Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-3853/2011

Urteil vom 8. Juli 2011

Richter Andreas Trommer (Vorsitz),

Besetzung Richter Jean-Daniel Dubey, Richter Blaise Vuille,

Gerichtsschreiber Julius Longauer.

A._______,

im Transit des Flughafens Zürich, 8050 Zürich,
Parteien
Beschwerdeführer,

vertreten durch Dr. iur. René Bussien, Rechtsanwalt,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverweigerung und Wegweisung am Flughafen.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,

dass der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Kameruns, am 6. Juli 2011 von Kamerun kommend auf dem Flughafen Zürich ankam, um von dort - wie er behauptet - nach Brüssel weiterzureisen,

dass sich der Beschwerdeführer gegenüber den Grenzkontrollorganen mit einem kamerunischen Reisepass und einem belgischen Aufenthaltstitel, dem "Certificat d'inscription au registre des étrangers" auswies,

dass der vorgelegte Aufenthaltstitel im daraufhin eingeholten Untersuchungsbericht des Fachdienstes Grenzkontrolle/Ausweisprüfung bei der Kantonspolizei Zürich vom 6. Juli 2011 als Totalfälschung bezeichnet wurde,

dass dem Beschwerdeführer am 6. Juli 2011 das rechtliche Gehör zum Fälschungsvorwurf gewährt wurde, er von der Möglichkeit zur Stellungnahme jedoch keinen Gebrauch machte,

dass daher gegen den Beschwerdeführer am 7. Juli 2011 gestützt auf Art. 65 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) eine Verfügung betr. Einreiseverweigerung und Wegweisung erging,

dass der Beschwerdeführer gegen die vorgenannte Verfügung am 7. Juli 2011 ein Rechtsmittel einlegte mit dem Antrag, es sei ihm die Einreise bzw. Weiterreise nach Brüssel zu gestatten,

dass er in verfahrensrechtlicher Hinsicht um Erteilung der aufschiebenden Wirkung und um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege mit Rechtsanwalt Bussien als unentgeltlichem Beistand ersucht,

dass die Vorinstanz mit Vernehmlassung vom 8. Juli 2011 auf Abweisung der Beschwerde schliesst,

dass der Beschwerdeführer mit Replik vom 8. Juli 2011 an seinem Rechtsmittel festhält,

dass Verfügungen des BFM mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden können (Art. 31 ff . des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]),

dass der Beschwerdeführer legitimiert ist und auf seine frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzutreten ist (Art. 48 ff . des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021] und Art. 65 Abs. 2 AuG),

dass die Bestimmungen des AuG und seiner Ausführungsverordnungen über das Visumverfahren und über die Ein- und Ausreise nur soweit gelten, als die Schengen-Assoziierungsabkommen keine abweichende Regelung treffen (Art. 2 Abs. 4 AuG),

dass in der vorliegenden Streitsache die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex, SGK) einschlägig ist,

dass Art. 5 Abs. 1 SGK eine Reihe von Voraussetzungen festlegt, die drittstaatsangehörige Personen (vgl. Art. 2 Ziff. 6 SGK) für die rechtmässige Einreise über die Aussengrenzen des Schengen-Raums (vgl. Art. 2 Ziff. 2 SGK) erfüllen müssen,

dass drittstaatsangehörigen Personen, die nicht alle Einreisevoraussetzungen des Artikels 5 Abs. 1 SGK erfüllen und nicht zu dem in Art. 5 Abs. 4 SGK genannten Personenkreis gehören, die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verweigern ist und sie aus der Schweiz wegzuweisen sind (Art. 65 Abs. 1 AuG und Art. 13 Abs. 1 SGK),

dass die Anwendung besonderer Bestimmungen zum Asylrecht und zum internationalen Schutz oder zur Ausstellung von Visa für längerfristige Aufenthalte vorbehalten bleibt (Art. 13 Abs. 1 SGK),

dass Staatsangehörige Kameruns für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein Schengen-Visum benötigen, es sei denn sie sind Inhaber eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels oder eines gültigen (nationalen) Visums für den längerfristigen Aufenthalt (Art. 5 Abs. 1 Bst. b SGK),

dass der Beschwerdeführer bei der Einreise nicht ein Visum, sondern einen belgischen Aufenthaltstitel vorlegte, nämlich ein "Certificat d'inscription au registre des étrangers",

dass es sich bei dem vorgelegten Aufenthaltstitel gemäss Untersuchungsbericht des Fachdienstes Grenzkontrolle/Ausweisprüfung bei der Kantonspolizei Zürich vom 6. Juli 2011 um eine Totalfälschung handelt,

dass der Fachdienst zur Begründung seiner Feststellung ausführt, das Dokument weiche in Bezug auf das Trägermaterial, den Druck und die Sicherheitselemente eindeutig von ihm vorliegenden Echtbeschreibungen entsprechender belgischer Dokumente ab,

dass der Fachdienst beispielhaft ausführt, das vorgelegte Dokument sei (im Gegensatz zu einem echten Aufenthaltstitel) aus zweilagigem Papier hergestellt, wobei das Wasserzeichen aufgedruckt und die aufgeklebten Gebührenmarken tintenbasiert hergestellt worden seien,

dass der Beschwerdeführer die Echtheit des Dokumentes beteuert, dem Untersuchungsbericht mangels Nachvollziehbarkeit die Beweiseignung abspricht und behauptet, er habe vor seinem ferienbedingten Aufenthalt in Kamerun während Monaten und Jahren rechtmässig in Brüssel gelebt,

dass mit diesen Vorbringen die Feststellungen des Fachdienstes, einer auf die Prüfung von Reisedokumenten spezialisierten Behörde nicht erschüttert werden können, zumal der Beschwerdeführer ohne weiteres die Gelegenheit gehabt hätte, durch eine Bestätigung der belgischen Behörden Gegenbeweis zu führen,

dass der Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen die Voraussetzungen für die Einreise in den Schengen-Raum nicht erfüllt,

dass der Beschwerdeführer sodann nicht zum Personenkreis nach Art. 5 Abs. 4 SGK gehört und kein Sachverhalt vorliegt, der im Lichte von Art. 83 AuG gegen den Vollzug der Wegweisung sprechen würde,

dass daher die Verweigerung der Einreise und die Wegweisung nicht zu beanstanden und die Beschwerde abzuweisen ist,

dass mit dem Urteil in der Sache der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos geworden ist,

dass dem Gesuch des Beschwerdeführers um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege infolge fehlender Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels und nicht dargetaner prozessualer Bedürftigkeit nicht entsprochen werden kann (Art. 65 Abs. 1 VwVG),

dass es sich jedoch aufgrund der gesamten Umstände rechtfertigt, auf die Auferlegung von Verfahrenskosten zu verzichten (Art. 6 Bst. b
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]),

dass das vorliegende Urteil endgültig ist (Art. 83 Bst. c Ziff. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
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SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.

4.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (...)

- die Vorinstanz (...)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Andreas Trommer Julius Longauer

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Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : C-3853/2011
Datum : 08. Juli 2011
Publiziert : 09. September 2011
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Asyl
Gegenstand : Einreiseverweigerung und Wegweisung am Flughafen


Gesetzesregister
AuG: 2  65  83
BGG: 83
VGG: 31
VGKE: 6
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 6 Verzicht auf Verfahrenskosten - Die Verfahrenskosten können einer Partei, der keine unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19684 über das Verwaltungsverfahren gewährt wird, ganz oder teilweise erlassen werden, wenn:
a  ein Rechtsmittel ohne erheblichen Aufwand für das Gericht durch Rückzug oder Vergleich erledigt wird;
b  andere Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, sie ihr aufzuerlegen.
VwVG: 48  65
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BVGer
C-3853/2011
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562/2006