[AZA 7]
U 422/00 Vr

II. Kammer

Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold

Urteil vom 10. Oktober 2001

in Sachen

W.________, 1966, Beschwerdeführer, vertreten durch den Rechtsdienst X.________,
gegen

La Suisse Unfall-Versicherungs-Gesellschaft, Avenue de Rumine 13, 1005 Lausanne, Beschwerdegegnerin,

und

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

A.- W.________ (geboren 1966) war bei der A.________ AG angestellt und in dieser Eigenschaft bei der La Suisse Unfall-Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: La Suisse) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Er verletzte sich am 27. August 1994 beim Fussballspiel den rechten Fuss. Am 8. Oktober 1994 zog er sich eine Supinationsdistorsion des rechten Fusses zu. Anlässlich der in der Folge notwendigen Neurolyse des Nervus tibialis rechts wurde am 2. Februar 1995 auch eine Arthroskopie mit Teilmeniskektomie links vorgenommen. Am 17. Oktober 1995 und 29. Januar 1997 zog er sich weitere Verletzungen des rechten Knies zu. Nachdem er über erneut zunehmende Beschwerden im linken Knie klagte, wurde am 29. November 1997 eine Arthroskopie mit Restmeniskektomie links durchgeführt.
Mit Verfügung vom 25. März 1999, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 20. April 1999, lehnte die La Suisse die Übernahme der Arthroskopien am linken Knie ab.

B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. September 2000 ab.

C.- W.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihm die gesetzlichen Leistungen auszurichten; eventualiter sei die Sache an die La Suisse zur Vornahme weiterer Abklärungen zurückzuweisen.
Die La Suisse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.- Die Vorinstanz hat die Grundsätze und Bestimmungen über den Unfallbegriff (Art. 6 Abs. 1
SR 832.20 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG)
UVG Art. 6 Allgemeines - 1 Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt.
1    Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt.
2    Die Versicherung erbringt ihre Leistungen auch bei folgenden Körperschädigungen, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sind:
a  Knochenbrüche;
b  Verrenkungen von Gelenken;
c  Meniskusrisse;
d  Muskelrisse;
e  Muskelzerrungen;
f  Sehnenrisse;
g  Bandläsionen;
h  Trommelfellverletzungen.21
3    Die Versicherung erbringt ihre Leistungen ausserdem für Schädigungen, die dem Verunfallten bei der Heilbehandlung zugefügt werden (Art. 10).
UVG, Art. 9 Abs. 1
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
UVV; BGE 122 V 232 Erw. 1 mit Hinweisen), die unfallähnlichen Körperschädigungen (Art. 6 Abs. 2
SR 832.20 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG)
UVG Art. 6 Allgemeines - 1 Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt.
1    Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt.
2    Die Versicherung erbringt ihre Leistungen auch bei folgenden Körperschädigungen, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sind:
a  Knochenbrüche;
b  Verrenkungen von Gelenken;
c  Meniskusrisse;
d  Muskelrisse;
e  Muskelzerrungen;
f  Sehnenrisse;
g  Bandläsionen;
h  Trommelfellverletzungen.21
3    Die Versicherung erbringt ihre Leistungen ausserdem für Schädigungen, die dem Verunfallten bei der Heilbehandlung zugefügt werden (Art. 10).
UVG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
UVV in der bis 31. Dezember 1997 gültigen Fassung; BGE 123 V 43 mit Hinweisen), die Pflicht des Versicherten, die Umstände der erlittenen unfallähnlichen Körperschädigung glaubhaft zu machen (BGE 116 V 140 Erw. 4b mit Hinweis), sowie den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
2.- Streitig ist, ob die Meniskusrisse am linken Knie auf ein unfallähnliches Ereignis zurückzuführen sind und demzufolge die La Suisse für deren Folgen aufzukommen hat.

a) Das sozialversicherungsrechtliche Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsrichter von sich aus und ohne Bindung an die Parteibegehren für die richtige und vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen (BGE 122 V 158 Erw. 1a). Im Bereich der Unfallversicherung ergibt sich dieser Grundsatz für das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren aus Art. 108 Abs. 1 lit. c
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
UVG und für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus Art. 132 lit. b
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
in Verbindung mit Art. 105
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
OG.
Das Bundesrecht schreibt nicht vor, wie die einzelnen Beweismittel zu würdigen sind. Für das gesamte Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Danach haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsrichter die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass der Sozialversicherungsrichter alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten (BGE 125 V 352 Erw. 3a; vgl. für das kantonale Beschwerdeverfahren Art. 108 Abs. 1 lit. c
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
UVG und für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht Art. 132
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
in Verbindung mit Art. 113 und 95 Abs. 2
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
OG).
Um den Sachverhalt feststellen und die Beweise frei würdigen zu können, müssen dem Sozialversicherungsgericht sämtliche Akten vorliegen, damit es entscheiden kann, welche Unterlagen für die Beurteilung des streitigen Falles wesentlich und welche nicht wesentlich sind. Es liegt demnach nicht im Belieben des Versicherers, im Beschwerdeverfahren dem Gericht nur diejenigen Akten einzureichen, welche er als notwendig und für die Beurteilung des Falles entscheidend betrachtet. Andernfalls würden die dargelegten Beweisgrundsätze ihres Gehalts entleert.
In einigen Kantonen ergibt sich die Pflicht zur Einreichung der vollständigen Akten seitens der Verwaltung auch aus dem kantonalen Prozessrecht (vgl. etwa Zünd, Kommentar zum Gesetz über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Diss. Zürich, Zürich 1999, N 4 zu § 19 und N 2 zu § 21 GSVGer sowie Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern, Bern 1997, N 10 zu § 69 VRPG).

b) Die Vorinstanz hat auf Grund der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen zutreffend festgestellt, dass gestützt darauf kein unfallähnliches Ereignis als Auslöser für die erlittenen Meniskusläsionen glaubhaft gemacht ist. Zu beachten ist jedoch, dass die La Suisse dem kantonalen Gericht - entgegen dessen Aufforderung durch prozessleitende Verfügung vom 15. Juni 1999 - nur einen Teil der Akten zusammen mit ihrer Stellungnahme eingereicht hat. Namentlich finden sich weder die Operationsberichte bezüglich des rechten Knies noch das erste Gutachten des Prof. Dr. med. G.________, Facharzt für Chirurgie und Orthopädie, vom 6. Februar 1996 (nunmehr letztinstanzlich seitens des Beschwerdeführers eingereicht) sowie jenes des Spitals Y.________ bei den Akten der La Suisse; auch liegen die in den vorhandenen Unterlagen erwähnten kontroversen Stellungnahmen des Dr. med. V.________ nicht vor. Zudem fällt auf, dass sich keinerlei Notizen über Telefonate mit dem Versicherten oder Berichte der Schadensinspektorin (z.B. jener vom 31. August 1995) bei den Akten befinden.
Insgesamt erwecken die dem Gericht zur Verfügung stehenden Unterlagen den Eindruck, dass die La Suisse nur jene Berichte und Schreiben aufgelegt hat, welche nach ihrem Dafürhalten für die Beurteilung massgeblich sind. Da jedoch nicht auszuschliessen ist, dass sich in den übrigen Unterlagen Hinweise auf die Behauptung des Versicherten finden lassen und die Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen durch das Gericht zu erfolgen hat, steht es nicht im Belieben der La Suisse, lediglich jene Akten dem Gericht zu übermitteln, welche sie für die Beurteilung des Falles als wesentlich erachtet. Mit diesem Vorgehen wird nicht nur das kantonale Prozessrecht (vorab § 21 GSVGer) verletzt, sondern auch die Anwendung der bundesrechtlichen Grundsätze der freien Beweiswürdigung sowie der Feststellung des Sachverhalts von Amtes wegen vereitelt.
Auf Grund der erkennbaren Unvollständigkeit der eingereichten Akten wäre das kantonale Gericht gehalten gewesen, dem Untersuchungsgrundsatz zum Durchbruch zu verhelfen. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese die La Suisse auffordere, sämtliche Akten im Verfahren aufzulegen, und hernach über die Beschwerde neu entscheide.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne
gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 13. September
2000 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen
wird, damit sie im Sinne der Erwägungen
verfahre.

II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III.Die La Suisse hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren
vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 10. Oktober 2001

Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der II. Kammer:

Die Gerichtsschreiberin:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : U 422/00
Datum : 10. Oktober 2001
Publiziert : 10. Oktober 2001
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Unfallversicherung
Gegenstand : [AZA 7] U 422/00 Vr II. Kammer Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und


Gesetzesregister
OG: 95  105  132
UVG: 6 
SR 832.20 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG)
UVG Art. 6 Allgemeines - 1 Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt.
1    Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt.
2    Die Versicherung erbringt ihre Leistungen auch bei folgenden Körperschädigungen, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung oder Erkrankung zurückzuführen sind:
a  Knochenbrüche;
b  Verrenkungen von Gelenken;
c  Meniskusrisse;
d  Muskelrisse;
e  Muskelzerrungen;
f  Sehnenrisse;
g  Bandläsionen;
h  Trommelfellverletzungen.21
3    Die Versicherung erbringt ihre Leistungen ausserdem für Schädigungen, die dem Verunfallten bei der Heilbehandlung zugefügt werden (Art. 10).
108
UVV: 9
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV)
UVV Art. 9 Unfallähnliche Körperschädigungen - Keine Körperschädigung im Sinne von Artikel 6 Absatz 2 UVG stellen nicht unfallbedingte Schäden an Sachen dar, die infolge einer Krankheit eingesetzt wurden und einen Körperteil oder eine Körperfunktion ersetzen.
BGE Register
116-V-136 • 122-V-157 • 122-V-230 • 123-V-43 • 125-V-351
Weitere Urteile ab 2000
U_422/00
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • eidgenössisches versicherungsgericht • 1995 • schriftstück • bundesamt für sozialversicherungen • von amtes wegen • beweismittel • sachverhalt • entscheid • sachverhaltsfeststellung • einladung • anhörung oder verhör • richtigkeit • eigenschaft • rechtsdienst • lausanne • bindung an die parteibegehren • chirurgie • mehrwertsteuer • gesetz über das sozialversicherungsgericht • einspracheentscheid • wiese • gerichtskosten
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