Tribunal federal
{T 0/2}
2A.361/2004 /grl
Urteil vom 15. September 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli,
Gerichtsschreiber Merz.
Parteien
A.X.________,
B.X.________,
C.X.________,
Beschwerdeführer,
alle drei vertreten durch Rechtsberatungsstelle
für Asyl Suchende der Region St. Gallen/Appenzell, Klaus-Franz Rüst-Hehli,
gegen
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Bundeshaus West, 3003 Bern.
Gegenstand
Kantonswechsel,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 17. Juni 2004.
Sachverhalt:
A.
A.X.________ und B.X.________, eritreische Staatsangehörige, gelangten getrennt in die Schweiz und stellten im Juli 1999 bzw. im September 2000 Asylgesuche, worauf sie vom Bundesamt für Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) für die Dauer des Verfahrens dem Kanton St. Gallen (A.X.________) bzw. dem Kanton Luzern (B.X.________) zugewiesen wurden. In der Folge trat das Bundesamt auf das Asylgesuch von A.X.________ nicht ein und wies dasjenige von B.X.________ ab. Beide Gesuchsteller beschwerten sich erfolglos bei der Schweizerischen Asylrekurskommission. Diese wies ihre Beschwerden mit Entscheiden vom 1. Juni und 30. Oktober 2001 ab bzw. trat darauf nicht ein, womit auch die vom Bundesamt angeordneten Wegweisungen aus der Schweiz rechtskräftig wurden. B.X.________ gebar am 16. Juli 2002 die Tochter C.X.________ und heiratete am 26. Februar 2004 A.X.________. Beide Eheleute stellten im April 2004 Wiedererwägungsgesuche wegen Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs. Die Gesuche wurden vom Bundesamt mit Verfügungen vom 8. Juni 2004 abgewiesen. Die hiergegen erhobenen Beschwerden wies die Schweizerische Asylrekurskommission mit Entscheiden vom 22. Juli 2004 ab. Sie erwog insbesondere, der Wegweisungsvollzug nach Eritrea sei nur bei
zwangsweiser Rückschaffung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die freiwillige Rückkehr abgewiesener Asylbewerber werde von den eritreischen Behörden nicht grundsätzlich vereitelt und sei für die Gesuchsteller deshalb möglich.
B.
Anfangs März 2004 hatte A.X.________ um Bewilligung des Kantonswechsels in den Kanton Luzern ersucht. Mit Schreiben vom 12. März 2004 wies das Bundesamt das Gesuch ab, wogegen A.X.________, B.X.________ und ihr Kind C.X.________ Beschwerde beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) erhoben. Zugleich ersuchten sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Mit Verfügung vom 27. April 2004 wies das EJPD das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen nicht belegter Bedürftigkeit sowie wegen Aussichtslosigkeit des Begehrens ab und forderte die Beschwerdeführer zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 600.-- bis zum 27. Mai 2004 auf. Das Departement machte im Weiteren darauf aufmerksam, dass bei unbenutztem Ablauf der Frist auf die Beschwerde nicht eingetreten werde. Rückkommensbegehren auf diese Anordnung wies das EJPD ab (Schreiben vom 6. und 25. Mai 2004). Da der Kostenvorschuss in der Folge nicht geleistet wurde, trat das EJPD mit Entscheid vom 17. Juni 2004 auf die Beschwerde nicht ein.
C.
Hiergegen führen die Eheleute X.________ und ihr Kind mit Eingabe vom 21. Juni 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des Nichteintretensentscheides und der vorangegangenen Anordnungen des EJPD. Dieses sei zudem anzuweisen, auf das Gesuch um Kantonswechsel einzutreten. Im Weiteren ersuchen die Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Das EJPD beantragt Nichteintreten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Der angefochtene Entscheid ist in Anwendung von öffentlichem Recht des Bundes ergangen. Gegen solche Verfügungen steht letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 97 Abs. 1




1.2 Wer in der Schweiz ein Asylgesuch stellt, wird durch das Bundesamt für Flüchtlinge einem Kanton zugewiesen (Art. 27 Abs. 3

SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 27 |
|
1 | Die Kantone verständigen sich über die Verteilung der Asylsuchenden. |
1bis | Besondere Leistungen, welche Standortkantone von Zentren des Bundes oder Flughafenkantone erbringen, werden bei der Verteilung von Asylsuchenden angemessen berücksichtigt.84 |
2 | Können sich die Kantone nicht einigen, so legt der Bundesrat nach ihrer Anhörung in einer Verordnung die Kriterien für die Verteilung fest. |
3 | Das SEM weist die Asylsuchenden den Kantonen zu (Zuweisungskantone).85 Es trägt dabei den schützenswerten Interessen der Kantone und der Asylsuchenden Rechnung. Der Zuweisungsentscheid kann nur mit der Begründung angefochten werden, er verletze den Grundsatz der Einheit der Familie. |
4 | Nicht zugewiesen werden Personen, bei denen der Vollzug der Wegweisung angeordnet worden ist und deren Asylentscheid in einem Zentrum des Bundes in Rechtskraft erwachsen ist oder deren Asylgesuch in einem Zentrum des Bundes abgeschrieben wurde.86 |

SR 142.311 Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 über Verfahrensfragen (Asylverordnung 1, AsylV 1) - Asylverordnung 1 AsylV-1 Art. 22 Zuweisung durch das SEM - (Art. 27 Abs. 3 AsylG) 70 |
|
1 | Das SEM weist die Asylsuchenden unter Berücksichtigung bereits in der Schweiz lebender Familienangehöriger, der Staatsangehörigkeiten und besonders betreuungsintensiver Fälle bevölkerungsproportional den Kantonen zu.71 |
2 | Ein Kantonswechsel wird vom SEM nur bei Zustimmung beider Kantone, bei Anspruch auf Einheit der Familie oder bei schwerwiegender Gefährdung der asylsuchenden Person oder anderer Personen verfügt. |

SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 27 |
|
1 | Die Kantone verständigen sich über die Verteilung der Asylsuchenden. |
1bis | Besondere Leistungen, welche Standortkantone von Zentren des Bundes oder Flughafenkantone erbringen, werden bei der Verteilung von Asylsuchenden angemessen berücksichtigt.84 |
2 | Können sich die Kantone nicht einigen, so legt der Bundesrat nach ihrer Anhörung in einer Verordnung die Kriterien für die Verteilung fest. |
3 | Das SEM weist die Asylsuchenden den Kantonen zu (Zuweisungskantone).85 Es trägt dabei den schützenswerten Interessen der Kantone und der Asylsuchenden Rechnung. Der Zuweisungsentscheid kann nur mit der Begründung angefochten werden, er verletze den Grundsatz der Einheit der Familie. |
4 | Nicht zugewiesen werden Personen, bei denen der Vollzug der Wegweisung angeordnet worden ist und deren Asylentscheid in einem Zentrum des Bundes in Rechtskraft erwachsen ist oder deren Asylgesuch in einem Zentrum des Bundes abgeschrieben wurde.86 |

SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 107 Anfechtbare Zwischenverfügungen |
|
1 | Zwischenverfügungen, die in Anwendung der Artikel 10 Absätze 1-3 und 18-48 dieses Gesetzes sowie Artikel 71 AIG357 ergehen, können nur durch Beschwerde gegen die Endverfügung angefochten werden. Vorbehalten bleibt die Anfechtung von Verfügungen nach Artikel 27 Absatz 3.358 |
2 | Selbständig anfechtbar sind ausserdem, sofern sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können: |
a | vorsorgliche Massnahmen; |
b | Verfügungen, mit denen das Verfahren sistiert wird, ausser Verfügungen nach Artikel 69 Absatz 3. |
3 | ...359 |

SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005354 Beschwerde geführt werden. |

1.3 Vorliegend sind die Asylverfahren - einschliesslich Wiedererwägungsverfahren - abgeschlossen und die Beschwerdeführer rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden. Zwischenverfügungen wie ein allfälliger Kantonswechsel für die Dauer des Verfahrens sind deshalb grundsätzlich keine mehr zu treffen. Derartige Anordnungen können höchstens noch im Rahmen von Vollzugsmassnahmen ergehen. Gegen sie ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde allerdings ebenso ausgeschlossen (Art. 101 lit. c


Hiermit wird deutlich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des EJPD vom 17. Juni 2004 nicht gegeben ist. Mit Blick auf Art. 101 lit. a


SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005354 Beschwerde geführt werden. |
2.
Nachdem die Beschwerde gemäss dem vorstehend Ausgeführten von vornherein keine Erfolgsaussichten hatte, ist das Gesuch der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren abzuweisen (Art. 152

SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005354 Beschwerde geführt werden. |

SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005354 Beschwerde geführt werden. |

SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG) AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005354 Beschwerde geführt werden. |
Demnach erkennt das Bundesgericht
1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 15. September 2004
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: