2A.139/2000/mks
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ***********************************
18. Oktober 2000
Es wirken mit: Bundesrichter Hartmann, präsidierendes Mitglied
der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Betschart,
Hungerbühler und Gerichtsschreiberin Diarra.
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In Sachen
O.________, geb. 1. Mai 1971, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Blättler, Elisabethenstrasse 16, Postfach, Zürich,
gegen
Regierungsrat des Kantons Glarus, Verwaltungsgericht des Kantons Glarus, II. Kammer,
betreffend
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, hat sich ergeben:
A.- Der aus der Türkei stammende O.________, geb.
1. Mai 1971, heiratete am 12. November 1990 in seinem Heimatland die Schweizer Bürgerin W.________, die er während der Zeit kennen gelernt hatte, als er als Asylbewerber in der Schweiz weilte. In der Folge erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung und reiste am 22. Dezember 1990 wieder in die Schweiz ein. Am 24. Oktober 1991 kam die gemeinsame Tochter D.________ zur Welt. Am 9. Januar 1996 wurde die Ehe geschieden. Die Tochter Dilan wurde unter die elterliche Gewalt der Mutter gestellt, wobei dieser gleichzeitig die Obhut entzogen und für die Tochter eine Erziehungsbeistandschaft errichtet wurde. O.________ wurde ein Besuchsrecht gegenüber seiner Tochter eingeräumt.
Vom 5. August 1996 bis zum 11. Oktober 1996 hielt sich O.________ in der Türkei auf und ging dort mit einer kurdischen Frau eine religiöse Ehe ein.
B.- Mit Verfügung vom 31. Oktober 1996 verweigerte die Fremdenpolizei des Kantons Glarus O.________ die Verlängerung der am 30. April 1996 abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung und setzte ihm Frist, den Kanton Glarus bis zum 30. November 1996 zu verlassen. Sie begründete ihren Entscheid damit, dass mit der rechtskräftigen Scheidung von seiner Schweizer Ehefrau der ursprüngliche Zulassungsgrund bzw.
Aufenthaltszweck als erfüllt zu betrachten sei. Zudem falle er seit mehreren Monaten der öffentlichen Fürsorge zur Last.
C.- Der Regierungsrat des Kantons Glarus wies die von O.________ gegen die Bewilligungsverweigerung der Fremdenpolizei unter Berufung auf Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 26. Januar 1999, versandt am 28. Februar 2000, ab.
D.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 31. März 2000 beantragt O.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus aufzuheben, die kantonale Behörde anzuweisen, ihm die Niederlassungsbewilligung zu erteilen, eventualiter die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern. Weiter ersucht O.________ um Bewilligung seines Aufenthalts und der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Kanton Glarus während des Beschwerdeverfahrens sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
Der Regierungsrat des Kantons Glarus beantragt die Abweisung der Beschwerde, eventuell die Rückweisung der Sache an die Fremdenpolizei zwecks Abklärung eines allfälligen Anspruchs auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung bzw. auf Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Ausländerfragen stellt den Antrag, die Beschwerde gutzuheissen und die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
E.- Mit Verfügung vom 8. Mai 2000 hat der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hinsichtlich der Ausreiseverpflichtung von O.________ die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
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b) Gemäss unangefochtener tatsächlicher Feststellung der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer zu seiner Tochter, die das schweizerische Bürgerrecht besitzt, heute keine gelebte und intakte Beziehung mehr. Für den geltend gemachten Aufenthaltsanspruch kann er sich daher nicht auf Art. 8
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c) aa) Der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers hat indessen nach Art. 7
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bb) Die Ehe des Beschwerdeführers mit seiner Schweizer Gattin ist rechtskräftig geschieden. Er hat deshalb keinen Anspruch mehr auf eine Aufenthaltsbewilligung nach Art. 7 Abs. 1
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Gegenstand des kantonalen Verfahrens war die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung. Der vor Bundesgericht gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung ist somit ein unzulässiges neues Begehren (BGE 120 Ib 360 E. 3a S. 366). Indessen könnte dem Beschwerdeführer, falls ein Anspruch auf Niederlassungsbewilligung bestünde, was als Rechtsfrage von Amtes wegen zu berücksichtigen ist und auch von der Vorinstanz hätte geprüft werden müssen, die - ein weniger gefestigtes Anwesenheitsrecht gewährende - Aufenthaltsbewilligung erst recht nicht verweigert werden (unveröffentlichtes Urteil vom 15. Dezember 1997 i.S. Gültekin, E. 1b/bb, mit Hinweisen).
cc) Die Ehe des Beschwerdeführers dauerte etwas länger als fünf Jahre. Während dieser Zeit lebte er ununterbrochen und gestützt auf die entsprechenden fremdenpolizeilichen Bewilligungen auch ordnungsgemäss in der Schweiz. Er erwarb damit vor der Scheidung einen Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung. Seine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher zulässig. Die Frage, ob die Bewilligung zu verweigern ist, weil einer der in Art. 7
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2.- a) Kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung besteht, wenn die Ehe eingegangen wurde, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Art. 7 Abs. 2
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Die Ehe des Beschwerdeführers mit einer Schweizer Bürgerin hat formell knapp über fünf Jahre gedauert. Es fällt jedoch auf, dass die Ehefrau bereits im September 1993 ein Scheidungsbegehren einreichte. Aus den Akten geht nicht hervor, weshalb die Ehe erst am 9. Januar 1996 geschieden wurde. Dass der ausländische Ehegatte kurz nach der Scheidung eine andere Frau heiratet, kann unter Umständen ebenfalls ein Indiz für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs sein. Die Tatsache allein, dass der Beschwerdeführer einige Monate nach der Scheidung im Heimatland eine religiöse Ehe einging, erlaubt diesen Schluss jedoch nicht. Erst auf Grund zusätzlicher Abklärungen wird sich beurteilen lassen, ob sich der Beschwerdeführer allenfalls rechtsmissbräuchlich auf die Ehe mit einer Schweizer Bürgerin beruft. Der Tatbestand des Rechtsmissbrauchs muss dabei bereits vor der rechtskräftigen Scheidung erfüllt gewesen sein (vgl. BGE 121 II 97 E. 4c S. 105).
b) Der Anspruch des ausländischen Ehegatten auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bzw. einer Niederlassungsbewilligung erlischt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt (Art. 7 Abs. 1
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Gemäss Art. 16 Abs. 2
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Im vorliegenden Fall bestehen Indizien dafür, dass dem geltend gemachten Anspruch auf Niederlassungsbewilligung Ausweisungsgründe gemäss Art. 10
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
Im Dezember 1994 leitete das Verhöramt auf Anzeige der Kantonalen Alimenteninkassostelle hin eine Strafuntersuchung gegen den Beschwerdeführer ein wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten im Sinne von Art. 217
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
Doch könnten auch nachträglich eingetretene Tatsachen, welche gemäss Art. 10
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Allfällige Ausweisungsgründe wären sodann abzuwägen gegenüber dem privaten Interesse des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib in der Schweiz. Dabei ist namentlich auf die Schwere des Verschuldens des Beschwerdeführers, auf die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie auf die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile abzustellen (Art. 16 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 217 - 1 Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer seine familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllt, obschon er über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Das Antragsrecht steht auch den von den Kantonen bezeichneten Behörden und Stellen zu. Es ist unter Wahrung der Interessen der Familie auszuüben. |
3.- a) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, welches das streitige Begehren lediglich unter dem Gesichtspunkt von Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
b) Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben. Der Kanton Glarus ist zu verpflichten, den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 26. Januar 1999 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen.
2.- Es werden keine Kosten erhoben.
3.- Der Kanton Glarus hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.
4.- Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wird als gegenstandslos abgeschrieben.
5.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht, II. Kammer, des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt.
______________
Lausanne, 18. Oktober 2000
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin: