Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

9C 37/2015

Urteil vom 17. Juni 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Grünenfelder.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Zogg,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 17. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A.
Der 1969 geborene A.________ musste sich 2002, 2007 und 2008 mehreren operativen Eingriffen unterziehen (Diagnose: Umbilikalhernie bzw. epigastrische Hernie mit Rezidiv). Zusätzlich hatten sich psychische Probleme eingestellt, worauf sich A.________ am 6. November 2008 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug anmeldete. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen veranlasste bei der MEDAS ein polydisziplinäres Gutachten, das vom 28. Dezember 2010 datiert. In der Folge wurde der Versicherte während Längerem und mehrmals in der Klinik B.________ und zuletzt in der psychiatrischen Klinik C.________ stationär behandelt. Nach weiteren Abklärungen und Durchführ ung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 12. März 2013 einen Rentenanspruch (Invaliditätsgrad: 29 %).

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 17. Dezember 2014 gut, hob die angefochtene Verfügung auf und sprach dem Versicherten ab 1. April 2009 eine ganze Invalidenrente zu.

C.
Die IV-Stelle lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der Entscheid vom 17. Dezember 2014 sei aufzuheben und die Sache sei zwecks Einholung eines interdisziplinären gerichtlichen Obergutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das kantonale Gericht und A.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
beruht (Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG).

1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C 967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1).

1.3. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
und 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweisen).

2.

2.1. Die Vorinstanz hat nicht auf das psychiatrische (Teil-) Gutachten der MEDAS vom 13. September 2010abgestellt, sondern den Berichten der beh andelnden Psychiater (Dr. med. E.________ [Berichte vom 17. März/30. Oktober 2009 und 11. März 2012]; Klinik B.________ [Berichte vom 19. Mai 2009 und 30. August 2011]; psychiatrische Klinik C.________ [Bericht vom 12. November 2012]) Beweiskraft beigemessen. Gestützt darauf ist sie zum Schluss gelangt, dass in psychischer Hinsicht ab Sommer 2008 aufgrund einer rezidivierenden mittel- bis schwergradigen depressiven Störung eine vollumfängliche Arbeitsunfähigkeit besteht, weshalb sie dem Versicherten - unter Berücksichtigung der seit März 2008 bestehenden somatischen Einschränkungen - ab 1. April 2009 eine ganze Invalidenrente zugesprochen hat.

2.2. Die Beschwerde führende IV-Stelle rügt eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln. Zwar sei der von der Vorinstanz gezogene Schluss, wonach die Stellungnahmen der behandelnden Spezialärzte geeignet seien, das psychiatrische (Teil-) Gutachten der MEDAS in Zweifel zu ziehen, nicht offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich. Bei dieser Ausgangslage sei aber zu Unrecht kein gerichtliches Obergutachten eingeholt worden; die Sache sei zu diesem Zweck an das kantonale Gericht zurückzuweisen.

3.

3.1. Im Sozialversicherungsverfahren gelten der Untersuchungsgrundsatz sowie der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 43 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 43 Abklärung - 1 Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1    Der Versicherungsträger prüft die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Mündlich erteilte Auskünfte sind schriftlich festzuhalten.
1bis    Der Versicherungsträger bestimmt die Art und den Umfang der notwendigen Abklärungen.32
2    Soweit ärztliche oder fachliche Untersuchungen für die Beurteilung notwendig und zumutbar sind, hat sich die versicherte Person diesen zu unterziehen.
3    Kommen die versicherte Person oder andere Personen, die Leistungen beanspruchen, den Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten in unentschuldbarer Weise nicht nach, so kann der Versicherungsträger auf Grund der Akten verfügen oder die Erhebungen einstellen und Nichteintreten beschliessen. Er muss diese Personen vorher schriftlich mahnen und auf die Rechtsfolgen hinweisen; ihnen ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen.
und Art. 61 lit. c
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG). Der rechtserhebliche Sachverhalt ist von Amtes wegen unter Mitwirkung der Versicherten resp. der Parteien zu ermitteln. In diesem Sinne rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist ( FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 43 und 273; Urteil 8C 441/2012 vom 25. Juli 2013 E. 6.1.1, in: SVR 2013 IV Nr. 44 S. 134). Der Verzicht auf weitere Abklärungen oder im Beschwerdefall auf Rückweisung der Sache zu diesem Zweck (antizipierte Beweiswürdigung) verletzt etwa dann Bundesrecht (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG), wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche enthält oder wenn eine entscheidwesentliche Tatfrage, wie namentlich Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person, auf unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet wird (Urteil 9C 575/2009 vom 6. November 2009 E. 3.1 mit Hinweisen).

3.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage dar. Dagegen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten Rechtsfragen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232).

3.3.

3.3.1. Die Vorinstanz hat beweiswürdigend festgestellt, während die behandelnden Fachärzte beim Versicherten ab Sommer 2008 durchgehend eine (rezidivierende) mittel- bis schwergradige depressive Störung diagnostiziert hätten, habe der psychiatrische MEDAS-Gutachter Dr. med. D.________ das Vorliegen einer solchen verneint. Zur Begründung habe dieser dargelegt, dass zwar viele Phänomene der Persönlichkeit des Exploranden durchaus auch bei einer Depression auftreten könnten. Vorliegend seien diese aber auf die belastenden Lebensumstände (Scheidung, Rosenkrieg, Geldverlust, finanzielle Engpässe, fehlende Kontaktmöglichkeit mit den Kindern) und nicht auf eine Depression im engeren Sinne zurückzuführen. Diese Erklärung überzeuge jedoch nicht. Ob eine Depression ganz oder teilweise durch psychosoziale Belastungsfaktoren ausgelöst oder verstärkt worden sei, spiele bei der Diagnosestellung keine Rolle. Der psychiatrische Sachverständige habe denn auch eingeräumt, es seien Symptome vorhanden, die auf eine Depression hindeuteten. Zudem habe die RAD-Psychiaterin Dr. med. G.________ am 15. April 2011 erklärt, die Schlussfolgerung des Gutachters, wonach psychosoziale Faktoren für die seelische Befindlichkeit des Versicherten ausschlaggebend
seien, sei nicht nachvollziehbar. Weiter hätten die Ärzte der psychiatrischen Klinik C.________ dargelegt, dass der andauernde Stress und die psychosozialen Faktoren zwar die Entstehung der depressiven Störung mitverursacht hätten, die psychosoziale Belastungsreaktion aber nicht ausreiche, um den Umfang der Beschwerden bei Klinikeintritt und deren phasischen Verlauf zu erklären. Dr. med. G.________ habe zudem bemängelt, dass im psychiatrischen Teilgutachten beim erhobenen Psychostatus wesentliche Angaben zum Antrieb, zur Konzentration und zum formalen Denken fehlten. Gestützt auf die Berichte der behandelnden Psychiater hat das kantonale Versicherungsgericht gefolgert, dass der Beschwerdeführer seit Sommer 2008 an einer mittel- bis schwergradigen rezidivierenden depressiven Störung und seit Dezember 2008/Oktober 2009 an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leide.

3.3.2. Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung in Bezug auf das psychiatrische (Teil-) Gutachten der MEDAS offensichtlich unrichtig (vgl. E. 1.1) sein soll, wird nicht qualifiziert (vgl. Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG) dargelegt. Im Gegenteil ist sie im Grundsatz unbestritten. Das kantonale Gericht hat die vorhandenen Berichte und Gutachten einlässlich gewürdigt und begründet, weshalb es nicht auf die gutachterliche Einschätzung des MEDAS-Psychiaters vom 13. September 2010, sondern auf die Stellungnahmen der behandelnden Spezialärzte abgestellt hat. Das Bundesgericht hat gewisse Richtlinien bei der Würdigung ärztlicher Berichte und Gutachten im Lichte der freien Beweiswürdigung als zulässig erklärt (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Im Rahmen des Anfechtungsverfahrens besteht kein absoluter Anspruch auf Einholung eines Gerichtsgutachtens. Ein solches muss eingeholt werden, wenn die Abklärungsergebnisse aus dem Verwaltungsverfahren in rechtserheblichen Punkten nicht ausreichend beweiswertig sind (BGE 137 V 210 E. 4.4.1.5 S. 265).
Die Vorinstanz hat erwogen, die Berichte der behandelnden Psychiater (Dr. med. E.________; Klinik B.________; psychiatrische Klinik C.________) seien ausführlich, gut nachvollziehbar und weder formell noch materiell mit Mängeln behaftet. Gestützt darauf könne der psychische Gesundheitszustand des Versicherten in der Zeitspanne von August 2008 bis November 2012 schlüssig beurteilt werden. Soweit die Beschwerde führende IV-Stelle dagegen vorbringt, Dr. med. E.________ und die Klinik B.________ hätten ihre Stellungnahmen vor Erstattung des MEDAS-Gutachtens verfasst, vermag dies nicht zu überzeugen. Entscheidwesentlich ist der Inhalt der Berichte. Daraus ergibt sich ein einheitliches Bild, wie das kantonale Versicherungsgericht zu Recht dargelegt hat. Der Beschwerdeführerin ist insbesondere entgegenzuhalten, dass sowohl Dr. med. E.________ als auch die Ärzte der Klinik B.________ den psychischen Gesundheitszustand des Versicherten auch nach der psychiatrischen MEDAS-Begutachtung beurteilten (vgl. die von der Vorinstanz herangezogenen Berichte vom 30. August 2011 [Klinik B.________] und 11. März 2012 [Dr. med. E.________]; E. 2.1); es liegt somit diesbezüglich kein Mangel vor. Was die Stellungnahme der psychiatrischen Klinik C.________
vom 12. November 2012 anbelangt, so ist sie im Gesamtzusammenhang zu lesen und erfüllt die beweisrechtlichen Anforderungen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Daran ändern die von der IV-Stelle geltend gemachten Argumente nichts, wonach der Bericht knapp ausgefallen sei und es an einer vertieften Auseinandersetzung mit der divergierenden Beurteilung im psychiatrischen MEDAS-Gutachten fehle. Zu gewichten ist vielmehr, dass sich die Psychiater der psychiatrischen Klinik C.________ auf eine mehrere Wochen (vom 26. Juli bis 13. November 2012) dauernde stationäre Behandlung stützen und den Gesundheitszustand des Versicherten umfassend beurteilen konnten. Schliesslich beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Aktenbeurteilungen der RAD-Ärztin Dr. med. F.________. Deren Ausführungen sind jedoch insoweit widersprüchlich, als sie mit Bericht vom 11. Juli 2012 festhielt, beim Versicherten bestehe aus rein medizinischer Sicht (adaptiert) keine Arbeitsfähigkeit; an gleicher Stelle kam Dr. med. F.________ zum Schluss, aus versicherungsmedizinischer Sicht sei ein Abstützen auf die MEDAS-Beurteilung (Arbeitsfähigkeit von 80 % für angepasste Tätigkeiten) "ebenfalls möglich". In der Folge (Stellungnahmen vom 6. August 2012 und 4. Februar 2013)
erachtete sie das (psychiatrische) Gutachten der MEDAS als beweiskräftig, ohne dies hinreichend zu begründen oder sich - abgesehen vom Bericht der psychiatrischen Klinik C.________ - mit den abweichenden Einschätzungen der behandelnden Psychiater auseinanderzusetzen. Darauf kann mit der Vorinstanz, die ausserdem zutreffend auf die abweichende Beurteilung der RAD-Psychiaterin Dr. med. G.________ vom 15. April 2011(fehlende Nachvollziehbarkeit des psychiatrischen Teilgutachtens) verwiesen hat, nicht abgestellt werden. Insgesamt liegen mit Blick auf die von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen (E. 1.3) keine Anhaltspunkte vor, dass die Berichte der behandelnden Psychiater nicht ausreichend beweiswertig sind. Damit hat es mit der vom kantonalen Versicherungsgericht vertretenen Auffassung sein Bewenden. Für die Einholung eines Gerichtsgutachtens besteht kein rechtlich gebotener Anlass.

3.3.3. Zur Rechtsfrage, ob die festgestellten psychiatrischen Diagnoseneinen invalidisierenden Gesundheitsschaden im Sinne von Art. 4 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG darstellen (BGE 140 V 193 E. 3.1 und 3.2 S. 195 f.; Urteil 9C 140/2014 vom 7. Januar 2015 E. 3.2), äussert sich die Beschwerdeführerin mit keinem Wort; weitere Ausführungen dazu erübrigen sich (E. 1.3). Nicht gerügt werden sodann die vorinstanzlichen Erwägungen zum somatischen Gesundheitszustand des Versicherten und zum Rentenbeginn. Die Beschwerde ist somit unbegründet.

4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. Juni 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_37/2015
Date : 17. Juni 2015
Published : 05. Juli 2015
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


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BGG: 42  66  95  97  105  106
IVG: 4
BGE-register
125-V-351 • 129-I-8 • 132-I-42 • 132-V-393 • 134-V-231 • 137-V-210 • 138-I-274 • 140-V-193
Weitere Urteile ab 2000
8C_441/2012 • 9C_140/2014 • 9C_37/2015 • 9C_575/2009 • 9C_967/2008
Keyword index
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