Tribunal federal
{T 0/2}
4C.308/2004 /bie
Urteil vom 10. November 2004
I. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Nyffeler, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Huguenin.
Parteien
X.________, Beklagte und Berufungsklägerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Guy Reich,
gegen
Y.________ AG, Klägerin und Berufungsbeklagte,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Arthur Haefliger,
Gegenstand
Mieterausweisung,
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 4. Zivilkammer, vom 1. Juli 2004.
Sachverhalt:
A.
Mit Vertrag vom 20. Mai/5. Juni 1999 mietete die Rechtsvorgängerin der X.________ (Beklagte) von der Y.________ AG (Klägerin) einen Fabrikationsraum im Erdgeschoss und Büroräume im 2. Obergeschoss der an der T.________-strasse 90 in Z.________ gelegenen Liegenschaft. Der monatliche Mietzins betrug Fr. 1'550.--. Mit amtlichem Formular vom 27. Januar 2003 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis auf den 30. September 2003.
B.
Am 10. Oktober 2003 stellte die Klägerin beim Bezirksgericht Baden ein Begehren um Ausweisung der Beklagten aus den Mieträumlichkeiten unter der Androhung von Zwangsvollstreckung und Bestrafung nach Art. 292

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
C.
Die Beklagte hat das Urteil des Obergerichts vom 1. Juli 2004 mit Berufung angefochten. Sie stellt den Antrag, das Mietausweisungsbegehren sei abzuweisen. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Beklagte hat im kantonalen Verfahren bestritten, dass ihr die Kündigung vom 27. Januar 2003 zugegangen ist. Sie führte dazu aus, sie habe zwar eine eingeschriebene Sendung von diesem Tag erhalten. Darin habe sich aber lediglich ein Deckblatt und ein Schreiben ohne Bezug zur Kündigung befunden. Von einer Kündigung habe sie erstmals durch das Schreiben der Klägerin vom 12. September 2003 erfahren, in welchem sie aufgefordert worden sei, die Liegenschaft per 30. September 2003 zu räumen. Die Vorinstanz stellte in Einklang mit dem erstinstanzlichen Gericht fest, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Beklagte mit der eingeschriebenen Sendung vom 27. Januar 2003 das Kündigungsschreiben erhalten habe, zumal sie selbst dargelegt habe, die Kündigung mit normaler Post versandt zu haben. Soweit die Klägerin diese Beweiswürdigung in der Berufungsantwort in Frage stellt, ist sie nicht zu hören (Art. 63 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
1.2 In rechtlicher Hinsicht gelangte die Vorinstanz im Gegensatz zur Präsidentin des Bezirksgerichts zum Ergebnis, dass die Beklagte nach Treu und Glauben nicht verpflichtet gewesen sei, sich umgehend nach Erhalt des Briefs vom 27. Januar 2003 bei der Klägerin nach dem Sinn dieses Schreibens zu erkundigen, sei doch das der Beklagten mit der eingeschriebenen Sendung vom 27. Januar 2003 zugegangene Schreiben aus sich heraus durchaus verständlich gewesen. Dennoch schützte die Vorinstanz den erstinstanzlichen Entscheid. Sie erwog unter Hinweis auf die Klageantwort, wo die Beklagte ausführt, die Klägerin habe ihrem Schreiben vom 20. September 2003 eine Kopie des Kündigungsformulars vom 27. Januar 2003 beigelegt, die Beklagte habe die Kündigung mit Schreiben vom 20. September 2003 erhalten. Mit dieser Kündigung sei die Kündigungsfrist offensichtlich nicht eingehalten gewesen. Da die Beklagte aber keine Zweifel am Kündigungswillen der Klägerin habe hegen können und die Kündigung die Formvorschriften von Art. 266l

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266l |
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1 | Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen. |
2 | Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266o - Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l-266n nicht entspricht. |
271a Abs. 1 lit. e

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 271a |
|
1 | Die Kündigung durch den Vermieter ist insbesondere anfechtbar, wenn sie ausgesprochen wird: |
a | weil der Mieter nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Mietverhältnis geltend macht; |
b | weil der Vermieter eine einseitige Vertragsänderung zu Lasten des Mieters oder eine Mietzinsanpassung durchsetzen will; |
c | allein um den Mieter zum Erwerb der gemieteten Wohnung zu veranlassen; |
d | während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, ausser wenn der Mieter das Verfahren missbräuchlich eingeleitet hat; |
e | vor Ablauf von drei Jahren nach Abschluss eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, in dem der Vermieter: |
e1 | zu einem erheblichen Teil unterlegen ist; |
e2 | seine Forderung oder Klage zurückgezogen oder erheblich eingeschränkt hat; |
e3 | auf die Anrufung des Richters verzichtet hat; |
e4 | mit dem Mieter einen Vergleich geschlossen oder sich sonstwie geeinigt hat; |
f | wegen Änderungen in der familiären Situation des Mieters, aus denen dem Vermieter keine wesentlichen Nachteile entstehen. |
2 | Absatz 1 Buchstabe e ist auch anwendbar, wenn der Mieter durch Schriftstücke nachweisen kann, dass er sich mit dem Vermieter ausserhalb eines Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens über eine Forderung aus dem Mietverhältnis geeinigt hat. |
3 | Absatz 1 Buchstaben d und e sind nicht anwendbar bei Kündigungen: |
a | wegen dringenden Eigenbedarfs des Vermieters für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte; |
b | wegen Zahlungsrückstand des Mieters (Art. 257d); |
c | wegen schwerer Verletzung der Pflicht des Mieters zu Sorgfalt und Rücksichtnahme (Art. 257f Abs. 3 und 4); |
d | infolge Veräusserung der Sache (Art. 261); |
e | aus wichtigen Gründen (Art. 266g); |
f | wegen Konkurs des Mieters (Art. 266h). |
2.
2.1 Die Beklagte wirft der Vorinstanz zunächst eine Verletzung von Art. 266l

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266l |
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1 | Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen. |
2 | Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. |
2.2
2.2.1 Ob die gesetzlichen Formerfordernisse erfüllt sind, ist eine Rechtsfrage, welche das Bundesgericht im Berufungsverfahren frei prüft. Tatfrage ist, wie ein Kündigungsschreiben ausgestaltet, insbesondere ob es handschriftlich unterzeichnet ist und von wem. Diesbezüglich enthält das angefochtene Urteile keinerlei Feststellungen, sondern einzig die rechtliche Beurteilung der Formgültigkeit. Eine Rückweisung zur Sachverhaltsergänzung kann jedoch unterbleiben, weil die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auf die Aussage der Beklagten in der Klageantwort verweist, derzufolge diese im September 2003 eine Kopie des Kündigungsformulars erhalten hat. Diese Kopie wurde von der Beklagten als Beilage 7 der Klageantwort ins Recht gelegt. Sie trägt keine Originalunterschrift, was die Klägerin in der Berufungsantwort denn auch anerkennt. Insoweit ist der Sachverhalt zu ergänzen (Art. 64 Abs. 2

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266l |
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1 | Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen. |
2 | Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266l |
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1 | Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen. |
2 | Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. |
beigelegt worden sei, wie die Klägerin in der Berufungsantwort behauptet, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor, und die Klägerin macht nicht geltend, sich im kantonalen Verfahren prozesskonform darauf berufen zu haben. Insoweit kommt daher eine Ergänzung des Sachverhalts nicht in Frage.
2.2.2 Während für die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Mieter einfache Schriftlichkeit genügt (Art. 266l Abs. 1

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266l |
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1 | Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen. |
2 | Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266l |
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1 | Vermieter und Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen müssen schriftlich kündigen. |
2 | Der Vermieter muss mit einem Formular kündigen, das vom Kanton genehmigt ist und das angibt, wie der Mieter vorzugehen hat, wenn er die Kündigung anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen will. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266o - Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l-266n nicht entspricht. |

SR 221.213.11 Verordnung vom 9. Mai 1990 über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) VMWG Art. 9 Kündigungen - (Art. 266l Abs. 2 OR) |
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1 | Das Formular für die Mitteilung der Kündigung im Sinne von Artikel 266l Absatz 2 OR muss enthalten: |
a | die Bezeichnung des Mietgegenstandes, auf welchen sich die Kündigung bezieht; |
b | den Zeitpunkt, auf den die Kündigung wirksam wird; |
c | den Hinweis, dass der Vermieter die Kündigung auf Verlangen des Mieters begründen muss; |
d | die gesetzlichen Voraussetzungen der Anfechtung der Kündigung und der Erstreckung des Mietverhältnisses (Art. 271-273 OR); |
e | das Verzeichnis der Schlichtungsbehörden und ihre örtliche Zuständigkeit. |
2 | Die Kantone sorgen dafür, dass in den Gemeinden Formulare in genügender Zahl zur Verfügung stehen. Sie können zu diesem Zweck eigene Formulare in den Gemeindekanzleien auflegen. |
abgedruckt in MRA 4/03 S. 109 ff. und mp 3/03 S. 115 ff.) stellt die Unterschrift ein wesentliches Element der Form dar, auch wenn das Formular vor allem der Information des Mieters über seine Rechte dient. Die hier interessierenden Passagen der Begründung lauten wie folgt:
"1. -:-
"2. -:-
"3. -:-
3.1 Mit der gesetzlich vorgeschriebenen Form werden bestimmte rechtspolitische Ziele verfolgt, wie etwa Schutz vor Übereilung, Gewährleistung von Klarheit und Rechtssicherheit, Herstellung einer sicheren Grundlage für die Führung öffentlicher Register, Verfahrenskontrolle oder Information (Schmidlin, Berner Kommentar, N. 13 ff. zu Art. 11

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 11 |
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1 | Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. |
2 | Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 11 |
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1 | Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. |
2 | Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab. |
III 248 E. 3c; 122 III 361 E. 4; vgl. auch BGE 123 III 97, je mit Hinweisen; Schmidlin, a.a.O., N. 6 f. zu Art. 11

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 11 |
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1 | Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. |
2 | Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab. |
3.2 Die Unterschrift bildet in verschiedenen Bereichen der Rechtsordnung Bestandteil der für einen bestimmten Vorgang geforderten Schriftlichkeit (BGE 119 III 4 E. 3; 112 II 326 E. 3a S. 328; 101 III 65 E. 3, je mit Hinweisen). Mit der Unterschrift wird sowohl die Person des Erklärenden identifiziert als auch der auf einem dauerhaften Erklärungsträger festgehaltene Inhalt der Erklärung anerkannt (Merz, a.a.O. S. 198 N. 349; Engel, a.a.O., S. 251; Schwenzer, Basler Kommentar, N. 6 zu Art. 13

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 13 |
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1 | Ein Vertrag, für den die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben ist, muss die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen. |
2 | ...3 |
In der Rechtsprechung (BGE 121 III 460 E. 4a/bb; 121 III 214 E. 3b; 120 II 206 E. 3a, je mit Hinweisen) wie in der herrschenden Lehre (Gauch/ Schluep/Schmid/Rey, a.a.O., N. 523; Lachat/Stoll/Brunner, Das Mietrecht für die Praxis, 4. Aufl., Zürich 1999, S. 261; Weber/Zihlmann, Basler Kommentar, N. 2 zu Art. 269d

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 269d |
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1 | Der Vermieter kann den Mietzins jederzeit auf den nächstmöglichen Kündigungstermin erhöhen. Er muss dem Mieter die Mietzinserhöhung mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitteilen und begründen. |
2 | Die Mietzinserhöhung ist nichtig, wenn der Vermieter: |
a | sie nicht mit dem vorgeschriebenen Formular mitteilt; |
b | sie nicht begründet; |
c | mit der Mitteilung die Kündigung androht oder ausspricht. |
3 | Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn der Vermieter beabsichtigt, sonstwie den Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters zu ändern, namentlich seine bisherigen Leistungen zu vermindern oder neue Nebenkosten einzuführen. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 11 |
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1 | Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. |
2 | Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab. |
Diese Argumentation kann ohne weiteres auf das für die Kündigung verwendete Formular übertragen werden, zumal die Mietpartei, deren Schutz die Formularpflicht dient, von einer Kündigung in aller Regel noch einschneidender als von einer Mietzinserhöhung betroffen wird. Aus diesen Gründen erweist sich der in der Berufung erhobene Vorwurf, die Vorinstanz sei bundesrechtswidrig von der Formgültigkeit der am 20. September 2003 versandten Kündigung ausgegangen, als begründet. Das führt zur Gutheissung der Berufung und zur Abweisung der Klage.
3.
3.1 Die Beklagte beanstandet sodann, dass die Annahme der Vorinstanz, am Kündigungswillen der Klägerin habe kein Zweifel bestehen können, auf einer unrichtigen Auslegung des Schreibens der Klägerin vom 20. September 2003 nach dem Vertrauensprinzip beruhe. Diese Rüge ist für den Ausgang des Verfahrens nur für den - nach dem Gesagten nicht gegebenen - Fall erheblich, dass nicht auf Formnichtigkeit der am 20. September zugestellten Kündigung zu schliessen wäre. Indes wäre auch diese Rüge begründet.
3.2 Eine Kündigungserklärung muss unmissverständlich, vorbehalt- und bedingungslos sein. Im Zeitpunkt des Empfangs der Erklärung muss der Empfänger nach dem Vertrauensprinzip erkennen können, dass der Erklärende das Mietverhältnis mittels der Erklärung (ex nunc) aufheben will. Die Kündigung muss leicht verständlich sein. Eine unklare Kündigung bleibt von Anfang an wirkungslos. Das Erfordernis der Klarheit erlangt besondere Bedeutung mit Blick auf die Anfechtbarkeit. Der Empfänger der Kündigung muss wissen, ob und wogegen er sich zur Wehr setzen muss (Higi, Zürcher Kommentar, N 35 zu Vormerkungen zu Art. 266

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266 |
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1 | Haben die Parteien eine bestimmte Dauer ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart, so endet das Mietverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf dieser Dauer. |
2 | Setzen die Parteien das Mietverhältnis stillschweigend fort, so gilt es als unbefristetes Mietverhältnis. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266o - Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l-266n nicht entspricht. |
Die Klägerin schrieb der Beklagten am 20. September 2003:
"Ihr Schreiben vom 17. September können wir wie folgt beantworten:
- Das Mietverhältnis ist sehr wohl gekündigt (beiliegend Kopie Kündigung vom 27.01.2003 mit Einschreibe-Bestätigung), Herr B.________ ist übrigens im Besitz des entsprechenden Briefumschlages. Ein Kündigungsschutz besteht nicht, da mit uns als Vermieterin kein Vergleich über die Nebenkosten getroffen worden ist.
- Wir möchten Sie deshalb bitten, Herrn B.________ zu veranlassen, uns die entsprechenden Räumlichkeiten fristgerecht zur Verfügung zu stellen.
- Sollten wir bis am 23.09.2003 nicht im Besitz der ausstehenden Forderung sein, werden wir unverzüglich die Betreibung einleiten.
- Der Vergleich über die Nebenkosten 1999/2000 vor der Schlichtungsbehörde wurde mit der S.________ AG (ebenfalls Mieterin) getroffen. Darin waren Kosten, die wir als Vermieterin bis anhin bezahlt haben (z.B. Lift) nicht enthalten.
Wir hoffen, Ihnen mit dieser Stellungnahme zu dienen und verbleiben..."
Diesem Brief konnte die Beklagte nichts anderes entnehmen, als dass die Klägerin nach wie vor an der Wirksamkeit der Kündigung vom Januar 2003 festhielt und davon ausging, die Beklagte werde die Mieträumlichkeiten auf Ende September 2003 verlassen. Da nicht nachgewiesen ist, dass die Beklagte jene Kündigung erhalten hat, schadet ihr die fehlende Anfechtung insoweit nicht. Wollte aber die Klägerin am 20. September 2003 eine neue Kündigung aussprechen, musste sie dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Dass sie dies getan hätte, hat die Vorinstanz nicht festgestellt und geht auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 20. September 2003 nicht hervor. Für die Beklagte stand somit nicht mit hinreichender Klarheit fest, dass eine neue, formgültige Kündigungserklärung der Klägerin vom 20. September 2003 vorlag, die sie fristgerecht anfechten musste, wenn sie deren Wirkungen abwenden wollte. Das hat die Vorinstanz verkannt, indem sie es für genügend erachtete, dass die Beklagte im September 2003 "den Kündigungswillen" der Klägerin kennen musste.
4.
Aus den dargelegten Gründen ist das angefochtene Urteil in Gutheissung der Berufung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Dem Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr der Klägerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266o - Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l-266n nicht entspricht. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266o - Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l-266n nicht entspricht. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 266o - Die Kündigung ist nichtig, wenn sie den Artikeln 266l-266n nicht entspricht. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 4. Zivilkammer, vom 1. Juli 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Klägerin auferlegt.
3.
Die Klägerin hat die Beklagte für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zu neuem Entscheid über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 4. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 10. November 2004
Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: