Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

1B 306/2015

Urteil vom 9. Dezember 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic,

gegen

1. Franziska Plüss,
p.A. Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer,
Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau,
2. Jann Six,
p.A. Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer,
Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau,
3. Sandra Massari,
p.A. Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer,
Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau,
4. Monika Rusterholz,
p.A. Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer,
Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau,
Beschwerdegegner,

Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, Wildischachenstrasse 14, 5200 Brugg,

F.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Renate Senn.

Gegenstand
Strafverfahren; Ausstand,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 1. September 2015 des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Am 8. Juli 2013 verurteilte die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach A.________ wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind sowie Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand (FiaZ) zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen und einer Busse von Fr. 900.--. Sie hielt u.a. für erwiesen, dass er zwischen dem 21. Juli und dem 9. August 2012 mehrfach mit der kurz zuvor 14 Jahre alt gewordenen F.________ sexuell verkehrt hatte.
Am 9. Oktober 2013 sprach das Bezirksgericht Zurzach A.________ vom Vorwurf der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Kind frei und verurteilte ihn wegen FiaZ zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen und einer Busse von 800.--.
Am 12. August 2014 verurteilte das Obergericht des Kantons Aargau in der Besetzung Plüss (Präsidentin), Six, Massari und Rusterholz (Gerichtsschreiberin) A.________ auf Berufung der Staatsanwaltschaft sowie F.________s hin wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind sowie FiaZ zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen und einer Busse von Fr. 1'350.--.
Mit Urteil 6B 939/2014 vom 11. Juni 2015 hob das Bundesgericht dieses Urteil des Obergerichts auf und wies die Sache zur Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung mit Befragung der Parteien sowie zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.

B.
Am 1. September 2015 lehnte das Obergericht in der Besetzung Lienhard (präsidierendes Mitglied), Fedier, Vasvàri und Wuffli (Gerichtsschreiber) das Ausstandsgesuch von A.________ gegen die Oberrichter Plüss, Six und Massari sowie gegen die Gerichtsschreiberin Rusterholz ab.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, diesen Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Oberrichter Plüss, Six, Massari und die Gerichtsschreiberin Rusterholz anzuweisen, für das Berufungsverfahren in den Ausstand zu treten. Das Obergericht sei anzuweisen, die Berufung in neuer Besetzung zu beurteilen und die auf den 20. Oktober 2015 angesetzte Berufungsverhandlung vorläufig abzusetzen.

C.
Die Oberrichter Plüss, Six, Massari und die Gerichtsschreiberin Rusterholz verzichten auf Vernehmlassung und verweisen auf ihre im kantonalen Verfahren nach Art. 58 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 58 Ausstandsgesuch einer Partei - 1 Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
1    Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
2    Die betroffene Person nimmt zum Gesuch Stellung.
StPO abgegebenen Erklärungen.
Für das Obergericht beantragt Oberrichter Lienhard, die Beschwerde abzuweisen.

D.
Am 5. Oktober 2015 wies der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch um Anordnung einer vorsorglichen Massnahme ab.

E.
A.________ hält in seiner Replik an der Beschwerde fest.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab, er ermöglicht vielmehr dessen Weiterführung. Es handelt sich um einen selbständig eröffneten, kantonal letztinstanzlichen Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren, gegen den die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 92 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 92 - 1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
1    Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
2    Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden.
BGG zulässig ist. Als Beschuldigter ist der Beschwerdeführer zur Beschwerde berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
und b BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 56 lit. f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 56 Ausstandsgründe - Eine in einer Strafbehörde tätige Person tritt in den Ausstand, wenn sie:
a  in der Sache ein persönliches Interesse hat;
b  in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, als Rechtsbeistand einer Partei, als Sachverständige oder Sachverständiger, als Zeugin oder Zeuge, in der gleichen Sache tätig war;
c  mit einer Partei, ihrem Rechtsbeistand oder einer Person, die in der gleichen Sache als Mitglied der Vorinstanz tätig war, verheiratet ist, in eingetragener Partnerschaft lebt oder eine faktische Lebensgemeinschaft führt;
d  mit einer Partei in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem dritten Grad verwandt oder verschwägert ist;
e  mit dem Rechtsbeistand einer Partei oder einer Person, die in der gleichen Sache als Mitglied der Vorinstanz tätig war, in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist;
f  aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte.
StPO. Danach hat ein Mitglied einer Strafbehörde in den Ausstand zu treten, wenn es aus andern (als in den unter lit. a-g aufgezählten) Gründen befangen sein könnte. Er lehnt die Mitglieder des Berufungsgerichts nicht wegen Verfahrensfehlern ab und stellt auch die Bundesgerichtspraxis nicht in Frage, wonach ein Richter nicht schon deshalb wegen Vorbefassung in den Ausstand zu treten hat, weil er eine Strafsache vor einem Rückweisungsentscheid schon einmal beurteilt hat. Er macht bloss geltend, das Berufungsgericht habe in seinem Urteil vom 12. August 2014 die Aussagen, die der Beschuldigte und die Privatklägerin im Vorverfahren und an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung gemacht hätten, abschliessend gewürdigt. Es sei zum Schluss gekommen, dass keine Zweifel daran bestünden, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen sexuellen Handlungen, die von der Privatklägerin geschildert wurden, stattgefunden hätten. Zudem ergebe sich aus dem Umstand, dass es sein Urteil im schriftlichen Verfahren gefällt habe, dass es die Einvernahmen des Beschwerdeführers und der Privatklägerin an der Berufungsverhandlung als für seine Entscheidfindung unerheblich betrachte. Die daran
beteiligten Gerichtsmitglieder hätten sich damit festgelegt, es erscheine unwahrscheinlich, dass sie ihre Auffassung aufgrund der an der Berufungsverhandlung durchzuführenden Einvernahmen noch ändern würden.

2.2. Nach Art. 56 lit. f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 56 Ausstandsgründe - Eine in einer Strafbehörde tätige Person tritt in den Ausstand, wenn sie:
a  in der Sache ein persönliches Interesse hat;
b  in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, als Rechtsbeistand einer Partei, als Sachverständige oder Sachverständiger, als Zeugin oder Zeuge, in der gleichen Sache tätig war;
c  mit einer Partei, ihrem Rechtsbeistand oder einer Person, die in der gleichen Sache als Mitglied der Vorinstanz tätig war, verheiratet ist, in eingetragener Partnerschaft lebt oder eine faktische Lebensgemeinschaft führt;
d  mit einer Partei in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem dritten Grad verwandt oder verschwägert ist;
e  mit dem Rechtsbeistand einer Partei oder einer Person, die in der gleichen Sache als Mitglied der Vorinstanz tätig war, in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist;
f  aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte.
StPO hat ein Mitglied einer Strafbehörde u.a. dann in den Ausstand zu treten, wenn es in einer anderen Stellung in der gleichen Sache tätig war. Nach Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV und Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, denen in dieser Hinsicht dieselbe Tragweite zukommt, hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Liegen bei objektiver Betrachtungsweise Gegebenheiten vor, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, so ist die Garantie verletzt (BGE 135 I 14 E. 2; 133 I 1 E. 6.2; 131 I 113 E. 4.4; 125 I 219 E. 3a). Eine gewisse Besorgnis der Voreingenommenheit und damit Misstrauen in das Gericht kann bei den Parteien immer dann entstehen, wenn einzelne Richter oder der Gerichtsschreiber in einem früheren Verfahren mit der konkreten Streitsache schon einmal befasst waren. In einem solchen Fall so genannter Vorbefassung stellt sich die Frage, ob sich diese durch ihre Mitwirkung an früheren Entscheidungen in einzelnen Punkten bereits in einem Mass festgelegt haben, die sie nicht mehr als unvoreingenommen und dementsprechend das Verfahren als nicht mehr
offen erscheinen lassen. Ob dies der Fall ist, kann nicht generell gesagt werden; es ist nach der Rechtsprechung vielmehr in jedem Einzelfall zu untersuchen, ob die konkret zu entscheidende Rechtsfrage trotz Vorbefassung als offen erscheint (BGE 131 I 113 E. 3.4; 126 I 68 E. 3c mit Hinweisen). Dabei ist allerdings nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen, das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt allerdings, dass Umstände vorliegen, die objektiv den Anschein der Befangenheit erwecken; für die Ablehnung wird nicht verlangt, dass der Richter tatsächlich befangen ist (BGE 136 I 207 E. 3.1 mit Hinweisen).
Bei Rückweisungen an die Vorinstanz ist die Mitwirkung der am aufgehobenen Entscheid beteiligten Gerichtsmitglieder am neuen Entscheid verfassungsrechtlich in der Regel nicht zu beanstanden (BGE 131 I 113 E. 3.6 S. 120; 116 Ia 28 E. 2a; Urteil 1B 67/2014 vom 31. März 2014 E. 2.1 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). Es ist davon auszugehen, dass ein Gerichtsmitglied in der Lage ist, beim neuen Entscheid der Rechtsauffassung der höheren Instanz Rechnung zu tragen und deren Weisungen zu befolgen. Anders verhält es sich nur ausnahmsweise, etwa wenn ein Richter durch sein Verhalten oder durch Bemerkungen klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er nicht willens oder fähig ist, von seiner im aufgehobenen Entscheid vertretenen Auffassung Abstand zu nehmen und die Sache unbefangen neu wieder aufzunehmen (BGE 138 IV 142 E. 2.3 S. 146; Urteil 1B 67/2014 vom 31. März 2014 E. 2.1).

2.3. Vorliegend hat das Bundesgericht die Auffassung des Obergerichts, es könne die Berufung des Beschwerdeführers ohne Durchführung einer Berufungsverhandlung im schriftlichen Verfahren beurteilen, korrigiert. Dieses wird damit insbesondere den Beschwerdeführer und die Privatklägerin selber einvernehmen müssen, um den in einer "Aussage gegen Aussage-Situation" für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussagen besonders wichtigen persönlichen Eindruck von den beiden zu erhalten. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern die Gerichtsmitglieder nicht in der Lage sein sollten, aufgrund einer veränderten bzw. insbesondere um die noch durchzuführenden Einvernahmen ergänzten Beweislage den Fall neu zu beurteilen.
Der Beschwerdeführer sieht einen Anhaltspunkt für die Befangenheit der am ersten Entscheid in dieser Sache beteiligten Gerichtsmitglieder darin, dass der Verfahrensleiter Six in seiner Verfügung vom 1. Juli 2015 darauf hingewiesen habe, dass sich die Berufungsverhandlung vom 20. Oktober 2015 auf die Einvernahme des Beschuldigten sowie der Privatklägerin und deren Mutter sowie die Stellungnahme der Parteien dazu beschränke. Eine neue Berufungsbegründung und eine Berufungsantwort würden nicht eingeholt. Daraus ergebe sich, dass das Gericht die Berufungsverhandlung nur pro forma durchführen wolle, um das bereits feststehende, für ihn nachteilige Ergebnis des ersten Urteils zu legitimieren.
Einmal abgesehen davon, dass diese Vorwürfe einzig Oberrichter Six betreffen, sind sie offensichtlich unbegründet. Weder ergibt sich aus dem Rückweisungsentscheid, dass das Obergericht dem Beschwerdeführer die Gelegenheit zur Einreichung einer neuen Berufungsbegründung hätte einräumen müssen, noch aus der umstrittenen Verfügung, dass Oberrichter Six nicht gewillt wäre, die Berufungsverhandlungen nach den Weisungen des Bundesgerichts durchzuführen. Die Vorwürfe des Beschwerdeführers gegen die Durchführung der Berufungsverhandlung sind ohnehin rein spekulativ, da sie noch gar nicht stattgefunden hat.

3.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach, F.________ und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Dezember 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1B_306/2015
Datum : 09. Dezember 2015
Publiziert : 27. Dezember 2015
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Zuständigkeitsfragen, Garantie des Wohnsitzrichters und des verfassungsmässigen Richters
Gegenstand : Strafverfahren; Ausstand


Gesetzesregister
BGG: 66 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
81 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
92
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 92 - 1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
1    Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
2    Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden.
BV: 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
EMRK: 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
StPO: 56 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 56 Ausstandsgründe - Eine in einer Strafbehörde tätige Person tritt in den Ausstand, wenn sie:
a  in der Sache ein persönliches Interesse hat;
b  in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, als Rechtsbeistand einer Partei, als Sachverständige oder Sachverständiger, als Zeugin oder Zeuge, in der gleichen Sache tätig war;
c  mit einer Partei, ihrem Rechtsbeistand oder einer Person, die in der gleichen Sache als Mitglied der Vorinstanz tätig war, verheiratet ist, in eingetragener Partnerschaft lebt oder eine faktische Lebensgemeinschaft führt;
d  mit einer Partei in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem dritten Grad verwandt oder verschwägert ist;
e  mit dem Rechtsbeistand einer Partei oder einer Person, die in der gleichen Sache als Mitglied der Vorinstanz tätig war, in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist;
f  aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte.
58
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 58 Ausstandsgesuch einer Partei - 1 Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
1    Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
2    Die betroffene Person nimmt zum Gesuch Stellung.
BGE Register
116-IA-28 • 125-I-209 • 126-I-68 • 131-I-113 • 133-I-1 • 135-I-14 • 136-I-207 • 138-IV-142
Weitere Urteile ab 2000
1B_306/2015 • 1B_67/2014 • 6B_939/2014
Stichwortregister
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ausstand • aargau • strafgericht • bundesgericht • gerichtsschreiber • aarau • geldstrafe • verurteilter • busse • sexuelle handlung mit einem kind • beschuldigter • weisung • entscheid • beschwerde in strafsachen • vorinstanz • frage • wiese • schriftliches verfahren • anhörung oder verhör • verfahrensbeteiligter • gerichtskosten • beschwerdeantwort • richterliche behörde • begründung des entscheids • zwischenentscheid • wille • rechtsanwalt • sachverhalt • mutter • sexuelle handlung • mass • weiler • verfassungsrecht • literatur • sprache • kantonales verfahren • verhalten • strafsache • replik • beschwerdegegner • vorsorgliche massnahme • lausanne • zweifel • errichtung eines dinglichen rechts • vorverfahren
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