Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_936/2011

Urteil vom 21. März 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

K.________, vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Ueli Kieser,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. November 2011.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2009 verneinte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen in Berücksichtigung u.a. des Gutachtens des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 den Anspruch des 1953 geborenen K.________ auf eine Rente der Invalidenversicherung.

B.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde des K.________ hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 9. November 2011 die angefochtene Verfügung auf und sprach dem Versicherten eine halbe Rente ab 1. Dezember 2007 zu, unter Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zur Festsetzung des Rentenbetrages.

C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 9. November 2011 sei aufzuheben.

K.________ lässt beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei, eventualiter die Sache an die Vorinstanz zur Vervollständigung der Beweisgrundlage zurückzuweisen. Das kantonale Versicherungsgericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz hat festgestellt, gemäss dem vollständig und nachvollziehbar begründeten Gutachten des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 sei der Beschwerdeführer aus medizinischer Sicht in einer körperlich leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Tätigkeit zu 70 % arbeitsfähig. Davon ausgehend hat sie durch Einkommensvergleich (Art. 16
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.
ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28a - 1 Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211
1    Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211
2    Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung des Invaliditätsgrades in Abweichung von Artikel 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen.212
3    Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, wird der Invaliditätsgrad für diesen Teil nach Artikel 16 ATSG festgelegt. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich tätig, so wird der Invaliditätsgrad für diese Tätigkeit nach Absatz 2 festgelegt.213 In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit oder der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen.
IVG) einen Invaliditätsgrad von 51 % ermittelt, was Anspruch auf eine halbe Rente gibt (Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG205) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.206
2    ...207
IVG).

2.
2.1 Im Gutachten des Instituts I.________ vom 10.Juni 2009 wurden folgende Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gestellt: 1. Leichte bis mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.0/32.1). 2. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.5). 3. Chronisches lumbovertrebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Ausfälle (ICD-10 M 54.5). Wie die Beschwerde führende IV-Stelle richtig vorbringt, beurteilt sich bei einem solchen Krankheitsbild die Frage, inwieweit eine Arbeitsunfähigkeit aus medizinisch-psychiatrischer Sicht als invalidisierend im rechtlichen Sinne (Art. 4 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG sowie Art. 3 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 3 Krankheit - 1 Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.7
1    Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.7
2    Als Geburtsgebrechen gelten diejenigen Krankheiten, die bei vollendeter Geburt bestehen.
und Art. 6
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 6 Arbeitsunfähigkeit - Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten.9 Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt.
ATSG) anzuerkennen ist, nach der mit BGE 130 V 352 begründeten Rechtsprechung (vgl. BGE 136 V 279 E. 3.2.3 S. 283 und SVR 2012 IV Nr. 1 S. 1, 9C_1040/2010 E. 3.4.1).

2.2 Der Beschwerdegegner rügt, die betreffende Rechtsprechung gehe von der Vermutung aus, dass eine somatoforme Schmerzstörung grundsätzlich überwindbar sei. Diese Normhypothese könne sich auf keine genügende fachliche Grundlage stützen. Im Urteil 9C_776/2010 vom 20. Dezember 2011 hat das Bundesgericht zum ähnlich lautenden Vorwurf Stellung genommen, die verwendeten Kriterien zur Beurteilung, ob und inwieweit ausnahmsweise von der Nichtüberwindbarkeit der subjektiv erlebten Schmerzen und der Unzumutbarkeit der Verwertung der verbliebenen Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt auszugehen ist, seien wissenschaftlich nicht validiert. In E. 2.4 hat es u.a. Folgendes festgehalten:
Die kritisierte Praxis gibt den begutachtenden Fachpersonen und den Organen der Rechtsanwendung auf, die Arbeitsfähigkeit im Einzelfall mit Blick auf bestimmte Kriterien zu prüfen, um damit eine einheitliche und rechtsgleiche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten (BGE 135 V 201 E. 7.1.3 S. 213). Die Gesamtheit der ursprünglich als fachpsychiatrische Prognosekriterien formulierten Gesichtspunkte (vgl. BGE 135 V 201 E. 7.1.2 S. 212; Klaus Foerster, Begutachtung und Erwerbsfähigkeit bei Patienten mit psychogenen Störungen, SZS 1996 S. 486 ff., 498) ist zu einem rechtlichen Anforderungsprofil verselbstständigt worden. Mit diesem soll sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Feststellung eines rechtserheblichen Gesundheitsschadens und von dessen anrechenbaren Folgen für die Leistungsfähigkeit erfüllt sind (vgl. Thomas Gächter, Die Zumutbarkeit und der sozialversicherungsrechtliche Beweis, in: Was darf dem erkrankten oder verunfallten Menschen zugemutet werden?, Murer [Hrsg.], 2008, S. 253 f.). Dementsprechend schlagen sich Neuformulierungen von Kriterienkatalogen in der medizinischen Fachliteratur nicht unmittelbar in den für diese Gruppe von Leiden geschaffenen Beurteilungselementen nieder (Urteil 8C_420/
2011 vom 26. September 2011 E. 2.4). Die einzelnen Kriterien orientieren sich zwar an medizinischen Erkenntnissen. Eine direkte Anbindung besteht aber nicht, weshalb sich die Frage der Validierung hier nicht stellt. Davon abgesehen bestehen in der Schweiz nur verfahrensmässige Leitlinien (der Schweizerischen Gesellschaft für Versicherungspsychiatrie für die Begutachtung psychischer Störungen [Schweizerische Ärztezeitung, SAeZ 2004 S. 1048 ff.] sowie für die Begutachtung rheumatologischer Krankheiten und Unfallfolgen [der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie; SAeZ 2007 S. 736 ff.]), jedoch (noch) kein von involvierten Fachverbänden getragener, breit abgestützter materieller Grundkonsens in solchen Fragen, dies im Unterschied etwa zu Deutschland (vgl. Leitlinie für die Begutachtung von Schmerzen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften [AWMF], 2005-07, www.awmf. org; Jörg Jeger, Die Entwicklung der "Foerster-Kriterien" und ihre Übernahme in die bundesgerichtliche Rechtsprechung: Geschichte einer Evidenz, Jusletter vom 16. Mai 2011, Rz. 7 ff., 27 ff., 142 und 161).
Dem ist nichts beizufügen.

3.
3.1 Die fachärztlichen Stellungnahmen zum psychischen Gesundheitszustand und zu dem aus medizinischer Sicht (objektiv) vorhandenen Leistungspotenzial bilden unabdingbare Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls inwieweit einer versicherten Person unter Aufbringung allen guten Willens die Überwindung ihrer Schmerzen und die Verwertung ihrer verbleibenden Arbeitskraft zumutbar ist oder nicht (BGE 130 V 352 E. 2.2.5 S. 355). Bei ihrer Einschätzung der psychischen Ressourcen des Exploranden oder der Explorandin, mit den Schmerzen umzugehen, haben die begutachtenden Ärzte notwendigerweise auch die massgebenden Kriterien zu beachten (BGE 135 V 201 E. 7.1.3 S. 213; 130 V 352 E. 2.2.4 S. 355), sich daran zu orientieren (Ulrich Meyer, Die Rechtsprechung zur Arbeitsunfähigkeitsschätzung bei somatoformen Schmerzstörungen, in: Medizin und Sozialversicherung im Gespräch, 2006, S. 221). Insbesondere haben sie sich dazu zu äussern, ob eine psychische Komorbidität oder weitere Umstände gegeben sind, welche die Schmerzbewältigung behindern (SVR 2008 IV Nr. 23 S. 71, I 683/06 E. 2.2). Nicht erforderlich ist, dass sich eine psychiatrische Expertise in jedem Fall über jedes einzelne der genannten Kriterien ausspricht;
massgeblich ist eine Gesamtwürdigung der Situation (SVR 2005 IV Nr.6 S.21, I 457/02 E. 7.4 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 130 V 396).

Gestützt auf die fachärztliche Beurteilung haben die rechtsanwendenden Behörden als Rechtsfrage zu prüfen, ob eine festgestellte psychische Komorbidität hinreichend erheblich ist und ob einzelne oder mehrere der festgestellten weiteren Kriterien in genügender Intensität und Konstanz vorliegen, um gesamthaft den Schluss auf eine im Hinblick auf eine erwerbliche Tätigkeit nicht mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung zu erlauben (Urteil 9C_482/2010 vom 21. September 2010 E. 4.3). Die Prüfung schliesst die Beurteilung der Frage ein, inwiefern die ärztliche Einschätzung der psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit invaliditätsfremde Gesichtspunkte (insbesondere psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren) mitberücksichtigt (Urteil 9C_651/2009 vom 7. Mai 2010 E. 5.1; Urteil 9C_1040/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.4.1; vgl. auch Jörg Jeger, Tatfrage oder Rechtsfrage? Abgrenzungsprobleme zwischen Medizin und Recht bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in der Invalidenversicherung. Ein Diskussionsbeitrag aus der Sicht eines Mediziners [2. Teil], SZS 2011 S.580 ff.; Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 1.2).

3.2 Im Gutachten des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 wurde in der Gesamtbeurteilung festgehalten, aus psychiatrischer Sicht wirke sich die leichte bis mittelgradige depressive Episode sowie die anhaltende somatoforme Schmerzstörung auf die Arbeitsfähigkeit aus. In einer aus orthopädischer Sicht adaptierten Tätigkeit resultiere bei ganztägigem Einsatz aufgrund des erhöhten Pausenbedarfs eine Leistungseinbusse von 30 %. Der psychiatrische Gutachter führte in seinem Teilgutachten u.a. aus, der Explorand leide hauptsächlich unter seinen Schmerzen. Eine schwere psychische Störung liege nicht vor. Er erhalte im Rahmen der ambulanten psychiatrischen Behandlung auch keine antidepressive Medikation, was gegen eine deutliche Depression spreche. Hinweise auf unbewusste Konflikte seien nicht vorhanden; ein primärer Krankheitsgewinn sei somit nicht gegeben. Der Explorand habe kaum mehr Kontakte zu seinen Kollegen; innerhalb der Familie bestehe durchaus eine gute Beziehungssituation, wenn auch die Beziehung zur Ehefrau wiederholt angespannt sei. Es bestünden psychosoziale und emotionale Belastungen, die deutlich ausgeprägt seien und sich durch den dadurch hervorgerufenen unangenehmen Affekt auch in den Schmerzen ausdrückten. Die
psychosozialen Belastungen nach dem Verlust der Arbeitsstelle seien primär krankheitsfremd, verstärkten die psychischen Störungen, führten aber auch zu regressiven Tendenzen, was bei der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit berücksichtigt werden müsse.

Entgegen den Vorbringen des Beschwerdegegners trifft somit nicht zu, der psychiatrische Gutachter des Instituts I.________ habe sich nicht zu den "Förster-Kriterien" geäussert. Die Kritik, es sei eine aus fachlicher Sicht unzulässige Anmassung, wenn die IV-Stelle aus der (rudimentären) Beurteilung des Psychiaters ableiten wolle, die Depression sei lediglich eine Begleiterscheinung (vgl. dazu E. 4.2.1 hinten), ist unbegründet.

3.3 Die Vorinstanz hat keine Tatsachenfeststellungen zu den massgebenden Kriterien getroffen, an Hand derer sich der invalidisierende Charakter der gesundheitlichen Beeinträchtigung (leichte bis mittelgradige depressive Episode, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, chronisches lumbovertrebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Ausfälle; vorne E. 2.1) beurteilt, und diese auch nicht geprüft (rechtlich gewürdigt). Das verletzt Bundesrecht. Es kann offenbleiben, ob darin (auch) eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG) zu erblicken ist, wie die IV-Stelle rügt, oder der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV sowie Art. 61 lit. h
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG und Art. 112 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 112 Eröffnung der Entscheide - 1 Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten:
1    Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten:
a  die Begehren, die Begründung, die Beweisvorbringen und Prozesserklärungen der Parteien, soweit sie nicht aus den Akten hervorgehen;
b  die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen;
c  das Dispositiv;
d  eine Rechtsmittelbelehrung einschliesslich Angabe des Streitwerts, soweit dieses Gesetz eine Streitwertgrenze vorsieht.
2    Wenn es das kantonale Recht vorsieht, kann die Behörde ihren Entscheid ohne Begründung eröffnen. Die Parteien können in diesem Fall innert 30 Tagen eine vollständige Ausfertigung verlangen. Der Entscheid ist nicht vollstreckbar, solange nicht entweder diese Frist unbenützt abgelaufen oder die vollständige Ausfertigung eröffnet worden ist.
3    Das Bundesgericht kann einen Entscheid, der den Anforderungen von Absatz 1 nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben.
4    Für die Gebiete, in denen Bundesbehörden zur Beschwerde berechtigt sind, bestimmt der Bundesrat, welche Entscheide ihnen die kantonalen Behörden zu eröffnen haben.
BGG) abgeleiteten Begründungspflicht. Es war der IV-Stelle ohne weiteres möglich, die vorinstanzliche Erkenntnis sachgerecht anzufechten (Urteil 9C_121/2011 vom 31. März 2011 E. 1 mit Hinweisen), und die Sache ist spruchreif.

4.
Nach Auffassung der IV-Stelle sind die Kriterien gemäss BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 354 f. nicht in einer Weise gegeben, dass dem psychischen Leiden die Arbeitsfähigkeit einschränkende invalidisierende Wirkung beizumessen wäre. Insbesondere gelte eine leichte bis mittelgradige depressive Episode grundsätzlich nicht als von der somatoformen Schmerzstörung unterscheidbare psychische Komorbidität. Dies treffe auch im konkreten Fall zu, zumal aus der Beschreibung der Symptome und der psychischen Vorgänge im Gutachten des Instituts I.________ deutlich hervorgehe, dass das Schmerzerleben dominiere und das Beschwerdebild in nicht unerheblichem Masse von invaliditätsfremden psychosozialen Faktoren mitbestimmt und aufrechterhalten werde.

4.1 Der Beschwerdegegner bringt in formeller Hinsicht vor, der Einwand, es sei von einer vollen Arbeitsfähigkeit gestützt auf die "Überwindungspraxis des Bundesgerichts" auszugehen, sei neu und hätte schon längst vorgebracht werden können. Er beschlage eine Tatfrage, nämlich die gutachterliche Einschätzung der somatoformen Schmerzstörung und der Komorbidität. Es handle sich um eine neue Tatsache, die vor Bundesgericht nicht mehr vorgebracht werden könne (Art. 99 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG). Der Einwand sei auch ein unzulässiges neues Begehren (Art. 99 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG). Er habe sich im vorinstanzlichen Verfahren damit nicht auseinandersetzen müssen und dazu auch keine weiteren medizinischen Unterlagen einholen oder beantragen können. Eine Gutheissung der Beschwerde würde Treu und Gauben sowie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen und ihm den Instanzenzug verkürzen.
4.1.1 Diese Argumentation verkennt, dass die Arbeitsfähigkeit als Faktor der Invaliditätsbemessung ein Rechtsbegriff ist, der nicht notwendigerweise der fachärztlich festgelegten Arbeitsfähigkeit entsprechen muss (vorne E. 3.1). Sein Inhalt kann wie die das Rechtsvehältnis "Rente der Invalidenversicherung" bestimmenden Elemente bzw. Teilaspekte (Umfang des Anspruchs, Höhe und Beginn der Leistung) von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen erst mit dem Endentscheid in Rechtskraft erwachsen (BGE 125 V 413 E. 2b-d S. 416 ff.). Die IV-Stelle durfte somit (erstmals) in diesem Verfahren die Frage aufwerfen und zur Diskussion stellen, ob und inwieweit die Arbeitsfähigkeit von 70 % gemäss Gutachten des Instituts I.________ vom 10. Juni 2009 als invalidisierend im rechtlichen Sinne (Art. 4 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG sowie Art. 3 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 3 Krankheit - 1 Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.7
1    Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.7
2    Als Geburtsgebrechen gelten diejenigen Krankheiten, die bei vollendeter Geburt bestehen.
und Art. 6
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 6 Arbeitsunfähigkeit - Arbeitsunfähigkeit ist die durch eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit bedingte, volle oder teilweise Unfähigkeit, im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich zumutbare Arbeit zu leisten.9 Bei langer Dauer wird auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf oder Aufgabenbereich berücksichtigt.
ATSG) anzuerkennen ist. Damit machte sie weder eine neue Tatsache geltend (Art. 99 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG) noch stellte sie ein neues Rechtsbegehren (Art. 99 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
1    Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
2    Neue Begehren sind unzulässig.
BGG; BGE 136 V 362 E. 3.3 bis E. 4.2 S. 364 ff.).
4.1.2 Im Weitern würde ein Entscheid im Sinne der Beschwerde führenden IV-Stelle weder auf neuen tatsächlichen oder rechtlichen Grundlagen beruhen noch mit einer Begründung versehen, mit welcher der Beschwerdegegner, und zwar schon im vorinstanzlichen Verfahren, nicht rechnen musste (vgl. Pra 2007 Nr. 94 S. 636, 4P.134/2006 E. 6 mit Hinweisen; BGE 122 V 34 E. 2c S. 37). Mit der Möglichkeit, sich zu allen Vorbringen in der Beschwerde zu äussern, ist seinem Gehörsanspruch Genüge getan (BGE 136 V 362 E. 4.3 S. 367). Schliesslich liegt auch keine Verletzung der Garantie des zweifachen Instanzenzuges vor, da die Vorinstanz alle den Anspruch auf eine Invalidenrente als solchen und den Umfang des Anspruchs bestimmenden Elemente beurteilt hat (ZAK 1991 S. 364, H 147/89 E.8 [nicht publ. in: BGE 117 V 131]).
4.2
4.2.1 In materieller Hinsicht bringt der Beschwerdegegner unter Hinweis auf die Urteile 9C_980/2010 vom 20. Juni 2011 und 8C_958/2010 vom 25. Februar 2011 richtig vor, dass auch eine leichte bis mittelschwere depressive Episode als psychische Komorbidität die Leistungsfähigkeit einschränken könne. Diese Präjudizien sind jedoch vorliegend nicht einschlägig. 9C_980/2010 war kein Anwendungsfall der Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 352. Zudem war nach nicht offensichtlich unrichtiger Feststellung der damaligen Vorinstanz von einer mittelgradigen depressiven Störung und nicht bloss von einer solchen Episode auszugehen (E. 5.3). Im Urteil 8C_958/2010 E. 6.2.2.1 wurde festgehalten, dass nach der Rechtsprechung mittelgradige depressive Episoden grundsätzlich keine von depressiven Verstimmungszuständen klar unterscheidbare andauernde Depression im Sinne eines verselbstständigten Gesundheitsschadens darstellen, die es der betroffenen Person verunmöglichten, die Folgen der Schmerzstörung zu überwinden (vgl. Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E.4.2.2.1 mit Hinweisen). Im Unterschied zum vorliegenden Fall (vorne E. 3.2) sodann unterzog sich dort die versicherte Person einer regelmässigen antidepressiven Medikation, was für die Annahme eines
nicht unerheblichen graduellen Schweregrades des psychischen Leidens entscheidend war.

Selbst wenn mit dem Beschwerdegegner eine psychische Komorbidität bejaht wird, fehlt es aufgrund der Feststellungen im psychiatrischen Teilgutachten des Instituts I.________ an der notwendigen Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer der diagnostizierten leichten bis mittelschweren depressiven Episode (BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 354 unten), die den Schluss auf eine im Hinblick auf eine vollzeitliche Erwerbstätigkeit nicht mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbare Schmerzstörung erlaubte (vorne E. 3.1). Danach liegt keine schwere psychische Störung vor. Insbesondere das Fehlen einer antidepressiven Medikation spricht gegen eine deutliche Depression. Gegen eine rechtliche relevante psychische Komorbidität sprechen auch die vom psychiatrischen Gutachter erwähnten psychosozialen und emotionalen Belastungen, die deutlich ausgeprägt seien, sich durch den dadurch hervorgerufenen unangenehmen Affekt auch in den Schmerzen ausdrückten und die psychischen Störungen verstärken würden (vorne E. 3.2; BGE 127 V 294 E. 5a S. 299). Der nach Erlass der vorinstanzlich angefochtenen Verfügung vom 27. Oktober 2009 verfasste Bericht der Psychiatrischen Klinik Y.________ vom 11. Dezember 2009 ändert nichts daran.
4.2.2 Weiter macht der Beschwerdegegner geltend, aus den Akten, u.a. aus der gesamten Kranken- und Arbeitsgeschichte sowie aus den Berichten der Klinik Y.________ ergebe sich, dass die weiteren Kriterien (sozialer Rückzug, primärer Krankheitsgewinn, chronische körperliche Begleiterkrankung, Scheitern der konsequent durchgeführten Behandlungen) hinreichend gehäuft und ausgeprägt erfüllt seien. Dabei belässt er es indessen, ohne zu den einzelnen Kriterien nähere Ausführungen zu machen. Insbesondere äussert er sich nicht zu den Vorbringen der Beschwerde führenden IV-Stelle, weshalb die Kriterien nicht in einer Weise gegeben sind, um insgesamt den rechtlichen Schluss auf eine invalidisierende Gesundheitsschädigung zu gestatten.
4.2.2.1 Die IV-Stelle bringt richtig vor, dass gemäss dem Gutachten des Instituts I.________ zwar ein gewisser sozialer Rückzug ersichtlich, die Beziehungssituation innerhalb der Familie (Ehefrau, im selben Haushalt lebende erwachsene Töchter, andere Kinder und deren Familien) jedoch gut ist. Somit liegt kein Rückzug in allen Belangen des Lebens vor. Sodann verneinte der psychiatrische Gutachter einen primären Krankheitsgewinn. Weiter kann in Bezug auf das chronische lumbovertebrale Schmerzsyndrom ohne radikuläre Ausfälle nicht von einer chronischen körperlichen Begleiterkrankung mit mehrjährigem Krankheitsverlauf bei unveränderter oder progredienter Symptomatik ohne längerfristige Remission gesprochen werden, wie die IV-Stelle unter Hinweis auf die Urteile 9C_111/2008 vom 27. Januar 2009 E. 3.2 und 8C_195/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 7.3 festhält. Schliesslich empfahl der psychiatrische Gutachter des Instituts I.________ die Fortführung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung unter Intensivierung der antidepressiven Therapie. Gemäss Hauptgutachten könnte, eine gute Medikamenten-Compliance vorausgesetzt, von der Verordnung eines sedierenden und schmerzdistanzierenden Antidepressivums eine Verbesserung der Situation
bringen. Daraus folgert die IV-Stelle, auch das Kriterium des Scheiterns einer konsequent durchgeführten ambulanten oder stationären Behandlung sei nicht (hinreichend) erfüllt. Dieser Schluss ist zutreffend, zumal wenn berücksichtigt wird, dass solche psychische Störungen grundsätzlich therapeutisch angehbar sind (Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 4.2.2.1 in fine). Aus dem Bericht der Psychiatrischen Klinik Y.________ vom 11. Dezember 2009 ergibt sich nichts anderes.
4.2.2.2 Ergänzend zu den Vorbringen der IV-Stelle ist zu beachten, dass im Gutachten des Instituts I.________ festgestellt wurde, der Explorand halte sich aus gesundheitlichen Gründen für überhaupt nicht mehr arbeitsfähig. Ursache dafür seien u.a. die fehlende Motivation, sich beruflich wieder einzugliedern und die bei ungenügenden Deutschkenntnissen und allgemeinem tiefen Bildungsniveau zu erwartenden Schwierigkeiten, eine Anstellung in einer adaptierten Tätigkeit zu erhalten. Weiter wurden erhebliche Diskrepanzen und Inkonsistenzen bei der Anamneseerhebung und in der orthopädischen Untersuchung erwähnt. Der Explorand habe ein demonstrativ wirkendes Schmerzgebaren gezeigt. Sämtliche Untersuchungsschritte seien von repetitiven Klagen über lumbale Schmerzen begleitet gewesen, und zwar auch bei der Prüfung der Schultern-. Ellenbogen-, Hand-, Hüft-, Knie- und Hüftgelenke. Bei der fokussierten Untersuchung sei die Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten schmerzhaft eingeschränkt gewesen, ausserhalb jedoch unbehindert. Insbesondere seien unter Ablenkung die Halswirbelsäule und die Kopfrotation frei beweglich gewesen. Sodann halte sich der Explorand zwar für arbeitsunfähig; er sei jedoch in der Lage, mehrmals in der Woche mit
dem Auto vom Wohnort zur Behandlung zu fahren, was eine Konzentrationsfähigkeit und Sitzdauer von mindestens einer halben Stunde am Stück voraussetze. Auch habe beobachtet werden können, wie der Explorand in flüssigem Wechselschritt ohne Benützung des Handlaufs treppauf gegangen sei, nachdem er vor der internistischen Untersuchung in Begleitung beim Treppabgehen sehr langsam gegangen sei und sich wiederholt mit beiden Händen am linken Handlauf festgehalten habe. Diese Diskrepanzen zwischen den geschilderten Schmerzen und dem gezeigten Verhalten sprechen gegen das Vorliegen eines invalidisierenden Gesundheitsschadens (BGE 131 V 49 E. 2.1 S. 51; Urteil 9C_736/2011 vom 7. Februar 2012 E. 1.1). Der Bericht der Psychiatrischen Klinik Y.________ vom 11. Dezember 2009, der auch Stellung nimmt zum Gutachten des Instituts I.________, äussert sich nicht zu diesen Diskrepanzen und Inkonsistenzen, was schon deshalb dessen Beweiswert mindert. Abgesehen davon ergeben sich daraus keine Aspekte, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben wären und zumindest Anlass für ergänzende Abklärungen geben könnten (Urteile 8C_642/2011 vom 14. Februar 2012 E. 5.2 und 9C_468/2009 vom 9. September 2009 E. 3.3.1, je mit Hinweisen).

4.3 Mit der IV-Stelle ist somit festzustellen, dass in rechtlicher Hinsicht kein Raum für die Annahme einer psychisch bedingten (teilweisen) Einschränkung der Arbeitsfähigkeit besteht. Bei uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit in körperlich leichten bis mittelschweren, wechselbelastenden Tätigkeiten ergibt sich bei im Übrigen gleichen unveränderten Berechnungsfaktoren aufgrund der vorinstanzlichen Invaliditätsbemessung ein Invaliditätsgrad von 30 % ([Fr. 70'140.- - Fr. 48'786.60]/Fr. 70'140.- x 100 %; zum Runden BGE 130 V 121), was für den Anspruch auf Rente nicht ausreicht (Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG205) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.206
2    ...207
IVG). Selbst ein höheres Valideneinkommen von Fr. 70'729.- und ein maximaler Abzug vom Tabellenlohn nach BGE 126 V 75 von 25 % beim Invalideneinkommen führte zu keinem anderen Ergebnis. Die Beschwerde ist somit begründet.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. November 2011 aufgehoben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. März 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Fessler
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_936/2011
Date : 21. März 2012
Published : 10. April 2012
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


Legislation register
ATSG: 3  6  16  61
BGG: 66  99  112
BV: 29
IVG: 4  28  28a
BGE-register
117-V-131 • 122-V-34 • 125-V-413 • 126-V-75 • 127-V-294 • 130-V-121 • 130-V-352 • 130-V-396 • 131-V-49 • 135-V-201 • 136-V-279 • 136-V-362
Weitere Urteile ab 2000
4P.134/2006 • 8C_195/2008 • 8C_642/2011 • 8C_958/2010 • 9C_1040/2010 • 9C_111/2008 • 9C_121/2011 • 9C_468/2009 • 9C_482/2010 • 9C_651/2009 • 9C_736/2011 • 9C_776/2010 • 9C_936/2011 • 9C_980/2010 • H_147/89 • I_457/02 • I_683/06
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
invalidity insurance office • lower instance • appellee • pain • somatization disorder • federal court • question • psychiatric expertise • federal insurance court • depression • correctness • harm to health • psychiatric clinic • family • mental illness • legal demand • within • disablement pension • litigation costs • right to be heard
... Show all
Pra
96 Nr. 94
SZS
1996 S.486 • 2011 S.580