5C.242/2001/min
II. Z I V I L A B T E I L U N G ********************************
11. Dezember 2001
Es wirken mit: Bundesrichter Reeb, Präsident der II. Zivilabteilung,
Bundesrichter Bianchi, Bundesrichterin Escher und
Gerichtsschreiber Schett.
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In Sachen
A.________, Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Advokat Jakob Trümpy, Albrechtsplatz 4, 4310 Rheinfelden,
gegen
B.________, Kläger und Berufungsbeklagter, vertreten durch Advokat Urs Grob, Büchelistrasse/Lindenstrasse 2, Post-fach 552, 4410 Liestal,
betreffend
Ehescheidung, hat sich ergeben:
A.- B.________, geboren 1966, von Y.________, und A.________, geboren 1965, brasilianische Staatsangehörige, heirateten am 11. Juni 1993 in Basel. Auf Gesuch von B.________ bewilligte das Bezirksgericht Z.________ am 31. März 1998 den Parteien das Getrenntleben. Im August 1998 zogen sie zeitweilig wieder zusammen. Am 23. März 1999 gebar A.________ den Sohn C.________, dessen Vater ein gewisser D.________ ist. Die Anfechtungsklage von B.________ wurde vom Bezirksgericht Z.________ am 8. Dezember 1999 gutgeheissen.
Am 8. September 1999 verlangte B.________ beim Bezirksgericht X.________ die Scheidung gestützt auf Art. 142 aZGB, sowie die Feststellung, dass die Parteien seit Herbst 1998 wieder getrennt lebten. Mit Urteil vom 24. Januar 2001 wies das Bezirksgericht X.________ die Klage ab.
B.- Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft schied auf Berufung von B.________ am 21. August 2001 die Ehe mit A.________ und wies den Fall zur Regelung der Nebenfolgen an das Bezirksgericht X.________ zurück.
C.- A.________ gelangt mit Berufung ans Bundesgericht.
Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Klage von B.________ abzuweisen.
B.________ schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Beide Parteien stellen das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Obergericht hat sich anlässlich der Aktenübersendung nicht vernehmen lassen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Berufung richtet sich gegen ein Scheidungsurteil, mithin eine nicht vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit (Art. 46 OG). Das erstinstanzliche Gericht, an welches die Vorinstanz die Sache zur Regelung der Nebenfolgen zurückgewiesen hat, kann auf das Scheidungsurteil nicht mehr zurückkommen. Es liegt ein anfechtbarer Teilentscheid vor (Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, S. 95/96 N. 68). Die Berufung ist damit zulässig.
2.- a) Das Bundesgericht hat sich bereits verschiedentlich zum Anwendungsbereich des gegenüber Art. 114
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 114 - Ein Ehegatte kann die Scheidung verlangen, wenn die Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage oder bei Wechsel zur Scheidung auf Klage mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
Die beiden in Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
Auf keinen Fall darf die klagende Partei für den schwerwiegenden Grund verantwortlich sein. Hingegen kann sie sich auf objektive Gründe, die von keiner Seite her gesetzt worden sind, berufen (Art. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |
b) Von der Unzumutbarkeit nach Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
aa) Macht der klagende Ehegatte einen schwerwiegenden Grund geltend, so sind die Gegebenheiten des konkreten Falles zu prüfen. Ist dieser Scheidungsgrund nicht gegeben und die Klage daher abzuweisen, so bleibt auch kein Raum für den offenbaren Rechtsmissbrauch auf seiner Seite. Andererseits ist trotz vorhandener Unzumutbarkeit dem Kläger die Scheidung nicht ohne weiteres mit dem Hinweis auf sein rechtsmissbräuchliches Verhalten zu verweigern, da der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
bb) Es kann durchaus Fälle geben, wo sich der Beklagte in rechtsmissbräuchlicher Weise der Scheidung widersetzt.
Tut er dies, obwohl ein schwerwiegender Grund gegeben ist, dringt der Kläger ohnehin durch. Kann der Kläger hingegen einen solchen nicht dartun, dann erst ist zu entscheiden, ob sich die an der Ehe festhaltende Partei rechtsmissbräuchlich verhält. Dies kann gegeben sein, wenn der eine Partner die Ehe unter keinen Umständen fortsetzen will, aber sich gleichzeitig der Scheidung widersetzt, um sich einen Vorteil zu verschaffen, der weder mit dem Zweck der Ehe noch mit der Vierjahresfrist einen Zusammenhang hat. Beim Fall, wo sich der Beklagte der Scheidung widersetzt, kann daher nicht in absoluter Weise gesagt werden, sein Verhalten sei kaum je rechtsmissbräuchlich (vgl. Sutter/Freiburghaus, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
3.-a) Die Vorinstanz hat dem Scheidungsbegehren des Ehemannes gestützt auf Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
Der Ehefrau würden aus einer Scheidung keine wirtschaftlichen oder sonstigen nachvollziehbaren Nachteile erwachsen, da sie bislang keine Unterhaltsbeiträge erhalten habe. Dass sie ein aussereheliches Kind geboren habe, lasse die Verbindung indes noch nicht als unzumutbar erscheinen. Einmal habe der Ehemann sich mit der ausserehelichen Zeugung eines Kindes einverstanden erklärt. Dann sei der Ehebruch in der Zeit der vorübergehenden Trennung erfolgt. Und schliesslich sei er in Kenntnis der Schwangerschaft mit ihr wieder zusammengezogen. Offen gelassen werden könne im Übrigen die Frage, ob seine psychischen Probleme und seine zeitweilige Arbeitsunfähigkeit auf den Verbleib in der Ehe zurückzuführen seien.
b) Die Beklagte macht geltend, die von der Vorinstanz ausgesprochene Scheidung verletze Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
|
1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
c) Der Kläger verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil, wonach es nicht Sinn von Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
4.- a) Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt rechtfertigt eine Scheidung nach Art. 115
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 115 - Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann. |
b) Zu prüfen bleibt somit, ob das Verhalten der Beklagten einem offenbaren Rechtsmissbrauch gleichkommt. Sie widersetzt sich der Scheidung und besteht auf der Einhaltung der Vierjahresfrist, obwohl ihr das Festhalten an der Ehe keinen erkennbaren Vorteil bringt. Vor allem aber geht es ihr darum, ihren Ehemann zu bestrafen und die Heirat ihrer Nichte zu verhindern. Ihre Haltung mag zwar als seltsam empfunden werden und für einen Aussenstehenden nicht nachvollziehbar sein. Indes ist sie von Gesetzes wegen nicht einmal verpflichtet, ihre Verweigerung der Scheidung zu begründen. Legt sie gleichwohl ihre Sicht der Dinge dar und erst noch auf eine Art und Weise, die mit dem Institut der Ehe als Lebens- und Rechtsgemeinschaft nichts zu tun haben, kann dies gegebenenfalls in der Tat rechtsmissbräuchlich sein. Erforderlich ist jedoch ein offenbarer Rechtsmissbrauch (Art. 2 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 114 - Ein Ehegatte kann die Scheidung verlangen, wenn die Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage oder bei Wechsel zur Scheidung auf Klage mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben. |
c) Das angefochtene Urteil erweist sich nach dem Gesagten als bundesrechtswidrig und ist aufzuheben. Es besteht kein Anlass, die Gerichts- und Parteikosten neu zu verlegen, da beiden Parteien im kantonalen Berufungsverfahren die unentgeltliche Prozessführung bewilligt worden ist.
5.- Bei einem solchen Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Kläger aufzuerlegen und der Beklagten steht eine Parteientschädigung zu. Indes ist beiden Parteien die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren (Art. 152
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 114 - Ein Ehegatte kann die Scheidung verlangen, wenn die Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage oder bei Wechsel zur Scheidung auf Klage mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.- Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 21. August 2001 aufgehoben und die Scheidungsklage abgewiesen.
2.- a) Das Gesuch der Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird gutgeheissen, und es wird ihr Rechtsanwalt Jakob Trümpy für das bundesgerichtliche Verfahren als Rechtsbeistand beigegeben.
b) Das Gesuch des Klägers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird gutgeheissen, und es wird ihm Rechtsanwalt Urs Grob für das bundesgerichtliche Verfahren als Rechtsbeistand beigegeben.
3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Kläger auferlegt, einstweilen aber auf die Bundesgerichtskasse genommen.
4.- a) Rechtsanwalt Jakob Trümpy wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 1'500.-- ausgerichtet.
b) Rechtsanwalt Urs Grob wird aus der Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 1'000.-- ausgerichtet.
5.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 11. Dezember 2001
Im Namen der II. Zivilabteilung
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: