Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6A.72/2006 /rom

Beschluss vom 7. Februar 2007
Kassationshof

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Ferrari, Zünd,
Gerichtsschreiber Boog.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. August Holenstein,

gegen

Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen Abteilung IV, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen.

Gegenstand
Vorsorglicher Entzug des Führerausweises,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen Abteilung IV vom 30. August 2006.

Das Bundesgericht zieht im Verfahren nach Art. 36a OG in Erwägung:

1.
1.1 Am Abend des 17. Juni 2006 konsumierte X.________ zusammen mit seinem Kollegen A.________ in St. Gallen in dessen am Strassenrand geparkten Wagen Kokain. Dabei wurden sie von der Verkehrspolizei St. Gallen kontrolliert. Ein bei X.________ in der Folge durchgeführter Drogenschnelltest fiel positiv aus. Er gestand den Ankauf, Besitz und Konsum von Kokain ein. Lenker des Fahrzeugs war A.________ gewesen.
1.2 Aufgrund eines Rapports der Stadtpolizei St. Gallen vom 26. Juni 2006 teilte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen X.________ mit, es hege Zweifel an seiner Fahreignung und beabsichtige, ihn zu einer spezialärztlichen Untersuchung aufzubieten. Sodann verfügte die Behörde bis zur Abklärung von Ausschlussgründen gestützt auf Art. 30
SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung
VZV Art. 30 Vorsorglicher Entzug - 1 Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, so kann die kantonale Behörde den vorsorglichen Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises verfügen.
1    Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, so kann die kantonale Behörde den vorsorglichen Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises verfügen.
2    Verfügt die kantonale Behörde bei polizeilich abgenommenen und ihr übermittelten Lernfahr- oder Führerausweisen innert 10 Arbeitstagen seit der polizeilichen Abnahme nicht mindestens den vorsorglichen Entzug, so gibt sie der berechtigten Person den Lernfahr- oder den Führerausweis zurück.
VZV einen vorsorglichen Führerausweisentzug, indem es x.________ ab sofort verbot, Motorfahrzeuge aller Kategorien sowie aller Unter- und Spezialkategorien (inkl. Mofa) zu führen. Gleichzeitig entzog es einem allfälligen Rekurs die aufschiebende Wirkung.
1.3 Einen gegen den verfügten vorsorglichen Führerausweisentzug geführten Rekurs wies die Verwaltungsrekurskommisson des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 30. August 2006 ab.

Gegen diesen Entscheid führt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei auf den vorsorglichen Entzug des Führerausweises zu verzichten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen beantragt unter Verzicht auf Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde.
1.4 Mit Verfügung vom 2. November 2006 wies der Präsident des Kassationshofes ein Gesuch von X.________ um Erteilung der aufschiebenden Wirkung für seine Beschwerde ab.

2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den vorsorglichen Entzug des Führerausweises bis zur Abklärung der Fahreignung durch eine spezialärztliche Untersuchung.

Gestützt auf ein in der Zwischenzeit erstelltes verkehrsmedizinisches Gutachten vom 19. Januar 2007 hat das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt dem Beschwerdeführer mitgeteilt, seine Fahreignung könne ohne Auflage befürwortet werden. Es verfügte daher am 24. Januar 2007 die Aufhebung des am 25. Juli 2006 angeordneten Führerausweisentzugs und die Wiedererteilung des Führerausweises.

Angesichts dieser Umstände räumte der Kassationshof dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Januar 2007 die Möglichkeit ein, sich zur in Aussicht genommenen Abschreibung der Beschwerde zu äussern. Mit Eingabe vom 30. Januar 2007 erklärte sich der Beschwerdeführer mit der Abschreibung des Verfahrens einverstanden und beantragte die Zusprechung einer angemessenen Parteientschädigung und den Verzicht auf die Erhebung von Kosten.
3.
3.1 Angesichts der Wiedererteilung des Führerausweises entfällt zum heutigen Zeitpunkt ein aktuelles Interesse an der Beurteilung der gegen den vorläufigen Entzug gerichteten Beschwerde. Dies führt dazu, dass die Beschwerde als gegenstandslos geworden vom Geschäftsverzeichnis abzuschreiben ist (BGE 118 Ia 488 E. 1a).

Ist ein Rechtsmittel vor Bundesgericht gegenstandslos geworden, entscheidet das Gericht gemäss Art. 40
SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung
VZV Art. 30 Vorsorglicher Entzug - 1 Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, so kann die kantonale Behörde den vorsorglichen Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises verfügen.
1    Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, so kann die kantonale Behörde den vorsorglichen Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises verfügen.
2    Verfügt die kantonale Behörde bei polizeilich abgenommenen und ihr übermittelten Lernfahr- oder Führerausweisen innert 10 Arbeitstagen seit der polizeilichen Abnahme nicht mindestens den vorsorglichen Entzug, so gibt sie der berechtigten Person den Lernfahr- oder den Führerausweis zurück.
OG in Verbindung mit Art. 72
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 72 - Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung der Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes.
BZP mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes. Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist somit in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen. Diese Regelung bezweckt, denjenigen, der in guten Treuen Beschwerde erhoben hat, nicht im Kostenpunkt dafür zu bestrafen, dass die Beschwerde infolge nachträglicher Änderung der Umstände abzuschreiben ist, ohne dass ihm dies anzulasten wäre. Dem Bundesgericht steht dabei ein weites Ermessen zu. Es muss bei der Prüfung des mutmasslichen Prozessausgangs nicht auf alle Rügen einzeln und detailliert eingehen. Vielmehr darf es sich mit einer knappen Beurteilung der Aktenlage begnügen (BGE 118 Ia 488 E. 4a S. 494 f., 111 Ib 182 E. 7, mit Hinweisen).
3.2 Eine summarische Prüfung der Sachlage führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der Beschwerde bei einer materiellen Beurteilung mutmasslich Aussicht auf Erfolg beschieden gewesen wäre.

Nach der Rechtsprechung ist Voraussetzung für einen Sicherungsentzug gemäss Art. 16d lit. b
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn:
1    Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn:
a  ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen;
b  sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst;
c  sie auf Grund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeuges die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird.
2    Tritt der Entzug nach Absatz 1 an die Stelle eines Entzugs nach den Artikeln 16a-c, wird damit eine Sperrfrist verbunden, die bis zum Ablauf der für die begangene Widerhandlung vorgesehenen Mindestentzugsdauer läuft.
3    Der Ausweis wird für immer entzogen:
a  unverbesserlichen Personen;
b  Personen, denen der Ausweis in den letzten fünf Jahren bereits einmal gestützt auf Artikel 16c Absatz 2 Buchstabe abis entzogen wurde.80
SVG eine die Fahreignung ausschliessende Sucht. Eine solche wird bejaht, wenn die Abhängigkeit von der Droge derart ist, dass der Betroffene mehr als jede andere Person der Gefahr ausgesetzt ist, sich in einem Zustand ans Steuer eines Fahrzeugs zu setzen, der das sichere Führen nicht mehr gewährleistet (BGE 127 II 122 E. 3c mit Hinweisen). Im Interesse der Verkehrssicherheit setzt die Rechtsprechung den regelmässigen Konsum von Drogen der Drogenabhängigkeit gleich, sofern dieser seiner Häufigkeit und Menge nach geeignet ist, die Fahreignung zu beeinträchtigen. Dabei darf auf fehlende Fahreignung geschlossen werden, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, Betäubungsmittelkonsum und Strassenverkehr ausreichend zu trennen, oder wenn die nahe liegende Gefahr besteht, dass er im akuten Rauschzustand am motorisierten Strassenverkehr teilnimmt (BGE 129 II 82 E. 4.1; 127 II 122 E. 3c 124 II 559 E. 3d und 4e).

Auch wenn nach der Rechtsprechung der vorsorgliche Entzug während eines Sicherungsentzugsverfahrens zum Schutz der allgemeinen Verkehrssicherheit die Regel bildet (BGE 127 II 122 E. 5; 125 II 396 Regest und E. 3), erweckt der lediglich einmalige nachgewiesene und nicht im Zusammenhang mit dem Führen eines Motorfahrzeugs ste-hende Kokainkonsum beim Beschwerdeführer, der nach den Feststellungen der Vorinstanz einen ungetrübten automobilistischen und bürgerlichen Leumund aufweist, keine ernsthafte Bedenken an seiner Fahreignung. Ein solcher einmaliger Konsum genügt daher nicht für die Annahme, der Beschwerdeführer stelle ein besonderes Risiko für die anderen Verkehrsteilnehmer dar. Unter diesen Umständen erscheint die Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den vorsorglichen Entzug des Führerausweises als in guten Treuen erhoben. Auf die Erhebung von Kosten ist daher zu verzichten und dem Beschwerdeführer ist eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird als gegenstandslos geworden am Geschäftsverzeichnis abgeschrieben.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton St. Gallen hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- zu entrichten.
4.
Dieser Beschluss wird dem Beschwerdeführer und der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen Abteilung IV sowie dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Februar 2007
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Dokument : 6A.72/2006
Datum : 07. Februar 2007
Publiziert : 23. Februar 2007
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strassenbau und Strassenverkehr
Gegenstand : Vorsorglicher Entzug des Führerausweises


Gesetzesregister
BZP: 72
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 72 - Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung der Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes.
OG: 36a  40
SVG: 16d
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn:
1    Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn:
a  ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nicht oder nicht mehr ausreicht, ein Motorfahrzeug sicher zu führen;
b  sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst;
c  sie auf Grund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr bietet, dass sie künftig beim Führen eines Motorfahrzeuges die Vorschriften beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht nehmen wird.
2    Tritt der Entzug nach Absatz 1 an die Stelle eines Entzugs nach den Artikeln 16a-c, wird damit eine Sperrfrist verbunden, die bis zum Ablauf der für die begangene Widerhandlung vorgesehenen Mindestentzugsdauer läuft.
3    Der Ausweis wird für immer entzogen:
a  unverbesserlichen Personen;
b  Personen, denen der Ausweis in den letzten fünf Jahren bereits einmal gestützt auf Artikel 16c Absatz 2 Buchstabe abis entzogen wurde.80
VZV: 30
SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung
VZV Art. 30 Vorsorglicher Entzug - 1 Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, so kann die kantonale Behörde den vorsorglichen Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises verfügen.
1    Bestehen ernsthafte Zweifel an der Fahreignung einer Person, so kann die kantonale Behörde den vorsorglichen Entzug des Lernfahr- oder des Führerausweises verfügen.
2    Verfügt die kantonale Behörde bei polizeilich abgenommenen und ihr übermittelten Lernfahr- oder Führerausweisen innert 10 Arbeitstagen seit der polizeilichen Abnahme nicht mindestens den vorsorglichen Entzug, so gibt sie der berechtigten Person den Lernfahr- oder den Führerausweis zurück.
BGE Register
111-IB-182 • 118-IA-488 • 124-II-559 • 125-II-396 • 127-II-122 • 129-II-82
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