Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-115/2014

Urteil vom 15. Januar 2014

Einzelrichterin Franziska Schneider,
Besetzung
Gerichtsschreiber Michael Rutz.

A._______,
Parteien
vertreten durch Rechtsanwalt Ernst Michael Lang,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA,
Avenue Edmond-Vaucher 18, Postfach 3100, 1211 Genf 2,

Vorinstanz.

Gegenstand Revisionsgesuch.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,

dass A._______ (im Folgenden: Beschwerdeführer) durch seinen Rechtsvertreter mit Eingabe vom 9. Januar 2014 (Poststempel) beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen ein als Verfügung bezeichnetes, undatiertes und nicht unterzeichnetes Schreiben erhoben hat (im Folgenden: Verfügung),

dass sich die Verfügung auf das Gesuch des Beschwerdeführers betreffend Erhöhung der Invalidenrente bezieht und dem Beschwerdeführer mitgeteilt wurde, dass das Erhöhungsgesuch abgewiesen werde,

dass die Verfügung im Briefkopf und der Fusszeile die IV-Stelle für Versicherte im Ausland (im Folgenden: IVSTA) nennt, einen Mitarbeiter der IV-Stelle des Kantons Appenzell Ausserrhoden (im Folgenden: IV-Stelle AR) als zuständigen Sachbearbeiter aufführt (vgl. Mitarbeiterliste der IV-Stelle AR, publiziert auf der Webseite http://www.ahv-iv-ar.ch > Das Unternehmen > Team) und in einem Briefumschlag der IV-Stelle AR versandt wurde,

dass die zuständige Instruktionsrichterin in Anwendung von Art. 57 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet hat,

dass das Bundesverwaltungsgericht gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen von Vorinstanzen gemäss Art. 33 und 34 VGG zuständig ist, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt,

dass es sich bei der IVSTA um eine Vorinstanz gemäss Art. 33 Bst. d VGG handelt (vgl. auch Art. 69 Abs. 1 Bst. b des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung [IVG, SR 831.20]), zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen von kantonalen IV-Stellen jedoch die kantonalen Versicherungsgerichte zuständig sind (Art. 57 ff . des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG, SR 830.1]),

dass gemäss Art. 40 Abs. 2 der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV, SR 831.201) zuständig zur Entgegennahme und Prüfung der Anmeldungen von Grenzgängern die IV-Stelle ist, in deren Tätigkeitsgebiet der Grenzgänger eine Erwerbstätigkeit ausübt,

dass aufgrund der Beschwerdebeilagen davon auszugehen ist, dass sich der ehemalige Arbeitsort des Beschwerdeführers in (...) im Kanton Appenzell Ausserrhoden befindet und somit die IV-Stelle AR zur Entgegennahme und Prüfung des Gesuchs zuständig war, gemäss Art. 40 Abs. 2 letzter Satz IVV die Verfügungen jedoch durch die IV-Stelle für Versicherte im Ausland zu erlassen ist,

dass das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen gemäss Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) beurteilt,

dass die Verfügung eine Anordnung im Einzelfall ist, durch welche über Rechte oder Pflichten eines verwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnisses in verbindlicher Weise entschieden wird, und zwar verbindlich für den Verfügungsadressaten und die verfügende Behörde (Fritz Gygi, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 122),

dass die ordnungsgemässe Verfügung in der Regel als solche bezeichnet sein sowie die Unterschrift und die Behörde, von der die Anordnung stammt, wiedergeben soll (vgl. Gygi, a.a.O., S. 126),

dass bei Rentenverfügungen der Invalidenversicherung die Unterschrift jedoch in der Regel nicht Gültigkeitsvoraussetzung ist, da die Schwierigkeit der Zurechenbarkeit normalerweise aufgrund der erforderlichen Schriftform (Art. 49 ATSG) entfällt und Letztere genügend Gewähr dafür bietet, dass die verfügte Anordnung einer bestimmten Amtsstelle zugeordnet werden kann (BGE 108 V 232 E. 2b),

dass vorliegend diese Gewähr gerade nicht besteht, da die auf dem Briefkopf des Schreibens aufgeführte IVSTA aufgrund des verwendeten Briefumschlages nicht Absender sowie offenbar auch nicht Verfasser der angefochtenen Verfügung ist und damit keine hinreichenden Hinweise auf eine Urheberschaft der IVSTA vorhanden sind,

dass demnach die dem Beschwerdeführer zugestellte, undatierte und nicht unterzeichnete Verfügung weder der IVSTA noch der IV-Stelle AR als Willenserklärung zugeordnet werden kann und somit die Gültigkeitsvoraussetzungen einer Verfügung nicht gegeben sind,

dass eine Verfügung, die durch eine nicht zuständige Behörde erlassen wurde, grundsätzlich nicht nichtig, sondern nur anfechtbar ist (Urteil des Bundesgerichts I 914/06 vom 3. Oktober 2007), dabei jedoch die Zurechenbarkeit der Willensäusserung unabdingbare Voraussetzung bildet,

dass die angefochtene Verfügung daher als nichtig zu betrachten ist und eine nichtige Verfügung keinerlei Rechtswirkungen entfaltet, sondern ex tunc ohne amtliche Aufhebung rechtlich unverbindlich ist (Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2010, Rz. 955),

dass die Nichtigkeit einer Verfügung von Amtes wegen zu beachten ist (BGE 133 II 366 E. 3.1),

dass damit kein rechtsgültiges Anfechtungsobjekt vorliegt (vgl. André Moser/Michael Beusch/Lorenz Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, S. 25 Rz. 2.6), zu dessen Beurteilung das Bundesverwaltungsgericht zuständig wäre und deshalb auf die vorliegende Beschwerde im einzelrichterlichen Verfahren nicht einzutreten ist (vgl. Art. 23 Abs. 1 Bst. b VGG; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts C-974/2008 vom 25. Februar 2009 und C-477/2008 vom 15. Mai 2008),

dass es dem Beschwerdeführer jedoch nicht verwehrt ist, nach Erlass einer den rechtlichen Anforderungen genügende Verfügung allenfalls erneut Beschwerde zu erheben,

dass das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich kostenpflichtig ist, dem Beschwerdeführer jedoch keine Verfahrenskosten aufzuerlegen sind, da dem Bundesverwaltungsgericht kein erheblicher Aufwand entstanden ist und der Mangel des Anfechtungsobjekts durch eine der betroffenen Behörden zu verantworten ist (Art. 6 Bst. a
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
und b des Reglements vom 11. Dezember 2006 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]), und dass auch der Vorinstanz keine Verfahrenskosten aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 2
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
VwVG),

dass gemäss Art. 64 Abs. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
VwVG die obsiegende Partei Anspruch auf eine Parteientschädigung hat, im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer mit Blick auf die geltend gemachten Rügen jedoch nicht als obsiegend zu qualifizieren ist,

dass bei dieser Sachlage keine Parteientschädigung zuzusprechen ist.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Auf die Beschwerde gegen die dem Beschwerdeführer zugestellte undatierte und nicht unterzeichnete Verfügung wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. (...); Einschreiben)

- die IV-Stelle Appenzell Ausserrhoden (Einschreiben)

- das Bundesamt für Sozialversicherungen (Einschreiben)

Die Einzelrichterin: Der Gerichtsschreiber:

Franziska Schneider Michael Rutz

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
BGG).

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Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : C-115/2014
Datum : 15. Januar 2014
Publiziert : 23. Januar 2014
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Sozialversicherung
Gegenstand : Revisionsgesuch


Gesetzesregister
ATSG: 49  57
BGG: 42  82
IVG: 69
IVV: 40
VGG: 23  31  32  33  34
VGKE: 6
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
VwVG: 5  57  63  64
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