83 II 93
17. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. März 1957 i.S. X. gegen Dagmar R.
Regeste (de):
- Vaterschaftsklage; Klageverwirkung, Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. 2 Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 3 Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. 2 Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. - Die Geltendmachung der Verwirkung ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Klägerschaft sich durch bloss vage, ziffermässig unbestimmmmte Versprechungen des Schwängerers hatte hinhalten lassen; erst recht nicht, wenn letzterer schliesslich seine Ablehnung so zeitig kundgetan hatte, dass noch genügend Zeit zu fristgerechter Klageerhebung blieb. Unkenntnis der Verwirkungsfrist auf Seite der Klägerschaft ist ohne Belang.
Regeste (fr):
- Action en recherche de paternité; péremption de l'action; art. 308 et 2 al. 2 CC.
- Le fait de se prévaloir de la péremption de l'action ne constitue pas un abus manifeste de droit lorsque c'est en raison de promesses vagues et indéterminées en chiffres du père présumé que la partie demanderesse a attendu pour agir; d'autant moins, quand celui-ci a finalement fait connaître son refus à un moment où il restait encore assez de temps pour ouvrir action dans le délai. L'ignorance du délai de péremption par la partie demanderesse est sans importance.
Regesto (it):
- Azione di paternità; perenzione dell'azione; art. 308 e 2 cp. 2 CC.
- Il fatto di prevalersi della perenzione dell'azione non costituisce un abuso manifesto del proprio diritto quando la parte attrice non ha agito tempestivamente a motivo di promesse vaghe e non espresse in cifre del presunto padre; ancor meno, quando questi ha per finire manifestato la sua opposizione alla paternità in un momento in cui rimaneva sufficientemente tempo per proporre l'azione entro il termine legale. L'ignoranza del termine di perenzione da parte dell'attrice è priva di importanza.
Sachverhalt ab Seite 94
BGE 83 II 93 S. 94
A.- Am 11. Oktober 1951 trat die 17jährige M. R. aus I. (Holstein) in der Bäckerei G. in Bern eine Stelle als Haushalthilfe an, wo der 19jährige Paul X. aus D. seine Bäckerlehre vollendete. Die beiden, im Hause G. wohnenden jungen Leute fingen bald ein Liebesverhältnis an und pflegten vom Dezember 1951 an auf ihren Zimmern häufig Geschlechtsverkehr. Anfangs Frühjahr 1952 stellte der Arzt bei M. R. eine Schwangerschaft im dritten Monat fest. Sie machte hievon dem X., der nach beendigter Lehrzeit am 1. April 1952 Bern verlassen hatte, Mitteilung. Nach kurzem Aufenthalt bei seinen Eltern in D. nahm er in Bern eine andere Stelle an und setzte das Verhältnis mit M. R. fort. Es wurde in Aussicht genommen, dass das Mädchen vorderhand in Bern bleibe, dann zur Niederkunft sich in seine Heimat begebe und nachher in die Schweiz zurückkehre. Nach der Erklärung der Kindsmutter nahm ihr X. damals das Versprechen ab, ihn nicht als Vater anzugeben, wogegen er sich verpflichtete, sie nicht im Stiche zu lassen und sich um das Kind zu kümmern. X. hatte seine Freundin mit seiner Familie bekannt gemacht, und diese hatte sie häufig in D. empfangen.
Als Frau G. die Schwangerschaft ihrer Angestellten bemerkte, riet sie ihr, sich an den Amtsvormund der Stadt Bern zu wenden. M. R. tat dies jedoch nicht, worauf Frau G. dem Vater X. Mitteilung machte mit der Begründung, die Beziehungen der beiden seien beobachtet worden.
BGE 83 II 93 S. 95
Der Vater X., der vom intimen Verkehr der jungen Leute Kenntnis hatte, kam nach Bern und stellte M. R. unter vier Augen, dann in Gegenwart der Frau G. zur Rede, ob das erwartete Kind von seinem Sohn sei. Die Schwangere verneinte dies. Am 9. Oktober 1952 verliess M. R. die Familie G. und kehrte, nach einem kurzen Aufenthalt bei den Eltern X. in D., nach I. zu ihrer Mutter heim. Am 7. Dezember 1952 gebar sie in Kiel das Mädchen Dagmar. Auch gegenüber dem Jugendamt der Stadt I. weigerte sie sich, den Namen des Vaters anzugeben. Vor und nach der Niederkunft blieb sie mit X. und seinen Eltern in Briefwechsel, der in sehr herzlichem Tone gehalten ist und darauf schliessen lässt, dass die Familie über die intimen Beziehungen des Sohnes mit der Kindsmutter im Bilde war und annahm, dieser könne sich an dem Kinde nicht desinteressieren. X. selbst versicherte ihr, er werde sie nicht im Stiche lassen und ihr im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten Geld schicken, behaftete sie aber nach wie vor bei ihrer Schweigepflicht. Auch die Mutter X. ermahnte sie zur Geduld unter Hinweis auf die beschränkten finanziellen Verhältnisse des Sohnes und der Familie. Die Kindsmutter erhielt im Jahre 1953 folgende Geldsendungen: 26. März 1953 20 DM vom Sohne X.
16. April 1953 17 DM vom Sohne X.
23. Juli 1953 19 DM vom Vater X.
3. Sept. 1953 14 DM vom Vater X.
B.- Angesichts der Geringfügigkeit dieser Hilfe sah sich die Kindsmutter trotz ihrem Versprechen Ende Sommer 1953 veranlasst, sich an das Jugendamt I. zu wenden und X. als Vater zu nennen. Das Jugendamt schrieb am 7. September 1953 an den Vater X. und setzte dem Sohne bis Ende September Frist, sich formell zu Unterhaltsbeiträgen an das Kind zu verpflichten. Am 26. September 1953 bestätigte der Vater X. von Locarno aus den Empfang
BGE 83 II 93 S. 96
dieses Schreibens und ersuchte um Erstreckung der Frist um einen Monat unter Hinweis darauf, dass er nicht vor der Rückkehr aus den Ferien mit seinem Sohne Rücksprache nehmen könne. In einem Briefe vom 27. Oktober 1953, dem Jugendamt I. am 2. November zugekommen, schrieb der Vater X. u.a.: "In Beantwortung Ihrer Zuschrift vom 7. September 1953 muss ich Ihnen leider die Mitteilung machen, dass ich mich zu dieser Vaterschaft nicht einverstanden erklären kann. Auch mein Sohn, der zu dieser Zeit in der gleichen Stelle wie M.R. in Bern in Stellung war, bestreitet die Vaterschaft. M. R. hat damals, als ich von Familie G. in Bern Mitteilung von der Schwangerschaft erhielt, mir gegenüber und auch unter Zeugen ausgesagt, dass mein Sohn als Schwängerer nicht in Frage käme. Ich habe sie damals dringend ermahnt, mir die Wahrheit zu sagen: sie blieb bei ihrer Aussage, mein Sohn sei nicht der Vater des zu erwartenden Kindes." Daraufhin lud das Jugendamt I. am 19. November die Kindsmutter auf den 21. November zur Stellungnahme zu dieser Antwort vor. Dabei erklärte M. R., sie habe dem Vater X. gegenüber die Vaterschaft des Sohnes nur deshalb verneint, weil dieser ihr versprochen habe, sie nicht im Stich zu lassen unter der Bedingung, dass sie ihn, namentlich seinen Eltern gegenüber, nicht als Vater angebe. Erst als X. seine Zusagen nicht gehalten, habe sie sich durch die Not gezwungen gesehen, über ihr Versprechen hinweg- und gegen ihn vorzugehen. Mit Schreiben vom 29. November 1953 wandte sich das Jugendamt I. direkt an X. und fragte ihn an, ob er die Vaterschaft in urkundlicher Form anerkennen oder es auf einen Vaterschaftsprozess ankommen lassen wolle; gefordert wurde ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 40 DM. Darauf antwortete X. am 17. Dezember 1953, er könne sich mit der Anerkennung des Kindes nicht einverstanden erklären; er bzw. sein Vater würden einen Rechtsanwalt und die Vormundschaftsbehörde zu Rate ziehen; über deren Stellungnahme werde er dem Jugendamt bis Ende des Jahres, spätestens bis Mitte Januar 1954 berichten.
BGE 83 II 93 S. 97
Am 13. Januar 1954 lehnte Rechtsanwalt Hayoz namens des X. jede Verpflichtung ab. Dieser gab an, ein einziges Mal mit der Kindsmutter Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, der jedoch nicht zur Schwängerung habe führen können. Die Kindsmutter habe seinem Vater erklärt, das Kind stamme nicht von ihm.
C.- Unterm 30. Januar 1954 reichte das Jugendamt I. namens des Kindes eine Vaterschaftsklage beim Zivilamtsgericht Bern ein, das sie am 3. Februar an den Präsidenten des zuständigen Amtsgerichts weiterleitete. Nach einem Vorverfahren betr. Bewilligung des Armenrechts für Mutter und Kind, in welchem der Beklagte sich von Anfang an auf die Verwirkung der Vaterschaftsklage gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
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1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
D.- Das Amtsgericht schützte die Einrede der Verwirkung bezüglich beider Klägerinnen und wies die Klage ab. In teilweiser Gutheissung der Appellation derselben hat das Kantonsgericht des Kantons Freiburg mit Urteil vom 30. Mai 1956 die Klage der Mutter zufolge Verwirkung abgewiesen, dagegen diejenige des Kindes Dagmar geschützt und den Beklagten zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von Fr. 50.- bis zum vollendeten 18. Altersjahr desselben und zu den Kosten beider Instanzen verurteilt. In seinen Erwägungen verwirft das Kantonsgericht die Einreden aus Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
BGE 83 II 93 S. 98
Pflichten zu erfüllen, ohne durch ein Urteil dazu gezwungen zu werden. Die Berufung auf Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
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1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
E.- Mit der vorliegenden Berufung mit dem Antrag auf Abweisung auch der Klage des Kindes wendet sich der Beklagte einzig gegen die Ablehnung der Einrede der Klageverwirkung, lässt also die Verwerfung der Einreden aus Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts stellt die Geltendmachung der Klageverwirkung gemäss Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
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1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 83 II 93 S. 99
liegen, sondern ist darin zu erblicken, dass er jetzt aus jenem Verhalten die Einrede der Verwirkung herleitet (BGE 49 II 322 oben). Die Voraussetzung, dass der behauptete Vater der Klägerschaft ernstlichen Anlass zur Meinung, eine Klage erübrige sich, gegeben habe, kann indessen nur dann als erfüllt betrachtet werden, wenn eine vermeintlich gültige Anerkennung, sei es des Kindes mit Standesfolge im Sinne von Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern. |
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1 | Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern. |
2 | Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig. |
3 | Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis. |
BGE 83 II 93 S. 100
Die Vorinstanz nimmt an, dass diese Erklärung des Vaters im Einverständnis mit dem Beklagten erfolgt sei. Etwas anderes anzunehmen, nämlich dass der Sohn sich zu den Konsequenzen der Vaterschaft positiver einstelle, hatte auch das Jugendamt keinen Anlass. Das bisherige Verhalten des Beklagten, mochte es noch einiger Hoffnung Raum gelassen haben, konnte daher angesichts dieser unmissverständlichen Erklärung vom 27. Oktober keinen Grund mehr bieten, eine Klage als unnötig anzusehen. Vom Empfang des ablehnenden Bescheides (2. November 1953) bis zum Ablauf der Verwirkungsfrist (7. Dezember 1953) blieb nun aber dem Jugendamt noch genügend Zeit, um die Vaterschaftsklage zu erheben oder erheben zu lassen. Dass es sie erst später eingereicht hat, erklärt die Vorinstanz damit, dass das Jugendamt von der - dem deutschen Recht (abgesehen von der Verjährung des Anspruchs auf Kindbettkosten, § 1715 Abs. 3 BGB) unbekannten - Klagefrist des Art. 308 keine Kenntnis gehabt habe. Die kurze Verwirkungsfrist geht freilich von der Voraussetzung des Vorhandenseins eines Beistandes für das Kind gemäss Art. 311 aus, der dann von der Vormundschaftsbehörde verhalten wird, für die Wahrung der Frist zu sorgen. Vorliegend hat die Kindsmutter den Rat der Frau G., ihre Schwangerschaft der Amtsvormundschaft in Bern anzuzeigen, nicht befolgt und das Jugendamt I. die Sache selber geführt, statt sie rechtzeitig der deutschen Gesandtschaft in der Schweiz zu übergeben. Die Folgen weder jener Unkenntnis des Gesetzes noch dieser Unterlassungen können den Beklagten treffen; sie bilden keinen Grund zur Anwendung des Art. 2 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 83 II 93 S. 101
Jugendamt erst durch den Brief des Vaters vom 27. Oktober 1953 bekannt gewordene Angabe der Kindsmutter habe zu weiterer Abklärung des Sachverhaltes vor Einreichung einer Klage Anlass gegeben. Nach der eindeutigen Ablehnung der Vaterschaft mit dem Briefe vom 27. Oktober hätte sich als vorprozessuale Massnahme bei Kenntnis des drohenden Fristablaufs einzig noch die Einvernahme der Kindsmutter rechtfertigen lassen. Wäre diese unverzüglich erfolgt, so hätte die Zeit immer noch zur fristgemässen Klageerhebung gereicht. Statt dessen hat das Jugendamt die Kindsmutter erst am 19. November vorgeladen und nach deren am 21. November erfolgten Einvernahme erst noch den Versuch gemacht, durch einen Brief vom 29. November 1953 den Beklagten zur Anerkennung der Vaterschaft zu bewegen. Diese nicht anders als durch die - von der Vorinstanz ja festgestellte - Unkenntnis der Verwirkungsfrist erklärliche Saumseligkeit der Klägerschaft kann nicht dem Beklagten zur Last gelegt werden. Ob dieser selber von der Verwirkungsfrist Kenntnis gehabt hat oder nicht, ist ohne Belang. Auch der bösgläubige Schuldner kann sich wie auf die Verjährung, so auf die Verwirkung berufen, ohne dass ihm Rechtsmissbrauch entgegengehalten werden könnte (BGE 58 II 146; VON TUHR/SIEGWART S. 664); nur die positive Verursachung der Fristversäumnis durch sein eigenes Verhalten, diese aber auch ohne Arglist, vermag jene Gegeneinrede zu rechtfertigen. Dieses Erfordernis ist, wie dargetan, hier nicht gegeben, nachdem der Schwängerer rechtzeitig genug Farbe bekannt hat, dass für die fristgerechte Klageerhebung noch Zeit blieb.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.