Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1P.399/2005 /zga

Urteil vom 8. Mai 2006
I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Nay, Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Bosonnet,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Cornel Wehrli,
SUVA Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, St. Jakobs-Strasse 24, Postfach, 4002 Basel,
Beschwerdegegner
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau.

Gegenstand
Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 26. April 2005.

Sachverhalt:
A.
Das Bezirksgericht Baden befand X.________ mit Urteil vom 26. Februar 2004 des versuchten Mordes, der Gefährdung des Lebens und der falschen Anschuldigung schuldig, sprach eine Zuchthausstrafe von 7 ½ Jahren aus, ordnete eine vollzugsbegleitende Massnahme an, zog sichergestellte Gegenstände ein und traf Anordnungen betreffend Schadenersatz- und Genugtuungszahlungen (u.a. zugunsten der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt SUVA und von Y.________). X.________ wurde vorgeworfen, zusammen mit Z.________ versucht zu haben, ihren (getrennt von ihr lebenden) Ehemann Y.________ umzubringen; einerseits sei dieser durch das Lösen der Radschrauben am Fahrzeug einer lebensgefährdenden Situation ausgesetzt und andererseits in mörderischer Absicht durch Dolchstoss am 31. Juli 2001 verletzt worden.

Das Obergericht des Kantons Aargau wies die von X.________ erhobene Berufung am 26. April 2005 ab.
B.
Gegen diesen Entscheid des Obergerichts hat X.________ beim Bundesgericht am 1. Juli 2005 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Sie macht einerseits als Verletzung von Art. 31 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
bzw. Art. 32 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV, Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und Art. 14 Ziff. 3 lit. g
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 14 - (1) Alle Menschen sind vor Gericht gleich. Jedermann hat Anspruch darauf, dass über eine gegen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen durch ein zuständiges, unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung (ordre public) oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft oder wenn es im Interesse des Privatlebens der Parteien erforderlich ist oder - soweit dies nach Auffassung des Gerichts unbedingt erforderlich ist - unter besonderen Umständen, in denen die Öffentlichkeit des Verfahrens die Interessen der Gerechtigkeit beeinträchtigen würde, können Presse und Öffentlichkeit während der ganzen oder eines Teils der Verhandlung ausgeschlossen werden; jedes Urteil in einer Straf- oder Zivilsache ist jedoch öffentlich zu verkünden, sofern nicht die Interessen Jugendlicher dem entgegenstehen oder das Verfahren Ehestreitigkeiten oder die Vormundschaft über Kinder betrifft.
a  Er ist unverzüglich und im Einzelnen in einer ihm verständlichen Sprache über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Anklage zu unterrichten;
b  er muss hinreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung und zum Verkehr mit einem Verteidiger seiner Wahl haben;
c  es muss ohne unangemessene Verzögerung ein Urteil gegen ihn ergehen;
d  er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
e  er darf Fragen an die Belastungszeugen stellen oder stellen lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter den für die Belastungszeugen geltenden Bedingungen erwirken;
f  er kann die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen, wenn er die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht;
g  er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen.
UNO-Pakt II geltend, sie sei anlässlich ihrer ersten Einvernahmen nicht auf ihr Schweigerecht aufmerksam gemacht worden, weshalb diese nicht verwertbar seien. Anderseits rügt sie als Verletzung von Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
und Art. 32 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV sowie von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, dass im Vorfeld der Einvernahmen sog. Vorgespräche geführt worden seien, die nicht protokolliert worden sind.

Die Staatsanwaltschaft hat auf Vernehmlassung verzichtet. Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde und weist darauf hin, dass die Beschwerdeführerin vorerst in der Eigenschaft als Auskunftsperson und später in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin einvernommen worden sei. Die SUVA und Y.________ (Beschwerdegegner) haben sich nicht geäussert.

Die Beschwerdeführerin in ihrer Replik und das Obergericht in seiner Duplik halten an ihren Auffassungen und Anträgen fest. Die Duplik wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Über die formelle Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges hinaus verlangt Art. 86 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OG, dass der Instanzenzug auch in materieller Hinsicht ausgeschöpft wird und die im bundesgerichtlichen Verfahren geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Rügen bereits bei den kantonalen Instanzen zumindest sinngemäss vorgebracht werden. Daraus ergibt sich für das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren das grundsätzliche Verbot, tatsächliche oder rechtliche Noven vorzubringen. Rechtliche Noven werden indes ausnahmsweise als zulässig betrachtet, wenn die letzte kantonale Instanz volle Überprüfungsbefugnis besass und das Recht von Amtes wegen anzuwenden hatte und wenn die Verfassungsrügen gegenüber der Anrufung des Willkürverbots eigenständige Bedeutung aufweisen und nicht in Verletzung des Gebotes von Treu und Glauben erhoben werden (vgl. BGE 131 I 31 E. 2.1.1 S. 33, 128 I 354 E. 6c S. 357). Diese Voraussetzungen treffen auf die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
, Art. 31 Abs. 2 und 32 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV sowie der Bestimmungen der EMRK und des UNO-Paktes zu. Demnach erweist sich die Beschwerde trotz des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin den mangelnden Hinweis auf ihr Schweigerecht vor dem Obergericht nicht vorgebracht hatte, als
zulässig.

Im Übrigen geben die Eintretensvoraussetzungen zu keinen Bemerkungen Anlass.
2.
Es ist als allgemeiner Grundsatz des Strafprozessrechts anerkannt, dass niemand gehalten ist, zu seiner Belastung beizutragen, und der in einem Strafverfahren Beschuldigte nicht zur Aussage verpflichtet ist und von seinem Aussageverweigerungsrecht ohne Nachteil Gebrauch machen kann (BGE 130 I 126 E. 2.1 S. 128, mit Hinweisen). Die Rechtsprechung hat aus Art. 31 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV - wonach jede Person, der die Freiheit entzogen wird, Anspruch darauf hat, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzuges und über ihre Rechte unterrichtet zu werden - die eigenständige verfassungsrechtliche Pflicht der Behörden abgeleitet, den Beschuldigten (auch) über sein Aussageverweigerungsrecht aufzuklären. Sie gilt in Anbetracht der besondern Drucksituation für alle Arten des Freiheitsentzuges und ist von sämtlichen Behörden zu beachten (BGE 130 I 126 E. 2 S. 128 ff.). Wegen des formellrechtlichen Charakters der Aufklärungspflicht sind Aussagen bei unterlassener Unterrichtung grundsätzlich nicht bzw. in Abwägung der entgegenstehenden Interessen lediglich ausnahmsweise verwertbar (BGE 130 I 126 E. 3 S. 131; vgl. auch Urteile 6P.171/2005 vom 30. November 2005 E. 2 und 6P.161/2004 vom 16. März 2005 E. 2.2; vgl. zur
bundesgerichtlichen Rechtsprechung Regina Kiener, in: ZBJV 141/2005 S. 697; Hans Vest/ Andreas Eicker, Aussageverweigerungsrecht und Beweisverwertungsverbot, in: AJP 2005 S. 883).
2.1 Die Beschwerdeführerin wurde am 1. August 2001 als Auskunftsperson zur Sache betreffend den "Vorfall zwischen Z.________ und Y.________ vom 31.7.2001" befragt. Sie wurde nicht darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Aussage verweigern könne.

Nach § 105 der Strafprozessordnung des Kantons Aargau (StPO) wird als Auskunftsperson befragt, wer einer strafbaren Handlung verdächtig erscheint oder aus einem andern Grunde als befangen zu betrachten ist. Da das Obergericht den Schuldspruch nicht auf diese Befragung als Auskunftsperson abstellte, kann offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin auf ein Aussageverweigerungsrecht hätte hingewiesen werden müssen.
2.2 Massgebend für den Schuldspruch waren die Einvernahmen der Beschwerdeführerin als Beschuldigte in der Zeitspanne vom 24. August bis und mit 12. September 2001. Während dieser Zeit befand sich die Beschwerdeführerin in Haft und war durch keinen Rechtsbeistand vertreten; ein solcher war zwar am 5. September 2001 ernannt worden, nahm aber erst an der Konfrontationseinvernahme vom 9. Oktober 2001 teil. Die Beschwerdeführerin kann sich daher auf Art. 31 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV und die daraus abgeleitete Pflicht der Behörden zum Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht berufen. Den Protokollen ist kein entsprechender Vermerk zu entnehmen, obwohl die Beschwerdeführerin auf Art. 303
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
StGB hingewiesen worden ist. Seitens der Behörden wird nicht geltend gemacht, dass die Beschwerdeführerin auf ihr Schweigerecht aufmerksam gemacht worden wäre (wie dies heute § 62 Abs. 1 lit. b StPO in der Fassung vom 2. Juli 2002 vorschreibt). Schliesslich sind keine Indizien ersichtlich, dass sich die Beschwerdeführerin über ihr Schweigerecht im Klaren gewesen wäre.

Indem die Beschwerdeführerin bei den angeführten entscheidwesentlichen Einvernahmen nicht auf ihr Aussageverweigerungsrecht hingewiesen wurde, ist Art. 31 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV verletzt worden.
3.
Die Beschwerdeführerin rügt ferner als Verletzung von Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
und Art. 32 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV und Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, dass den förmlich protokollierten Einvernahmen in der Zeitspanne vom 24. August bis und mit 12. September 2001 mehrere stundenlange Vorgespräche vorangegangen sind, welche lediglich erwähnt, indes nicht protokolliert worden sind.

Das Obergericht führt in der Vernehmlassung aus, dass solche Vorgespräche unumgänglich seien und dass im vorliegenden Fall keine Indizien auf eine unkorrekte Durchführung bzw. auf eine unzulässige Einflussnahme auf die förmlichen Befragungen hinweisen würden.
3.1 Die Beschwerdeführerin bezieht sich in ihrer Beschwerde nicht auf kantonales Verfahrensrecht und die in § 54 f. StPO enthaltenen Bestimmungen betreffend das Protokoll, sondern macht ausschliesslich eine Verletzung von Bundesverfassungsrecht geltend. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV umfasst verschiedene Teilgehalte und räumt das Recht ein, sich vor Erlass einer Entscheidung zu äussern, Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen und mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden. Dem entspricht die Pflicht der Behörden, die Argumente und Verfahrensanträge entgegenzunehmen und zu prüfen und ihre Entscheidungen zu begründen (vgl. BGE 124 I 241 E. 2 S. 242). Die Wahrnehmung dieser Rechte, insbesondere des Akteneinsichts- und Beweisführungsrechts, setzt eine entsprechende Aktenführungspflicht voraus. Die Behörden haben alles in den Akten festzuhalten, was zur Sache gehört und entscheidwesentlich sein kann. Grundsätzlich ist über entscheidwesentliche Abklärungen, Zeugeneinvernahmen und Befragungen sowie Verhandlungen ein Protokoll zu führen (BGE 130 II 473 E. 4.1 und 4.2 S. 477, 131 II 670 E. 4.3 S. 679, 129 I 85 E. 4.1 S. 88).

Im Einzelfall hängt der Umfang der Protokollierungspflicht von den konkreten Umständen und der Art des Verfahrens ab (BGE 130 II 473 E. 4.1 und 4.2 S. 477). Für das Strafverfahren wird in der Rechtsprechung etwa verlangt, dass die für den Verfahrensausgang wesentlichen Zeugenaussagen anlässlich der Hauptverhandlung protokolliert werden (BGE 126 I 15). Gleichermassen sind Einvernahmen von Beschuldigten im Hinblick auf das Beweisverfahren und das materielle Urteil zu protokollieren. Die Strafprozessordnung schreibt die Protokollierung denn auch ausdrücklich vor. In Anbetracht der auf dem Spiele stehenden Interessen ist die Protokollierungspfllicht grundsätzlich streng zu handhaben. Die Protokollierung erst ermöglicht den Beschuldigten wie auch andern am Verfahren Beteiligten (Geschädigte oder Opfer) die Wahrnehmung ihrer Rechte und ist Grundlage für die Wahrheitssuche, das schliesslich auszusprechende Urteil und die Überprüfung durch Rechtsmittelinstanzen. Das Führen eines Protokolls ist insoweit Ausfluss der Dokumentationspflicht und steht im Dienste der Gewährleistung eines fairen Verfahrens (Schmid, a.a.O., Rz. 205 ff. und 564 ff.; Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 44 Rz. 24a;
Oberholzer, a.a.O. Rz. 953 ff.; Jürg Aeschlimann, Einführung in das Strafprozessrecht, Bern 1997, Rz. 723 ff.).
3.2 Vor diesem Hintergrund erscheinen die ausgedehnten und nicht protokollierten Vorgespräche als problematisch. Wie es sich damit im Einzelnen verhält, kann angesichts der Begründetheit der Beschwerde hinsichtlich der Befragungen in der Zeitspanne vom 24. August bis und mit 12. September 2001 (oben E. 2.2) offen bleiben.
4.
Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der Einvernahmen in der Zeit vom 24. August bis und mit 12. September 2001 in Verletzung von Art. 31 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV nicht auf ihr Aussageverweigerungsrecht aufmerksam gemacht worden ist (E. 2.2), führt zur Frage von deren Verwertbarkeit. Nach der Rechtsprechung besteht kein absolutes Verwertungsverbot. In Abwägung der entgegenstehenden Interessen können auch unrechtmässig erhobene Beweise zu Lasten des Beschuldigten verwendet werden (BGE 130 I 126 E. 3.1 und 3.2 S. 131, 131 I 272 E. 4 S. 278). Das Bundesgericht hat allerdings entschieden, dass Aussagen, die in Unkenntnis des Schweigerechts gemacht worden sind, wegen des formellen Charakters der behördlichen Aufklärungspflicht grundsätzlich unverwertbar sind (BGE 130 I 126 E. 3.3 S. 132). Gründe, die eine Ausnahme vom Verwertungsverbot zulassen würden, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Das führt zur Unverwertbarkeit der Einvernahmen vom 24. August, 26. August, 31. August und 12. September 2001, soweit sich die Beschwerdeführerin darin selber belastete.

Das Obergericht macht in seiner Stellungnahme geltend, dass die Aussagen der Beschwerdeführerin bis zum 12. September 2001 zwar erheblich, indessen nicht allein entscheidend seien. Wie es sich damit verhält, ist nicht im vorliegenden Verfahren durch das Bundesgericht zu beurteilen. Vielmehr hat das Obergericht das Berufungsverfahren wieder aufzunehmen und unter Beachtung der Unverwertbarkeit der genannten Einvernahmen erneut über den Schuldspruch zu befinden.
5.
Demnach ist die Beschwerde gutzuheissen und das Urteil des Obergerichts aufzuheben. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
OG) und hat der Kanton Aargau die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
OG). Damit wird das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gegenstandslos. Die Beschwerdegegner, nämlich Y.________ und die SUVA, haben sich am bundesgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt und sind demnach nicht zu entschädigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 26. April 2005 aufgehoben.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 8. Mai 2006
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1P.399/2005
Datum : 08. Mai 2006
Publiziert : 26. Mai 2006
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafprozess
Gegenstand : Strafverfahren


Gesetzesregister
BV: 29 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
31 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
32
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
EMRK: 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OG: 86  156  159
SR 0.103.2: 14
StGB: 303
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
BGE Register
124-I-241 • 126-I-15 • 128-I-354 • 129-I-85 • 130-I-126 • 130-II-473 • 131-I-272 • 131-I-31 • 131-II-670
Weitere Urteile ab 2000
1P.399/2005 • 6P.161/2004 • 6P.171/2005
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
aarau • aargau • akteneinsicht • anhörung oder verhör • anspruch auf rechtliches gehör • auskunftsperson • aussageverweigerungsrecht • begründung des entscheids • beschuldigter • beschwerdegegner • beweisverwertungsverbot • bundesgericht • charakter • duplik • eigenschaft • entscheid • falsche anschuldigung • frage • gefährdung des lebens • gerichtsschreiber • gerichtsverhandlung • kenntnis • lausanne • mord • opfer • postfach • protokoll • prozessvertretung • prozessvoraussetzung • rechtsanwalt • rechtsmittelinstanz • replik • sachverhalt • schadenersatz • schweizerische strafprozessordnung • sprache • staatsrechtliche beschwerde • strafbare handlung • strafgericht • strafprozess • treffen • treu und glauben • unentgeltliche rechtspflege • uno-pakt ii • verfassungsrecht • volle überprüfungsbefugnis • von amtes wegen • wiese • zuchthausstrafe
AJP
2005 S.883
ZBJV
141/2005 S.697