
Nach dem Gesagten kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 245
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Die Bundesanwaltschaft hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 200.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Februar 2006
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin: