BB.2005.30
Bundesstrafgericht
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal
Geschäftsnummer: BB.2005.30
Entscheid vom 14. September 2005 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Andreas J. Keller und Tito Ponti , Gerichtsschreiberin Petra Williner
Parteien
A., vertreten durch Fürsprecher Dino Degiorgi,
Beschwerdeführer
gegen
Schweizerische Bundesanwaltschaft,
Beschwerdegegnerin
Gegenstand
Beschwerde gegen Verweigerung der teilweisen Freigabe beschlagnahmter Vermögenswerte (Art. 105bis Abs. 2

Sachverhalt:
A. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft (nachfolgend „Bundesanwaltschaft“) führt ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen verschiedene Personen wegen Beteiligung an bzw. Unterstützung einer kriminellen Organisation und qualifizierter Geldwäscherei. In diesem Zusammenhang wird dem Mitbeschuldigten A. (nachfolgend „A.“) vorgeworfen, im montenegrisch-italienischen Zigarettenschmuggel eine wesentliche Rolle gespielt zu haben. Am 31. August 2004 beschlagnahmte die Bundesanwaltschaft unter anderem verschiedene Bankkonten von A. (act. 1.1).
B. Am 26. Januar 2005 und am 1. April 2005 ersuchte A. um Freigabe von Fr. 6'000.-- monatlich zur Deckung seines laufenden Lebensunterhalts (act. 1, 1.1, 1.4 und 1.6). Mit Verfügung vom 26. April 2005 wies die Bundesanwaltschaft das Gesuch ab (act. 1.1).
C. Gegen diese Verfügung gelangt A. mit Eingabe vom 2. Mai 2005 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und verlangt unter Kosten- und Entschädigungsfolgen sinngemäss, die Verfügung der Bundesanwaltschaft vom 26. April 2005 sei aufzuheben und es sei ihm ein monatlicher Betrag von Fr. 15'841.30 freizugeben (act. 1; bestätigend und präzisierend act. 13 S. 3 oben).
Nach Leistung des Kostenvorschusses stellt A. am 9. Mai 2005 ein Gesuch um Erteilung des Rechts zur unentgeltlichen Prozessführung (act. 4).
Nach gewährter Fristerstreckung schliesst die Bundesanwaltschaft am 25. Mai 2005 auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, wobei das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung gutzuheissen sei (act. 6 und 7).
Nachdem mit der Durchführung des zweiten Schriftenwechsels auf Vorschlag des Referenten und mit Zustimmung der Parteien bis zur Entscheidfällung eines vor Bundesgericht streitigen Parallelverfahrens zugewartet wurde (act. 9, 10 und 11), hält A. mit Replik vom 29. Juni 2005 an seinen gestellten Rechtsbegehren vollumfänglich fest (act. 13).
Die Bundesanwaltschaft verweist mit Duplik vom 7. Juli 2005 ebenfalls vollumfänglich auf ihre bereits gestellten Anträge (act. 15).
Auf Ersuchen der Beschwerdekammer und nach wegen Ferienabwesenheit des Beschwerdeführers gewährten Fristerstreckung bis 31. August 2005 reichte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am letzten Tag der Frist diverse Unterlagen im Zusammenhang mit dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ein (act. 16, 17 und 18), wobei er am 2. September 2005 einen Beleg im Original nachreichte (act. 19).
Mit heutigem Datum hat die Beschwerdekammer das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung abgewiesen.
Auf die Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gegen Amtshandlungen und wegen Säumnis des Bundesanwalts ist die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts nach den Verfahrensvorschriften der Art. 214






1.2 Im vorliegenden Fall wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Verfügung der Bundesanwaltschaft vom 26. April 2005 (act. 1.1), mithin eine Amtshandlung. Durch die Verweigerung der teilweisen Freigabe der beschlagnahmten Vermögenswerte ist der Beschwerdeführer beschwert und als Verfügungsadressat damit zur Beschwerde legitimiert. Die angefochtene Verfügung datiert vom 26. April 2005 und ging tags darauf beim Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein, womit die fünftägige Beschwerdefrist am 28. April 2005 zu laufen begann. Mit Postaufgabe der Beschwerde am 2. Mai 2005 ist diese Frist gewahrt. Auf die Beschwerde ist demnach grundsätzlich einzutreten.
1.3 Da das Anfechtungsobjekt nicht vom Beschwerdeführer frei bestimmt, sondern durch die Verfügung der Vorinstanz verbindlich festgelegt wird, ist auf die Beschwerde aber insoweit nicht einzutreten, als die Begehren über den seinerzeit vor der Beschwerdegegnerin verlangten monatlichen Betrag von Fr. 6'000.-- hinausgehen. Dieser Mehrbetrag bildet nämlich nicht Gegen-stand der erwähnten Verfügung und dessen Freigabe kann folglich im Beschwerdeverfahren auch nicht geltend gemacht werden.
2.
2.1 Nach Massgabe von Art. 59 Ziff. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |
Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer kriminellen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 260ter - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |
Bereits im Ermittlungs- bzw. Untersuchungsverfahren ist es möglich, die voraussichtlich der Einziehung und damit auch der Beweislastumkehr von Art. 59 Ziff. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |

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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |
2.2 Der Beschwerdeführer beanstandet vorab die Auslegung des Art. 59 Ziff. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |
2.3 Weiter führt der Beschwerdeführer aus, entscheidend sei, dass die beschlagnahmten Vermögenswerte der Verfügungsmacht der kriminellen Organisation entzogen werden, was bei der Zahlung für seine Lebensunterhaltskosten der Fall sei. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung lässt es Art. 59 Ziff. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 60 - 1 Ist der Täter von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |
2.4 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Aufhebung der Beschlagnahme eines Kontos durch die Beschwerdegegnerin zum Zwecke der Belastung von Hypothek und Amortisation im entsprechenden Umfang begünstige eine Gläubigerin – nämlich die Bank – decke sich nicht mit der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Auslegung von Art. 59 Ziff. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn: |
2.5 Der Beschwerdeführer stellt sich weiter auf den Standpunkt, die Beschlagnahme seines gesamten Vermögens und mithin seines Existenzminimums verletze Art. 7

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 7 Menschenwürde - Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen. |

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 7 Menschenwürde - Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen. |
2.6 Abschliessend bringt der Beschwerdeführer vor, Art. 12

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
2.7 Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde somit in sämtlichen Punkten als unbegründet und ist folglich abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird.
3.
3.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Kosten desselben zu tragen (Art. 245

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
3.2 Der Vertreter des Beschwerdeführers ist gemäss Bestellungsverfügung der Beschwerdegegnerin vom 1. September 2004 amtlicher Verteidiger desselben (act. 1.2). Das Honorar des Anwalts bemisst sich nach dem notwendigen und ausgewiesenen Zeitaufwand und der Stundenansatz beträgt mindestens Fr. 200.-- und höchstens Fr. 300.-- (Art. 3 des Reglements über die Entschädigungen in Verfahren vor dem Bundesstrafgericht vom 11. Februar 2004; SR 173.711.31).
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers macht ein Honorar von Fr. 2'428.-- geltend, nämlich 10.5 Arbeitsstunden zu einem Ansatz von Fr. 230.-- sowie Fr. 13.-- für entstandene Auslagen (act. 4). Da es sich vorliegend um einen Fall von gewöhnlicher Schwierigkeit handelt, ist dem Verteidiger usanzgemäss ein Stundenhonoraransatz von Fr. 220.--zuzugestehen, was für 10.5 Stunden einen Betrag von Fr. 2'310.-- ausmacht. Zusammen mit den geltend gemachten Auslagen von Fr. 13.-- ergibt dies einen Betrag von Fr. 2'323.-- (inkl. MwSt), der dem amtlichen Verteidiger von der Kasse des Bundesstrafgerichts auszurichten ist. Da das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abgewiesen wurde (vgl. Entscheid des Bundesstrafgerichts BB.2005.30/unentgeltliche Rechtspflege vom 14. September 2005), ist dieser zu verpflichten, den nämlichen Betrag dem Bundesstrafgericht zurückzuerstatten.
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2’000.-- wird dem Beschwerdeführer, unter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses von Fr. 500.--, auferlegt.
3. Die Kasse des Bundesstrafgerichts wird angewiesen, dem amtlichen Verteidiger eine Parteientschädigung von Fr. 2'323.-- (inkl. MwSt) auszurichten.
4. Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, dem Bundesstrafgericht die Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'323.-- zurückzuerstatten.
Bellinzona, 14. September 2005
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Zustellung an
- Fürsprecher Dino Degiorgi
- Schweizerische Bundesanwaltschaft
Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen seit der Eröffnung wegen Verletzung von Bundesrecht beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 214 bis 216, 218 und 219 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (Art. 33 Abs. 3 lit. a

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 12 Recht auf Hilfe in Notlagen - Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind. |
Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn die Rechtsmittelinstanz oder deren Präsident es anordnet.
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