Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 942/2008

Urteil vom 16. März 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
B.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsdienst Integration Handicap,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 23. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1979 geborene B.________ meldete sich nach einem abgebrochenen Eingliederungsversuch kaufmännischer Richtung im Januar 2006 ein zweites Mal bei der Invalidenversicherung an und beantragte Umschulung und Berufsberatung. Nach ergänzenden Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Verfügung vom 14. Mai 2007 die Ansprüche auf Umschulung und Rente bei einem Invaliditätsgrad von 15 %.

B.
Die Beschwerde der B.________ einschliesslich des Antrags in der Replik auf Zusprechung einer erstmaligen beruflichen Ausbildung wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. September 2008 ab.

C.
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und Verwaltungsverfügung seien aufzuheben und die Sache an die IV-Stelle zur ergänzenden Abklärung und anschliessenden Neuverfügung zurückzuweisen, unter Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde. Kantonales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Der vorinstanzliche Entscheid ist nicht angefochten, soweit er den Anspruch auf erstmalige berufliche Ausbildung (Art. 16
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 16 Erstmalige berufliche Ausbildung - 1 Versicherte, die ihre Berufswahl getroffen haben, die noch nicht erwerbstätig waren und denen infolge Invalidität bei der erstmaligen beruflichen Ausbildung in wesentlichem Umfang zusätzliche Kosten entstehen, haben Anspruch auf Ersatz dieser Kosten, sofern die Ausbildung ihren Fähigkeiten entspricht.
1    Versicherte, die ihre Berufswahl getroffen haben, die noch nicht erwerbstätig waren und denen infolge Invalidität bei der erstmaligen beruflichen Ausbildung in wesentlichem Umfang zusätzliche Kosten entstehen, haben Anspruch auf Ersatz dieser Kosten, sofern die Ausbildung ihren Fähigkeiten entspricht.
2    Die erstmalige berufliche Ausbildung soll sich nach Möglichkeit an der beruflichen Eingliederung im ersten Arbeitsmarkt orientieren und bereits dort erfolgen.
3    Der erstmaligen beruflichen Ausbildung gleichgestellt sind:
a  die berufliche Neuausbildung invalider Versicherter, die nach dem Eintritt der Invalidität eine ungeeignete und auf die Dauer unzumutbare Erwerbstätigkeit aufgenommen haben;
b  die berufliche Weiterausbildung im bisherigen oder in einem anderen Berufsfeld, sofern sie geeignet und angemessen ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann, ausgenommen sind Weiterausbildungen, die von Organisationen nach Artikel 74 angeboten werden; in begründeten, vom BSV umschriebenen Fällen kann von dieser Ausnahme abgewichen werden;
c  die Vorbereitung auf eine Hilfsarbeit oder auf eine Tätigkeit in einer geschützten Werkstätte.
4    Der Bundesrat kann die Voraussetzungen für die Zusprache der Massnahmen nach Absatz 3 Buchstabe c hinsichtlich Art, Dauer und Umfang festlegen.
IVG) verneint. Streitgegenstand bilden somit einzig der Anspruch auf Umschulung (Art. 17
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 17 Umschulung - 1 Der Versicherte hat Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann.134
1    Der Versicherte hat Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann.134
2    Der Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit ist die Wiedereinschulung in den bisherigen Beruf gleichgestellt.
IVG) und der Anspruch auf eine Rente (Art. 28 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG in der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung).

2.
Das kantonale Gericht hat festgestellt, aufgrund der medizinischen Akten sei die Versicherte in einer körperlich nicht allzu schweren und psychisch nicht allzu belastenden Tätigkeit zu 100 % arbeitsfähig. Davon ausgehend ermittelte es durch Einkommensvergleich (Art. 16
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.
ATSG in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG in der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung) einen Invaliditätsgrad von 4,8 %, was weder Anspruch auf eine Rente noch auf Umschulung gebe.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt, der Sachverhalt sei ungenügend abgeklärt, was eine Verletzung von Bundesrecht darstelle. Der Bericht der Frau Dr. med. M.________, Fachärztin FMH für Kinder- und Jugendpsychiatrie, vom 4./10. April 2006, auf welchen die Vorinstanz wesentlich abgestellt habe, sei bezogen auf den Zeitpunkt der Verfügung vom 14. Mai 2007 nicht ausreichend. Insbesondere aufgrund des Berichts der Frau Dr. med. S.________, Oberärztin Psychiatriezentrum X.________, vom 6. März 2007 sei überwiegend wahrscheinlich, dass sich der Gesundheitszustand seit dem Bericht vom 4./10. April 2006 weiter verschlechtert haben könnte.

4.
Die unvollständige Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen sowie die Nichtbeachtung des Untersuchungsgrundsatzes nach Art. 61 lit. c
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG durch das kantonale Versicherungsgericht stellen eine Verletzung von Bundesrecht nach Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG dar (Urteil 9C 802/2008 vom 22. Dezember 2008 E. 1.1 mit Hinweisen). Im Übrigen ist die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich, wenn sie nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
beruht (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
und 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Die konkrete Beweiswürdigung ist wie die darauf beruhende Sachverhaltsfeststellung ebenfalls nur unter diesem eingeschränktem Blickwinkel überprüfbar (Urteile 9C 410/2008 vom 8. September 2008 E. 3.3.1 und 9C 801/2008 vom 6. Januar 2009 E. 2.2).

5.
5.1 Dr. med. M.________, in deren Praxis die Beschwerdeführerin sich seit Ende September 2005 psychotherapeutisch behandeln liess, stellte die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD- 10 F33.11), gegenwärtig mittelgradige Episode (aufgrund dramatischer Erfahrungen in der Kindheit und Jugend). Sie erachtete die Versicherte in der angestammten Tätigkeit halbtags und in einer behinderungsangepassten Tätigkeit ganztags als arbeitsfähig.
Dr. med. S.________, welche die Beschwerdeführerin seit 2007 behandelt (Psychotherapie in Einzelgesprächen), diagnostizierte eine abhängige Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.7), DD anankastische Persönlichkeitsstörung. Sie bezifferte die Arbeitsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit auf 0 % seit Februar 2006 bis andauernd. Nach Abschluss der in der Tagesklinik des Psychiatriezentrums X.________ vorgesehenen Behandlung sei eine Erwerbstätigkeit halbtags in einer behinderungsangepassten Tätigkeit zumutbar.

5.2 Der Beweiswert des Berichts der Frau Dr. med. M.________ vom 4./10. April 2006 und die darauf gestützte vorinstanzliche Annahme einer Arbeitsfähigkeit von 100 % in einer körperlich nicht allzu anstrengenden und psychisch nicht allzu belastenden Tätigkeit sind für die Zeit bis zum Beginn der Therapie bei Frau Dr. med. S.________ unbestritten. Das kantonale Gericht hat einlässlich die Gründe dargelegt, weshalb daraus für die Zeit davor, in welcher die Beschwerdeführerin in der Praxis von Dr. med. M.________ behandelt worden war, kein invalidisierender Gesundheitsschaden abgeleitet werden kann. Die diesbezüglichen Feststellungen der Vorinstanz, insbesondere dass ein gewisser Widerspruch zwischen den erhobenen Untersuchungsbefunden und den festgestellten Defiziten in den psychischen Funktionen bestehe, sind nicht offensichtlich unrichtig.

5.3 Demgegenüber stellt der Bericht der Frau Dr. med. S.________ vom 6. März 2007 einen gewichtigen Anhaltspunkt für eine anspruchsrelevante Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustandes seit dem Bericht der Frau Dr. med. M.________ vom 4./10. April 2006 resp. seit Beendigung der Behandlung in deren Praxis dar. Vorab handelt es sich bei Dr. med. S.________ um eine psychiatrische Fachärztin, wie in der Beschwerde zu Recht geltend gemacht wird. Fachärztliche Aussagen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit kann das Sozialversicherungsgericht grundsätzlich nur gestützt auf eine ebenfalls fachärztliche abweichende Beurteilung entkräften. Es kann nicht allein aufgrund eigener, wenn auch plausibler Überlegungen einem ärztlichen Bericht die Beweiskraft absprechen (Urteil 9C 410/2008 vom 8. September 2008 E. 3.3.1) oder sogar eine andere Diagnose stellen (AHI 2000 S. 145, I 172/99 E. 3b). Dies gilt auch für Aussagen behandelnder Ärzte. Bei Unklarheiten oder sogar scheinbaren Widersprüchen insbesondere zwischen Befund und Diagnose muss zumindest beim betreffenden Arzt nachgefragt werden. Die von der Vorinstanz angeführten Gründe gegen den Beweiswert des Berichts der Frau Dr. med. S.________ vom 6. März 2007 haben zwar
einiges für sich. Sie vermögen sich aber nicht auf eine anders lautende fachärztliche Beurteilung zu stützen. Der Bericht der Frau Dr. med. M.________ vom 4./10. April 2006 stellt keine solche Grundlage dar, war er doch ein Jahr früher erstellt worden.
Der rechtserhebliche Sachverhalt ist somit in psychiatrischer Hinsicht nicht vollständig festgestellt. Aufgrund der Akten ist bis zum Erlass der Verfügung ein für den Anspruch auf Umschulung oder Rente erheblicher Invaliditätsgrad nicht auszuschliessen. Die IV-Stelle wird ein fachärztliches Gutachten einzuholen haben, welches sich zum Verlauf des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit ab Mai 2006 äussert. Danach hat sie über den Anspruch auf Umschulung und Rente neu zu verfügen.

6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die IV-Stelle die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG) und der Beschwerdeführerin eine nach dem anwaltlichen Vertretungsaufwand bemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG). Das Gesuch der Versicherten um unentgeltliche Rechtspflege ist demzufolge gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. September 2008 aufgehoben. Die Sache wird an die IV-Stelle des Kantons Zürich zurückgewiesen, damit sie nach Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Anspruch auf Umschulung und den Anspruch auf eine Rente neu verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der IV-Stelle des Kantons Zürich auferlegt.

3.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2000.- zu entschädigen.

4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hat die Kosten und die Parteientschädigung für das kantonale Verfahren neu zu verlegen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. März 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_942/2008
Date : 16. März 2009
Published : 03. April 2009
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


Legislation register
ATSG: 16  61
BGG: 66  68  95  105
IVG: 16  17  28
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