99 II 324
45. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Dezember 1973 i.S. Bucher gegen Bank für Kredit und Aussenhandel AG.
Regeste (de):
- Wechselrecht.
- 1. Art. 991 Ziff. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 991 - Der gezogene Wechsel enthält:
1 die Bezeichnung als Wechsel im Texte der Urkunde, und zwar in der Sprache, in der sie ausgestellt ist; 2 die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen; 3 den Namen dessen, der zahlen soll (Bezogener); 4 die Angabe der Verfallzeit; 5 die Angabe des Zahlungsortes; 6 den Namen dessen, an den oder an dessen Ordre gezahlt werden soll; 7 die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; 8 die Unterschrift des Ausstellers. SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 996 - 1 Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe.
1 Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. 2 Ist die Wechselsumme mehrmals in Buchstaben oder mehrmals in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die geringste Summe. SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1068 - Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text.
- 2. Art. 1000
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1000 - Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Regeste (fr):
- Droit de change.
- 1. Art. 991 ch. 2 et 996 CO. La somme de la lettre de change doit être indiquée dans le texte du mandat. Si cette indication fait défaut à l'émission, on se trouve en présence d'une lettre de change en blanc; son adjonction après coup ne constitue pas une altération au sens de l'art. 1068 CO, même si elle est contraire à des accords intervenus (consid. 1).
- 2. Art. 1000 CO. Acquisition de lettres de change complétées contrairement aux accords intervenus; devoir d'attention de l'acquéreur, exceptions du tiré, fardeau de la preuve (consid. 2 et 3).
Regesto (it):
- Diritto cambiario.
- 1. Art. 991 num. 2 e 996 CO. La somma da pagarsi deve essere indicata nel testo dell'ordine. Se questa indicazione difetta all'emissione, si tratta di una cambiale in bianco; la sua aggiunta successiva non costituisce alterazione a'sensi dell'art. 1068 CO, neppure nel caso in cui sia contraria ad accordi intervenuti (consid. 1).
- 2. Art. 1000 CO. Acquisizione di cambiali completate contrariamente agli accordi; dovere di diligenza dell'acquirente, eccezioni del trattario, onere della prova (consid. 2 e 3).
Sachverhalt ab Seite 324
BGE 99 II 324 S. 324
A.- Bucher akzeptierte zwei Wechsel, die Rothenberger am 20. Mai 1970 auf ihn gezogen hatte. Der erste war am 31. Oktober, der zweite am 10. Dezember 1970 fällig. Als Bucher sie annahm, lautete die Wechselsumme auf dem ersten oben rechts in Ziffern auf Fr. 5000.--; ob dies auch beim zweiten zutraf, steht nicht fest. Dagegen war auf beiden Wechselurkunden der Raum, der für die Angabe der Wechselsumme in Buchstaben bestimmt ist, noch nicht ausgefüllt. Nach der Annahme änderte Rotherberger auf dem ersten Wechsel die Ziffer 5000.-- in 115 000.-- ab und gab die so erhöhte Wechselsumme an der dafür vorgesehenen Stelle im Anweisungstext auch in Buchstaben an. Die gleiche Summe
BGE 99 II 324 S. 325
setzte er in Ziffern und Buchstaben im zweiten Wechsel ein. Dann versah er beide als Wechselnehmer mit einem Blanko-Indossament und gab sie als Sicherheit der Bank für Kredit und Aussenhandel AG, die ihm einen Kontokorrent-Kredit eingeräumt hatte. Als Rothenberger in der Folge den Passivsaldo des Kredites nicht decken konnte, gab die Bank am 3. September 1970 Bucher vom Ankauf der beiden Wechsel Kenntnis und ersuchte ihn um deren Einlösung bei Fälligkeit. Da Bucher die Zahlung verweigerte, liess die Bank ihn betreiben. Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag und, als der Bank für die Wechselsummen nebst Zins und Kosten die provisorische Rechtsöffnung erteilt wurde, beim Bezirksgericht Zürich Aberkennungsklage.
B.- Das Bezirksgericht und auf Appellation hin am 4. Juni 1973 auch das Obergericht des Kantons Zürich wiesen die Klage ab.
C.- Der Kläger hat gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung erklärt. Er beantragt, es aufzuheben und die Klage gutzuheissen. Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet dagegen nach dem ursprünglichen Text (Art. 1068
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1068 - Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1068 - Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text. |
a) Nach der Rechtsprechung liegt ein offensichtliches Versehen nur vor, wenn eine tatsächliche Feststellung darauf zurückzuführen ist, dass die Vorinstanz eine bestimmte Aktenstelle
BGE 99 II 324 S. 326
übersehen oder unrichtig wahrgenommen hat (BGE 96 I 196 /7, BGE 91 II 277, 334, BGE 87 II 232 /3 mit Verweisungen). Dies trifft hier nicht zu. Die vom Kläger beanstandeten Ausführungen der Vorinstanz enthalten keine tatbeständliche Feststellung; das Obergericht gibt darin bloss Angaben der Klageschrift wieder, ohne jedoch zu sagen, ob sie Glauben verdienen. Daran ändert nichts, dass der neue Anwalt des Klägers in der Replik behauptete, beide Wechsel seien "gefälscht" worden, und dass er ferner in der Noveneingabe vom 24. August 1972 diese Behauptung wiederholte und verlangte, dafür zum Beweise zugelassen zu werden. Ob das Obergericht mit der Bemerkung, beim zweiten Wechsel liege schon nach der eigenen Darstellung des Klägers ein Blankoakzept vor, eine tatbeständliche Feststellung treffen wollte, erscheint zweifelhaft, zumal es beifügt, Rothenberger habe laut seiner Aussage als Zeuge die zuerst eingesetzte Zahl geändert. Diese Aussage bezieht sich freilich nach der Protokollstelle, auf die das Obergericht dabei verweist, auf den ersten Wechsel. Wie es sich mit der Bemerkung der Vorinstanz verhält, kann jedoch offen bleiben, wenn anzunehmen ist, dass es sich hinsichtlich der Wechselsumme so oder anders um Blankowechsel gehandelt hat.
b) Nach Art. 991 Ziff. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 991 - Der gezogene Wechsel enthält: |
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1 | die Bezeichnung als Wechsel im Texte der Urkunde, und zwar in der Sprache, in der sie ausgestellt ist; |
2 | die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen; |
3 | den Namen dessen, der zahlen soll (Bezogener); |
4 | die Angabe der Verfallzeit; |
5 | die Angabe des Zahlungsortes; |
6 | den Namen dessen, an den oder an dessen Ordre gezahlt werden soll; |
7 | die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; |
8 | die Unterschrift des Ausstellers. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 996 - 1 Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. |
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1 | Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. |
2 | Ist die Wechselsumme mehrmals in Buchstaben oder mehrmals in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die geringste Summe. |
Aus dieser Regel und aus der Übung, die Wechselsumme auf Formularen oben rechts, ausserhalb des eigentlichen Textes, in Ziffern anzugeben, leitet die deutsche Lehre ab, eine bestimmte Stelle für die Angabe der Summe sei nicht vorgeschrieben; Art. 6 des deutschen Wechselgesetzes (DWG), der dem Art. 996
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 996 - 1 Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. |
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1 | Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. |
2 | Ist die Wechselsumme mehrmals in Buchstaben oder mehrmals in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die geringste Summe. |
BGE 99 II 324 S. 327
QUASSOWSKI/ALBRECHT, Wechselgesetz, N. 13 zu Art. 1 DWG; JACOBI, Wechselgesetz und Scheckrecht, S. 371). Diese Auffassung verträgt sich nicht mit Art. 991 Ziff. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 991 - Der gezogene Wechsel enthält: |
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1 | die Bezeichnung als Wechsel im Texte der Urkunde, und zwar in der Sprache, in der sie ausgestellt ist; |
2 | die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen; |
3 | den Namen dessen, der zahlen soll (Bezogener); |
4 | die Angabe der Verfallzeit; |
5 | die Angabe des Zahlungsortes; |
6 | den Namen dessen, an den oder an dessen Ordre gezahlt werden soll; |
7 | die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; |
8 | die Unterschrift des Ausstellers. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 996 - 1 Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. |
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1 | Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. |
2 | Ist die Wechselsumme mehrmals in Buchstaben oder mehrmals in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die geringste Summe. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 991 - Der gezogene Wechsel enthält: |
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1 | die Bezeichnung als Wechsel im Texte der Urkunde, und zwar in der Sprache, in der sie ausgestellt ist; |
2 | die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen; |
3 | den Namen dessen, der zahlen soll (Bezogener); |
4 | die Angabe der Verfallzeit; |
5 | die Angabe des Zahlungsortes; |
6 | den Namen dessen, an den oder an dessen Ordre gezahlt werden soll; |
7 | die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; |
8 | die Unterschrift des Ausstellers. |
Wenn die Wechselsumme im Text der Zahlungsanweisung nicht angegeben wird, liegt somit bezüglich der Summe ein Blankowechsel im Sinne des Art. 1000
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1000 - Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1068 - Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1000 - Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. |
BGE 99 II 324 S. 328
Ergänzungen eines unvollständig ausgefüllten Wechsels nicht als Änderungen im Sinne von Art. 1068
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1068 - Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1068 - Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text. |
2. Der Kläger macht ferner geltend, nach Art. 1000
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1000 - Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 99 II 324 S. 329
andern jedenfalls für einen Fr. 10 000.-- nicht erreichenden Betrag hätte verpflichten wollen; in der Schlussverhandlung vor Bezirksgericht habe er den Vorwurf des Blankettmissbrauches denn auch fallen lassen. Der Kläger ficht diese Feststellung als offensichtlich auf Versehen beruhend an. Er hat insofern recht, als er sich vor Bezirksgericht nach dem Protokoll auf den Standpunkt gestellt hat, es hätten überhaupt nicht Blankowechsel vorgelegen (weil sie die Wechselsumme oben rechts in Ziffern aufwiesen); es habe sich vielmehr um Änderungen (oder Fälschungen, wie er sich ausdrückte) gemäss Art. 1068
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1068 - Wird der Text eines Wechsels geändert, so haften diejenigen, die nach der Änderung ihre Unterschrift auf den Wechsel gesetzt haben, entsprechend dem geänderten Text. Wer früher unterschrieben hat, haftet nach dem ursprünglichen Text. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1000 - Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. |
BGE 99 II 324 S. 330
hatte die Beklagte beim Erwerb der Wechsel auch keinen Anlass zur Annahme, die Urkunden seien vom Bezogenen blanko unterschrieben worden und der Aussteller habe seine Ermächtigung, sie gemäss Vereinbarung zu ergänzen, missbraucht. Diesen Schluss brauchte die Beklagte insbesondere nicht daraus zu ziehen, dass auf dem ersten Wechsel oben rechts die Ziffer 11 (mit der Schreibmaschine) etwa 1/2 mm tiefer geschrieben wurde als die anderen Ziffern der Wechselsumme. Selbst wenn Sulser den Unterschied wahrgenommen hätte, wäre er nicht ohne weiteres verpflichtet gewesen, sich beim Kläger zu vergewissern, ob die Wechsel abredegemäss ausgefüllt worden seien (vgl. Urteil des Obersten Gerichtshofes von Österreich vom 3. Oktober 1957, auszugsweise wiedergegeben bei VON CAEMMERER/BEUTHIEN/LATHINEN, Internationale Rechtsprechung zum Genfer einheitlichen Wechsel- und Scheckrecht, 2. Folge S. 58). Besondere Umstände, die eine Erkundungspflicht Sulsers hätten begründen können, lagen beim Erwerb der Wechsel nicht vor. Nach dem angefochtenen Urteil befanden sich die Wechsel bereits bei der Beklagten, als Sulser gegen Ende August 1970 Rothenberger wegen Unregelmässigkeiten (Checkreiterei, Ausstellung ungedeckter Checks und dergl.) auf Veranlassung eines Vorgesetzten unter Druck setzte. Was der Kläger dagegen in der Berufung vorbringt, ist als unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung nicht zu hören. Dass die Zürcher Kantonalbank nach der Feststellung der Vorinstanz "ob der fraglichen Wechselurkunde argwöhnisch wurde", hilft dem Kläger nicht. Daraus folgt nicht, die Bank habe die "Fälschung" sofort erkannt, wie in der Berufung behauptet wird. Aus den Strafakten erhellt vielmehr, dass die Organe dieser Bank, welche den ersten Wechsel im Oktober 1970 zum Inkasso erhalten hatte, damit nichts zu tun haben wollten, weil es sich nach ihrer Ansicht um einen "Finanzwechsel" handelte; von einer Fälschung war dabei nicht die Rede. Aufschlussreich ist dagegen, dass Vizedirektor Beurer den Kläger, den er als Bankkunden kannte, im Oktober 1970 zu sich bat, um ihn auf die Gefährlichkeit, solche Wechsel zu unterschreiben, aufmerksam zu machen. In der Notiz vom 27. Oktober über die Unterredung des Klägers mit den Prokuristen Hoppler und Scheller heisst es freilich, der Wechsel sei "zweifellos eine Fälschung". Die Organe der Kantonalbank kamen jedoch nicht
BGE 99 II 324 S. 331
von sich aus auf diesen Gedanken. Wie der Notiz zu entnehmen ist, war es vielmehr der Kläger, der ihnen diese Überzeugung beibrachte, weil der Wechsel nur auf Fr. 5000.-- gelautet habe, als er ihn akzeptierte. Unerheblich ist ferner, dass der Kläger dem Rothenberger nichts schuldete, von ihm also bloss sog. Finanz- oder Gefälligkeitswechsel akzeptierte. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz blieb unbewiesen, dass Sulser darum gewusst habe. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, käme darauf nichts an. Wer Gefälligkeitswechsel unterschreibt, hat damit zu rechnen, dass er sie einlösen muss. Der Inhaber ist nicht verpflichtet, sich beim Erwerb des Wechsels nach dem Grundgeschäft zu erkundigen (vgl. GUHL/MERZ/KUMMER, OR S. 762 lit. e; BAUMBACH/HEFERMEHL, Einleitung N. 51 und N. 47 zu Art. 17 DWG). Es ist deshalb auch unerheblich, dass der Beklagten die "verhältnismässig bescheidenen Steuergrundlagen des Klägers" bekannt waren.
3. Was der Kläger sonst noch vorbringt, ist entweder unbehelflich oder unzulässig. Dies gilt insbesondere vom Versuch des Klägers, den vom Obergericht festgestellten Sachverhalt zu ergänzen und Beweise anders zu würdigen, weil das angefochtene Urteil unvollständig sei. Das trifft übrigens nicht zu. Es hätte überhaupt vom Obergericht nicht geprüft werden müssen, ob die Beklagte beim Erwerb der Wechsel im Sinne von Art. 1007
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1007 - Wer aus dem Wechsel in Anspruch genommen wird, kann dem Inhaber keine Einwendungen entgegensetzen, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussteller oder zu einem früheren Inhaber gründen, es sei denn, dass der Inhaber bei dem Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1007 - Wer aus dem Wechsel in Anspruch genommen wird, kann dem Inhaber keine Einwendungen entgegensetzen, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussteller oder zu einem früheren Inhaber gründen, es sei denn, dass der Inhaber bei dem Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1000 - Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 1000 - Wenn ein Wechsel, der bei der Begebung unvollständig war, den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden ist, so kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, dass er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. |
BGE 99 II 324 S. 332
Erklärung eine Begebung der Wechsel nicht ausschloss. Er schweigt sich denn auch darüber aus, was ihn sonst überhaupt veranlassen konnte, sie zu akzeptieren.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 4. Juni 1973 bestätigt.