Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5P.326/2005 /bnm

Urteil vom 17. Januar 2006
II. Zivilabteilung

Besetzung
Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Nordmann, Escher,
Gerichtsschreiberin Scholl.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Vormundschaftsbehörde A.________,
Beschwerdegegnerin,
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, Postfach, 8023 Zürich.

Gegenstand
Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
+ 29 Abs. 2 BV (Prozessbeistandschaft im Vaterschaftsanfechtungsprozess),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 14. Juli 2005.

Sachverhalt:
A.
Y.________, geb. 1991, liess am 3. Februar 2005 durch Rechtsanwalt Z.________ beim Bezirksgericht Winterthur Klage gegen X.________ betreffend Anfechtung der Vaterschaft einreichen. Gleichzeitig stellte er ein Gesuch um Bestellung eines Prozessbeistandes. Mit Verfügung vom 8. Februar 2005 sistierte das Bezirksgericht das Verfahren bis zur Einreichung einer gültigen Prozessvollmacht durch Rechtsanwalt Z.________ bzw. bis zur Bestellung eines Prozessbeistandes für Y.________ durch die Vormundschaftsbehörde A.________.
B.
Mit Beschluss vom 7. März 2005 ordnete die Vormundschaftsbehörde A.________ für Y.________ eine Beistandschaft im Sinne von Art. 392 Ziff. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1  von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2  einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3  eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.
ZGB an und ernannte W.________ zu seinem Beistand.

Gegen den Beschluss der Vormundschaftsbehörde gelangte X.________ an den Bezirksrat Winterthur. Dieser wies die Beschwerde am 27. Mai 2005 ab. Auf einen dagegen erhobenen Rekurs trat das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 14. Juli 2005 nicht ein.
C.
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Er verlangt im Wesentlichen die Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses vom 14. Juli 2005. Zudem stellt er für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.

Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

X.________ ist in der gleichen Sache auch mit eidgenössischer Berufung an das Bundesgericht gelangt (Verfahren 5C.242/2005).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und in welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist (BGE 129 I 302 E. 1 S. 305; 131 I 153 E. 1 S. 156).
1.1 Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde ist ein selbstständiges Verfahren, das nicht eine blosse Weiterführung des kantonalen Verfahrens darstellt. Die Legitimation bestimmt sich grundsätzlich nach Art. 88
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1  von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2  einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3  eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.
OG. Gemäss dieser Bestimmung steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern (Privaten) bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich betreffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Demnach ist zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert, wer die Verletzung eigener rechtlich geschützter Interessen geltend macht (BGE 118 Ia 229 E. 2 S. 230; 129 I 217 E. 1 S. 219).

Im vorliegenden Fall rügt der Beschwerdeführer nicht die Verletzung eigener, rechtlich geschützter Interessen. Vielmehr macht er ausschliesslich die Verletzung von Rechten seines Kindes geltend. Dazu ist er indes mit Blick auf Art. 88
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1  von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2  einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3  eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.
OG nicht befugt (vgl. BGE 87 I 211 E. 2 S. 212 f.).
1.2 Fraglich ist, ob der Beschwerdeführer in dem Rahmen zur Beschwerdeführung legitimiert ist, als er eine zulässige Berufung erhoben hat und Rügen erhebt, die gestützt auf Art. 43 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1  von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2  einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3  eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.
OG der staatsrechtlichen Beschwerde vorbehalten sind. Dabei ist indes zu beachten, dass dem Beschwerdeführer für das vormundschaftliche Verfahren die Beschwerdebefugnis zu Recht abgesprochen wurde, da er die Interessen des Kindes nur vorgeschoben hat. Deshalb wurde auf seine materiellen Rügen betreffend Errichtung der Vertretungsbeistandschaft nicht eingetreten (vgl. konnexes Berufungsverfahren 5C.242/2005, E. 2.2 und E. 2.3). Insofern ist der Beschwerdeführer auch im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht befugt, geltend zu machen, im Rahmen des vormundschaftlichen Verfahrens hätte sein Kind gestützt auf Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und Art. 12 UNO-Kinderrechtekonvention angehört werden müssen. Diese Vorbringen wären im Übrigen auch unbegründet, denn soweit diese Bestimmungen die Rücksichtnahme auf die Meinung des Kindes verlangen, ist eine solche gegeben, lag doch dem Obergericht ein von Y.________ verfasster Brief vor.
1.3 Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen die Verletzung von Bestimmungen des ZGB rügt, namentlich von Art. 420
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.
ZGB, ist die staatsrechtliche Beschwerde ohnehin unzulässig: Die vorliegende Streitsache ist grundsätzlich der eidgenössischen Berufung zugänglich, so dass die Verletzung von Vorschriften des Bundesrechts mit dieser geltend zu machen ist (Art. 84 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.
OG; BGE 129 III 301 E. 1 S. 303).
2.
Damit kann auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.
OG).

Der Beschwerdeführer hat für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt: Diese ist einer Partei zu bewilligen, die bedürftig und deren Sache nicht aussichtslos ist (Art. 152 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.
OG; BGE 125 II 265 E. 4b S. 275; 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f.). Im vorliegenden Fall konnte auf die Beschwerde überhaupt nicht eingetreten werden. Sie muss daher als von vornherein aussichtslos angesehen werden, so dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Januar 2006
Im Namen der II. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 5P.326/2005
Datum : 17. Januar 2006
Publiziert : 16. Februar 2006
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Familienrecht
Gegenstand : Art. 9 + 29 Abs. 2 BV, 6 EMRK (Prozessbeistandschaft in Vaterschaftsanfechtungsprozess)


Gesetzesregister
BV: 9 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
OG: 43  84  88  152  156
ZGB: 392 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1  von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2  einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3  eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.
420
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.
BGE Register
118-IA-229 • 125-II-265 • 129-I-129 • 129-I-217 • 129-I-302 • 129-III-301 • 131-I-153 • 87-I-211
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5C.242/2005 • 5P.326/2005
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
staatsrechtliche beschwerde • bundesgericht • unentgeltliche rechtspflege • rechtlich geschütztes interesse • rechtsanwalt • besteller • entscheid • rechtsverletzung • aussichtslosigkeit • kantonales rechtsmittel • legitimation • vertretungsbeistandschaft • wiese • brief • von amtes wegen • lausanne • sachverhalt • postfach • kantonales verfahren