97 III 12
4. Auszug aus dem Entscheid vom 22. Februar 1971 i.S. M.
Regeste (de):
- Fristwahrung durch Postaufgabe.
- Art. 32 SchKG stellt die Postaufgabe einer an eine Amtsstelle gerichteten Sendung, die eine an eine Frist gebundene Mitteilung (hier: eine Rechtsvorschlagserklärung) enthält, der Übergabe dieser Mitteilung an die Amtsstelle gleich.
- Beweis der rechtzeitigen Postaufgabe einer nicht eingeschriebenen Sendung, die dem Amt nicht zugegangen ist.
- Anspruch des Absenders auf Zulassung zum Beweis.
Regeste (fr):
- Observation du délai par la remise à la poste.
- L'art. 32 LP assimile la remise à la poste d'un pli adressé à une autorité et contenant une communication soumise à un délai (en l'espèce: une déclaration d'opposition) au dépôt de cette communication en main de l'autorité.
- Preuve de la remise à la poste, en temps utile, d'un envoi non recommandé qui n'est pas parvenu à l'office.
- Droit de l'expéditeur à l'administration de la preuve.
Regesto (it):
- Osservanza del termine mediante consegna dell'atto alla posta.
- L'art. 32 LEF assimila la consegna alla posta di un atto indirizzato ad un'autorità, e che contiene una comunicazione vincolata ad un termine (in concreto: una dichiarazione di opposizione), al deposito di questa comunicazione nelle mani dell'autorità. Prova della tempestiva consegna alla posta di un invio non raccomandato che non è giunto all'ufficio. Diritto del mittente all'assunzione della prova.
Sachverhalt ab Seite 13
BGE 97 III 12 S. 13
Aus dem Tatbestand:
A.- In den Betreibungen Nr. 2365 und 2373 für Forderungen von Fr. 14 583.55 bzw. Fr. 38 701.65 nahm die Ehefrau des Betriebenen am 11. August 1970 die Zahlungsbefehle entgegen. Vom Betreibungsamt am 25. August 1970 benachrichtigt, ein Rechtsvorschlag sei nicht erfolgt, verlangten die Gläubiger am 2. September 1970 die Fortsetzung der Betreibung. Hierauf teilte der Betriebene dem Betreibungsamt am 6. September 1970 unter Rücksendung der Pfändungsankündigungen mit, er könne beweisen, dass er gegen beide Betreibungen Rechtsvorschlag erhoben und beide Formulare (gemeint: die Zahlungsbefehle) am 20. August 1970 der Post übergeben habe. Er veranlasste bei der Postverwaltung eine Nachforschung nach dieser Sendung, die er nach seiner Darstellung am 20. August in Aarau als gewöhnlichen Brief zur Beförderung an das Betreibungsamt aufgegeben hatte, und legte dem Betreibungsamt am 8. September 1970 eine Photokopie des Zahlungsbefehls Nr. 2373 vor, nach welcher er auf diesem den von ihm unterzeichneten Vermerk angebracht hatte: "Ich erhebe Rechtsvorschlag. W..., den 20. August 1970." Daraufhin teilte das Betreibungsamt, obwohl es eine solche Sendung nicht erhalten hatte, den Gläubigern am 8. September 1970 mit, es könne die Pfändung nicht vollziehen.
B.- Auf Beschwerden der Gläubiger hin ordnete die untere Aufsichtsbehörde am 25. September 1970 an, die Pfändung sei zu vollziehen. Der Betriebene, der im erstinstanzlichen Verfahren nicht angehört worden war, rekurrierte an die kantonale Aufsichtsbehörde. Er berief sich dabei auf seine Ehefrau als Zeugin dafür, dass sie den Umschlag der Sendung vom 20. August 1970 angeschrieben und frankiert und dass er die Sendung an diesem Tage etwa um 21.15 Uhr vor ihren Augen in den Briefkasten am Hauptbahnhof Aarau eingeworfen habe. Am 18. Dezember 1970 wies die kantonale Aufsichtsbehörde die Rekurse des Betriebenen ab.
C.- Den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde hat der Betriebene rechtzeitig an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerden der Gläubiger. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist die Sache
BGE 97 III 12 S. 14
zur Vervollständigung des Tatbestandes und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Vorinstanz fand, es könne dahingestellt bleiben, ob der Rekurrent die nach seiner Darstellung von ihm abgegebenen Rechtsvorschlagserklärungen tatsächlich am 20. August 1970 zur Post gebracht habe. Er habe die Einhaltung der Frist für den Rechtsvorschlag zu beweisen. Was er vorgebracht habe, genüge dazu nicht. Da er sich nicht die Mühe genommen habe, die Sendung bei der Post einschreiben zu lassen, habe er das Risiko auf sich genommen, dass diese bei der Post verloren gehen konnte. Entscheidend sei demgemäss nur, ob die Rechtsvorschläge beim Betreibungsamt eintrafen. Das sei nicht geschehen. Die Behauptung, die Rechtsvorschlagserklärungen seien rechtzeitig der Post übergeben worden, vermöge "die Rechtsvorschläge nicht zu ersetzen". In diesen Erwägungen der Vorinstanz, die sich im wesentlichen mit der Auffassung decken, welche die bernische Aufsichtsbehörde in dem von den Rekursgegnern angerufenen Entscheide vom 5. August 1931 i.S. Leuenberger (ZBJV 1932 S. 294, zit. bei JAEGER/DAENIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurspraxis I, N. 5 zu Art. 74
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140 |
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1 | Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140 |
2 | Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141 |
3 | Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 97 III 12 S. 15
unmittelbar nur im Gebiete des Bundesprivatrechts (BGE 88 I 15 lit. b, BGE 82 II 125 ff. E. 3; vgl. auchBGE 79 II 405E. 5; KUMMER a.a.O. N. 49/50). Er spricht jedoch einen Grundsatz aus, der auf rechtlichen Überlegungen allgemeiner Art beruht und daher unter Vorbehalt bestehender Sondervorschriften samt den in diesem Grundsatz eingeschlossenen Folgesätzen z.B. auch in rein betreibungsrechtlichen Prozessen (KUMMER a.a.O. N. 54) und darüber hinaus im betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren, soweit hier nicht die Untersuchungsmaxime (Abklärung des Sachverhalts von Amtes wegen) gilt (vgl. BGE 82 III 106 E. 2), von Bundesrechts wegen sinngemäss angewendet zu werden verdient. Das Bundesgericht hat denn auch schon vor dem Inkrafttreten des ZGB angenommen, es habe im Rekursverfahren nach Art. 19
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 32 - 1 ...50 |
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1 | ...50 |
2 | Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51 |
3 | ...52 |
4 | Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 74 - 1 Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140 |
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1 | Will der Betriebene Rechtsvorschlag erheben, so hat er dies sofort dem Überbringer des Zahlungsbefehls oder innert zehn Tagen nach der Zustellung dem Betreibungsamt mündlich oder schriftlich zu erklären.140 |
2 | Bestreitet der Betriebene die Forderung nur teilweise, so hat er den bestrittenen Betrag genau anzugeben; unterlässt er dies, so gilt die ganze Forderung als bestritten.141 |
3 | Die Erklärung des Rechtsvorschlags ist dem Betriebenen auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 32 - 1 ...50 |
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2 | Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51 |
3 | ...52 |
4 | Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben. |
BGE 97 III 12 S. 16
c) Der vom Rekurrenten angebotene Beweis dafür, dass er die an das Amt gerichtete Sendung mit den Rechtsvorschlagserklärungen am 20. August 1970 in einen Postbriefkasten eingeworfen habe, betrifft also eine erhebliche Tatsache. In entsprechender Anwendung der Regeln über die Zulassung zum Beweis solcher Tatsachen, welche die Rechtsprechung aus Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |