Tribunal federal
{T 0/2}
1P.354/2003 /err
Urteil vom 9. Oktober 2003
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Reeb,
Gerichtsschreiber Pfisterer.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Kantonsgericht Freiburg, Strafappellationshof, Postfach 56, 1702 Freiburg.
Gegenstand
Art. 9

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg, Strafappellationshof, vom 6. Mai 2003.
Sachverhalt:
A.
X.________ amtete seit dem 1. April 1996 im Strafverfahren gegen Y.________ als dessen amtlicher Verteidiger. Das Kantonsgericht Freiburg, Strafappellationshof, verurteilte Y.________ am 28. Januar 2003 wegen mehrerer Delikte und auferlegte ihm die Verfahrenskosten.
B.
X.________ reichte beim Kantonsgericht, Strafappellationshof, am 3. April 2003 eine Kostenliste für die amtliche Verteidigung ab dem 1. Januar 1999 über einen Totalbetrag von Fr. 24'604.90 ein (für die Aufwendungen bis 31. Dezember 1998 war er bereits früher entschädigt worden). Für das erstinstanzliche Verfahren beantragte er ein Honorar von Fr. 15'237.50, zuzüglich Auslagen (Fr. 248.90), Reiseentschädigung (Fr. 294.--) und Mehrwertsteuer (1'199.30). Für das Berufungsverfahren listete er ein Honorar von Fr. 6'962.50, Auslagen von Fr. 124.10 und die Mehrwertsteuer von Fr. 538.60 auf.
Mit Entscheid vom 6. Mai 2003 setzte das Kantonsgericht, Strafappellationshof, die Entschädigung pauschal auf insgesamt Fr. 18'261.30 fest, zuzüglich Mehrwertsteuer von Fr. 1'387.85.
C.
X.________ führt gegen diesen Entscheid mit Eingabe vom 10. Juni 2003 staatsrechtliche Beschwerde und beantragt dessen Aufhebung.
Das Kantonsgericht Freiburg verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid, der ihm eine tiefere als die geforderte Entschädigung als amtlicher Verteidiger zuerkannte, in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen (Art. 88

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |

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2.
2.1 Der Beschwerdeführer erhebt einerseits die Rüge, das Kantonsgericht habe das Willkürverbot von Art. 9

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2.2 Angesichts der formellen Natur des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BGE 127 I 128 E. 4d S. 132; 127 V 431 E. 3d S. 437, je mit Hinweisen) ist die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
3.
3.1 Aus dem Gebot der Gewährung des rechtlichen Gehörs von Art. 29 Abs. 2

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
Eidgenössischen Versicherungsgerichts U 181/94 vom 23. März 1995, E. 1b).
3.2 Nach Art. 24 Abs. 1 und Art. 27 des Gesetzes vom 4. Oktober 1999 über die unentgeltliche Rechtspflege (URPG, SGF 136.1), das auch für Verfahren gilt, die vor seinem Inkrafttreten am 1. Juli 2000 eingeleitet wurden (Art. 41 URPG), entrichtet der Staat dem amtlichen Verteidiger für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren zusätzlich zu den Reiseentschädigungen einen angemessenen Betrag. Dieser wird vom Strafappellationshof gegen Vorweisung des Kostenverzeichnisses und unter Berücksichtigung der Umstände der Strafsache und der Anzahl der Sitzungen festgelegt. In Betracht gezogen werden der Arbeitsaufwand sowie der Umfang und der Schwierigkeitsgrad der Angelegenheit (Art. 1 Abs. 1 des Tarifs vom 14. Juni 2000 über die Entschädigung der Rechtsbeistände bei der unentgeltlichen Rechtspflege in Zivil- und Strafsachen und bei der Hilfe an Opfer von Straftaten, SGF 136.12; in der Folge "URPT"). Die notwendigen Auslagen werden zu ihrem vollen Preis entschädigt (Art. 2 Abs. 1 URPT). Reiseentschädigungen umfassen sämtliche Kosten für Transport, Mahlzeiten, Zeitverlust usw. und werden bei der amtlichen Verteidigung und einer Gesamtstrecke von unter 100 Kilometern mit Fr. 2. 45 je Kilometer entschädigt (Art. 2 Abs. 3 URPT sowie Art. 4 Abs.
1, 3 Abs. 2 und 2 Abs. 1 des Beschlusses vom 4. Juni 1974 betreffend die Festsetzung der Reiseentschädigungen der Rechtsanwälte, SGF 137.25).
3.3 Nach dem Dafürhalten des Beschwerdeführers ist es nicht nachvollziehbar, weshalb das Gericht davon ausgegangen ist, er habe bei den einzelnen Besprechungs- und Gerichtsterminen jeweils Reisezeit eingerechnet. Es gehe auch nicht aus dem Urteil hervor, inwiefern der angegebene Zeitaufwand oder die geltend gemachten Auslagen nicht notwendig und die Entschädigung deshalb zu kürzen gewesen seien.
3.4 Das Kantonsgericht kürzte die Reiseentschädigung mit der Begründung, gemäss Art. 1 des Beschlusses betreffend die Reiseentschädigung sei die Reisezeit bereits in der Entschädigung inbegriffen. Der Beschwerdeführer hat jedoch in der Kostenliste beim Zeitaufwand nicht ausdrücklich Reisezeit aufgeführt, sondern in der Rubrik "Reisekosten" die tarifgemässen Fr. 2.45 pro Kilometer eingesetzt. Weshalb das Kantonsgericht dennoch davon ausgegangen ist, der Beschwerdeführer habe bei den Gerichts- und Besprechungsterminen einen Reisezeitzuschlag gemacht, ist nicht begründet. Es hat überdies nicht ausgeführt, bei welchen Positionen es Zeitaufwand gestrichen hat, in der Annahme, es handle sich um Reisezeit. Es ist dementsprechend auch nicht klar, was die unter dem Titel "Reisezeit" auszurichtenden Fr. 220.50 noch abgelten sollen. Gleiches gilt in Bezug auf die Auslagen. Der Beschwerdeführer machte Aufwendungen von Fr. 373.-- geltend, das Kantonsgericht erachtete lediglich Fr. 290.80 als ausgewiesen. Welche Auslagen es gestrichen hat, geht aus dem Urteil nicht hervor.
Dieses im Ergebnis nicht unerhebliche Abweichen von der Kostenliste hätte in den einzelnen vorgenannten Punkten zumindest summarisch begründet werden müssen. Das Kantonsgericht hat dies nicht getan, weshalb es Art. 29 Abs. 2

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
4.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist demnach gutzuheissen. Da der Anspruch auf rechtliches Gehör formeller Natur ist (vgl. E. 2.2), muss nicht mehr geprüft werden, ob die weiteren Rügen begründet sind.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
Demnach erkennt das Bundesgericht
im Verfahren nach Art. 36a

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und der Entscheid des Kantonsgerichts Freiburg, Strafappellationshof, vom 6. Mai 2003 wird aufgehoben.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Freiburg hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 800.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Kantonsgericht Freiburg, Strafappellationshof, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. Oktober 2003
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: