Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

5A 417/2017

Urteil vom 25. Oktober 2017

II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Obergericht des Kantons Nidwalden, Zivilabteilung,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
unentgeltliche Rechtspflege (Ausschluss aus der Stockwerkeigentümergesellschaft),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Nidwalden, Zivilabteilung, vom 24. April 2017 (P 16 15 / ZA 16 13).

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ ist Mitglied der Stockwerkeigentümergemeinschaft B.________ (Parzelle Nr. vvv). Mit Urteil vom 8. April 2016 schloss das Kantonsgericht Nidwalden ihn aus dieser aus und setzte ihm eine Frist von 60 Tagen, um seinen Anteil (Stockwerkeigentum Nr. www, 103/1000 Miteigentum an Nr. vvv, Grundbuch U.________) zu veräussern.

A.b. A.________ wehrte sich gegen seinen Ausschluss aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft und gelangte deswegen an das Obergericht des Kantons Nidwalden. Gleichzeitig ersuchte er um unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren.

A.c. Mit Urteil vom 24. April 2017 wies das Obergericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen fehlender Bedürftigkeit ab und forderte A.________ auf, innert zehn Tagen einen Gerichtskostenvorschuss von Fr. 10'000.-- für das Berufungsverfahren an die Gerichtskasse Nidwalden zu überweisen.

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 6. Juni 2017 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er verlangt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren. Eventualiter sei ihm eine angemessene Nachfrist zur Bezahlung des Gerichtskostenvorschusses von Fr. 10'000.-- zu gewähren. Auch für das Verfahren vor dem Bundesgericht stellt der Beschwerdeführer ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.
Auf die Vernehmlassung des Obergerichts vom 22. Juni 2017 wird im Sachzusammenhang eingegangen.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) über die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG; BGE 129 I 281 E. 1.1 S. 283), so dass die Beschwerde grundsätzlich offen steht. Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.; 137 III 380 E. 1.1 S. 382). Bei dieser handelt es sich um eine Zivilsache mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert (Art. 72 Abs. 1 und Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG; Urteil 5A 534/2011 vom 13. Oktober 2011 E. 1.1, nicht. publ. in BGE 137 III 534). Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit auch gegen den Zwischenentscheid gegeben.

1.2. Beschwerden an das Bundesgericht bedürfen einer Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer hat dabei in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Zum Sachverhalt zählt auch der Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft dabei nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen, die zudem für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung sind (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 135 III 127 E.
1.6 S. 130; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2 S. 245 f.; je mit Hinweisen; Art. 97 Abs. 1 in fine BGG zur unrichtigen Feststellung des Sachverhalts). Blosse Verweise auf andere Rechtsschriften oder sonstige Dokumente genügen nicht (BGE 133 II 396 E. 3.2 S. 400).

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt; echte tatsächliche Noven, das heisst solche Tatsachen, die erst nach dem Ergehen des angefochtenen Entscheids aufgetreten sind, sind unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.). Gestützt auf diese Grundsätze muss die Bestätigung der Bank C.________ vom 22. Mai 2017 bezüglich des bei ihr geführten Freizügigkeitskontos unberücksichtigt bleiben.

2.
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (Art. 117 Bst. a ZPO) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 Bst. b ZPO). Dabei hat die Person, die ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellt, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und sich zur Sache sowie über ihre Beweismittel zu äussern (Art. 119 Abs. 2 ZPO). Insoweit trifft sie eine umfassende Mitwirkungspflicht. Die Behörde hat allenfalls unbeholfene Rechtsuchende auf die Angaben hinzuweisen, die sie zur Beurteilung des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege benötigt. Grundsätzlich obliegt der um unentgeltliche Rechtspflege ersuchenden Person, sämtliche für die Ermittlung der Bedürftigkeit erforderlichen Tatsachen und Beweismittel vorzutragen (BGE 120 Ia 179 E. 3a S. 181 f.). Insofern gilt im Verfahren betreffend die unentgeltliche Rechtspflege ein durch die umfassende Mitwirkungsobliegenheit eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz (Urteile 4A 274/2016 vom 19. Oktober 2016 E. 2.3 mit Hinweis auf die Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl 2006 7303; 5A 380/2015 vom 1. Juli 2015 E. 3.2.2). An die klare und gründliche Darstellung der finanziellen Situation durch die
gesuchstellende Person selbst dürfen umso höhere Anforderungen gestellt werden, je komplexer diese Verhältnisse sind (BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164 f.; 120 Ia 179 E. 3a S. 182). Kommt der Gesuchsteller seiner Pflicht nicht nach, kann das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen werden (BGE 120 Ia 179 E. 3a S. 182).

3.
Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer ein verfügbares Barvermögen von Fr. 342'065.20 angerechnet. Fr. 339'083.35 davon entfielen auf das Freizügigkeitskonto Nr. xxx (IBAN yyy) bei der Bank C.________. Gestützt auf den vom Beschwerdeführer eingereichten Gesuchsbeleg Nr. zzz ging die Vorinstanz davon aus, dass dieses Konto per 1. Oktober 2016 saldiert und ausbezahlt worden ist und der Betrag im Anschluss daran dem Beschwerdeführer zur freien Verfügung stand. Zu Recht rügt der Beschwerdeführer diese Schlussfolgerung als willkürlich. Der Beleg Nr. zzz ist mit "Info Saldierung per 01.10.2016" überschrieben. Ihm lässt sich nicht entnehmen, dass dem Beschwerdeführer der entsprechende Betrag tatsächlich ausbezahlt worden ist bzw. er über diesen Betrag frei verfügen kann. In dieser Situation wäre die Vorinstanz gehalten gewesen, sich beim bereits vor Vorinstanz nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nach dem weiteren Schicksal des Geldes auf diesem Konto zu erkundigen. Dies gilt umso mehr, als die Vorinstanz wusste, dass der Beschwerdeführer verheiratet ist, und die Barauszahlung einer Freizügigkeitsleistung in der Regel der Zustimmung des Ehegatten bedarf (vgl. Art. 16 Abs. 3 der Verordnung über die Freizügigkeit in der
beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 3. Oktober 1994 [Freizügigkeitsverordnung, FZV]; SR 831.425, und Art. 3 Abs. 6
SR 831.461.3 Ordonnance du 13 novembre 1985 sur les déductions admises fiscalement pour les cotisations versées à des formes reconnues de prévoyance (OPP 3)
OPP-3 Art. 3 Versement des prestations - 1 Les prestations de vieillesse peuvent être versées au plus tôt cinq ans avant que l'assuré n'atteigne l'âge de référence fixé à l'art. 13, al. 1, LPP. Elles sont échues lorsque l'assuré atteint l'âge de référence. Lorsque le preneur de prévoyance prouve qu'il continue d'exercer une activité lucrative, le versement des prestations peut être différé jusqu'à cinq ans au plus à compter de l'âge de référence.9
1    Les prestations de vieillesse peuvent être versées au plus tôt cinq ans avant que l'assuré n'atteigne l'âge de référence fixé à l'art. 13, al. 1, LPP. Elles sont échues lorsque l'assuré atteint l'âge de référence. Lorsque le preneur de prévoyance prouve qu'il continue d'exercer une activité lucrative, le versement des prestations peut être différé jusqu'à cinq ans au plus à compter de l'âge de référence.9
2    Le versement anticipé des prestations de vieillesse est possible lorsque le rapport de prévoyance est résilié pour l'une des raisons suivantes:
a  le preneur de prévoyance est mis au bénéfice d'une rente entière d'invalidité de l'assurance-invalidité fédérale et le risque d'invalidité n'est pas assuré;
b  ...
c  le preneur de prévoyance change d'activité lucrative indépendante;
d  l'institution de prévoyance est tenue, conformément à l'art. 5 de la loi fédérale du 17 décembre 1993 sur le libre passage12, de s'acquitter de son obligation par un versement en espèces.
3    La prestation de vieillesse peut, en outre, être versée par anticipation pour:
a  acquérir ou construire un logement en propriété pour ses propres besoins;
b  acquérir des participations à la propriété d'un logement pour ses propres besoins;
c  rembourser des prêts hypothécaires.13
4    Un tel versement ne peut être demandé que tous les cinq ans.14
5    Les notions de propriété du logement, de participations et de propres besoins sont définies aux art. 2 à 4 de l'ordonnance du 3 octobre 1994 sur l'encouragement à la propriété du logement au moyen de la prévoyance professionnelle15.16
6    Si l'assuré est marié ou lié par un partenariat enregistré, le versement anticipé des prestations de vieillesse n'est possible, dans les cas visés aux al. 2, let. c et d, et 3, que si le conjoint ou le partenaire enregistré donne son consentement écrit. S'il n'est pas possible de recueillir ce consentement ou s'il est refusé, l'assuré peut en appeler au tribunal.17
der Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen vom 13. November 1985 [BVV 3]; SR 831.461.3). Vor diesem Hintergrund bleibt ohne Belang, dass es der Beschwerdeführer selbst verpasst hat, die Vorinstanz umgehend darüber zu informieren, dass es ihm das Kantonsgericht Nidwalden mit Urteil vom 24. März 2017 im Rahmen vorsorglicher Massnahmen erneut verboten hatte, über sein Freizügigkeitskonto zu verfügen.
Das Freizügigkeitsguthaben durfte ihm nicht ohne weitere Abklärungen als Barvermögen angerechnet werden.

4.
Wird das Barvermögen des Beschwerdeführers um den Betrag des Freizügigkeitskontos bei der Bank C.________ reduziert, so würde dieses im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung bzw. des vorinstanzlichen Entscheids nur noch Fr. 2'981.85.-- betragen. Damit könnte er den von ihm verlangten Kostenvorschuss von Fr. 10'000.-- zum vornherein nicht bestreiten. An der momentanen Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ändert auch das diesem angerechnete Einkommen nichts. Zwar dürfte der in diesem Zusammenhang von der Vorinstanz errechnete Einkommensüberschuss von monatlich Fr. 922.-- ausreichen, um den Prozess vor zweiter Instanz zu finanzieren. Dieses Geld stünde dem Beschwerdeführer aber nicht zur Verfügung, um innerhalb von zehn Tagen den von ihm verlangten Kostenvorschuss zu leisten. Dem Beschwerdeführer ist auch nicht zuzumuten, sich weiter zu verschulden, um den Kostenvorschuss leisten zu können.

5.
Nach dem Gesagten ist das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dem Kanton sind bei diesem Ausgang des Verfahrens keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4
SR 831.461.3 Ordonnance du 13 novembre 1985 sur les déductions admises fiscalement pour les cotisations versées à des formes reconnues de prévoyance (OPP 3)
OPP-3 Art. 3 Versement des prestations - 1 Les prestations de vieillesse peuvent être versées au plus tôt cinq ans avant que l'assuré n'atteigne l'âge de référence fixé à l'art. 13, al. 1, LPP. Elles sont échues lorsque l'assuré atteint l'âge de référence. Lorsque le preneur de prévoyance prouve qu'il continue d'exercer une activité lucrative, le versement des prestations peut être différé jusqu'à cinq ans au plus à compter de l'âge de référence.9
1    Les prestations de vieillesse peuvent être versées au plus tôt cinq ans avant que l'assuré n'atteigne l'âge de référence fixé à l'art. 13, al. 1, LPP. Elles sont échues lorsque l'assuré atteint l'âge de référence. Lorsque le preneur de prévoyance prouve qu'il continue d'exercer une activité lucrative, le versement des prestations peut être différé jusqu'à cinq ans au plus à compter de l'âge de référence.9
2    Le versement anticipé des prestations de vieillesse est possible lorsque le rapport de prévoyance est résilié pour l'une des raisons suivantes:
a  le preneur de prévoyance est mis au bénéfice d'une rente entière d'invalidité de l'assurance-invalidité fédérale et le risque d'invalidité n'est pas assuré;
b  ...
c  le preneur de prévoyance change d'activité lucrative indépendante;
d  l'institution de prévoyance est tenue, conformément à l'art. 5 de la loi fédérale du 17 décembre 1993 sur le libre passage12, de s'acquitter de son obligation par un versement en espèces.
3    La prestation de vieillesse peut, en outre, être versée par anticipation pour:
a  acquérir ou construire un logement en propriété pour ses propres besoins;
b  acquérir des participations à la propriété d'un logement pour ses propres besoins;
c  rembourser des prêts hypothécaires.13
4    Un tel versement ne peut être demandé que tous les cinq ans.14
5    Les notions de propriété du logement, de participations et de propres besoins sont définies aux art. 2 à 4 de l'ordonnance du 3 octobre 1994 sur l'encouragement à la propriété du logement au moyen de la prévoyance professionnelle15.16
6    Si l'assuré est marié ou lié par un partenariat enregistré, le versement anticipé des prestations de vieillesse n'est possible, dans les cas visés aux al. 2, let. c et d, et 3, que si le conjoint ou le partenaire enregistré donne son consentement écrit. S'il n'est pas possible de recueillir ce consentement ou s'il est refusé, l'assuré peut en appeler au tribunal.17
BGG). Er schuldet dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer auch keine Entschädigung. Dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege erweist sich unter diesen Umständen als gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Nidwalden vom 24. April 2017 wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Oktober 2017

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: von Werdt

Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann