Demnach erkennt das Bundesgericht :
Die Berufung Wird abgewiesen und das Urteil des Appellationsgeriehts
,des Kantons Basel-Stadt vom ti. März 1924 bestätigt.
_ 41._U_'rteil der I. Zivilabteilung vom 1. Juli 1924 1. S. Vereinigte
Luzerner Brauereien ,A.-G. gegen Windlin. Bierhezugsvertrag auf 15 Jahre,
mit einem be-
stimmten Bezugspreis. Erhöhung des Preises wegen Änderung der
Verhältnisse ?
A. Am 25,126. April 1900 schlossen fünf W'irtschaftshesitzer in Sarnen,
nämlich C. Imfeld, Restauratemzum Bahnhofbuffet, F. Frunz, zu den
Metzgern , J . Wirz, zur Krone, J. Kiser, zur Linde und der Beklagte
Windlin, zum Schlüssel , mit der Bierbrauerex Spiess A.-G. in Luzern,
der Rechtsvorgängerin der heutigen Klägerin, folgendes Übereinkonmen' ab :
. I. Die Bierbrauerei Spiess A. G. verpflichtet sich, die in ihrer
käuflich erworbenen Liegenschaft zum Batzenhof in Sarnen hisher
betriebene Wirtschaft auf denZeitpunkt des Nutzensund Schadensanfanges,
d. i. 15. September 1900, eingehen zu lassen. '
· II. Die genannten fünf Wirte ihrerseits verpflichten SlCh, für die
Dauer von 15 Jahren ihren gesamten Bedarf an Bier, in gutgelagerter,
konkurrenzfähiger Qualität, ausschliesslich aus der Bierbrauerei Spiess
A.-G, m Luzern zu beziehen und zwar gegen allmonatliche Barzahlung zum
Preise von 24 Fr. per hl., franko Station Sarnen, abzüglich 4% Skonto,
Retourfracht der leeren Gebinde ab genannter Station zu Lasten der
Brauerei. Diese Verpflichtung beginnt für die Herren Imfeld und Frunz
sofort, für Herrn Windlin am 1. Mai 1900 und für die Herren Wirz und
Kiser am 1. September 1900.
Das innert der Frist von 15 Jahren von den genanntenObligationenrecht. N°
41. 257
fünf Wirten zu heziehende Bierquantum hat im Minimum 12,000 111. zu
betragen; wird diese Ziffer innert der bezeichneten Frist von 15 Jahren
nicht erreicht, so dauert die Bezugsverpfiichtung für die fünf Wirte so
lange fort, bis das erwähnte Quantum von 12,000 hl. erreicht ist. Sollte
der eine oder andere der genannten fünf Wirte eine andere oder weitere
Wirtschaft über,nehmen, so verpflichtet er sich ebenfalls zum Bezuge
seines Bierbedarfs für den Rest der Vertragsdauer aus der Bierhrauerei
Spiess A.-G.' zu den angeführten Konditionen. Sollte das Wirtschaftspatent
des einen oder andern der genannten fünf Wirte behördlich als erloschen
erklärt werden und bleiben, so geht die Verpflichtung für den Bezug des
Ausfallquantums des Betreffenden auf die übrigen Kontrahenten über.
III. Die genannten fünf Vir'te verpflichten sich, die in Ziff. II
dieses Übereinkommens enthaltenen Bestimmungen vollinhaltlieh ihren
allfälligen Rechtsnachfolgern, Liegenschaftskäufern oder Pächtern,
Geschäftsnachfolgern etc. zu überbinden.
Im Jahre 1905 starb der Bahnhofrestaurateur Imfeld ; da die SBB die von
ihm gegenüber der Brauerei Spiess eingegangene Verpflichtung für sich
nicht als verbindlich anerkannten, mussten nunmehr die anderen vier
Wirte das volle noch nicht bezogene Bierquantum sukzessive abnehmen.
Im Jahre 1908 wurde die Wirtegenossenschaftsbrauerei Gütsch
gegründet. Der Mitkontrahent des Beklagten, Frunz, beteiligte sich
an derselben als Genossenschafter, und bezog in der Folge einen Teil
seines Bierbedarfes von ihr zu 21 Fr. per hl. Auf Klage der Brauerei
Spiess wurde er jedoch vom Kantonsgericht Obwalden am 25. Januar 1912
zur allseitigen Innehaltung des Abkommens vom 25.126. April 1900, sowie
zu einer Entschädigung von 200 Fr. an die Brauerei Spiess verurteilt.
B. Im Februar 1916 erliess der Schweizer. Bierbrauerverein eine
Denksehrift über die Notwendigkeit
258 , ' ss WWW: 1641." einer Bierpreiserhöhnng in der Schweiz, welcher
ein ss Zirkular desselben Vereins an seine Kunden folgte, mit der Anzeige,
dass infolge Erhöhung der Preise des Malzes, der Kohlen, des Öles, Peches,
Steigerung der Hypothekerzinsen, Abnahme des Bierkonsnms usw. vom 5. März
1916 hinweg ein Bierpreisaufschlag in Kraft trete. Im Ansehluss hieran
teilte die Brauerei spiess am 5. März 1916 ihren Kunden, worunter dem
Beklagten mit, dass der Preis für Fassbier vom Tage der Anzeige an auf
30 Fr. per hl. mit einer Skontovergütung von 3% erhöht werde.
Gegen diese Preiserhöhung verwahrten sich der Beklagte und seine
Mitkontrahenten durch gemeinsame Zusehrift vom 15. März 1916, in der
sie geltend machten, dass das Übereinkommen vom 25,./26. April 1900 den
Bierpreis für die ganze Vertragsdauer fest geregelt habe; es gehe daher
nicht an, dass die Brauerei ihn entgegen dem Vertrag einseitig erhöhe.
Die Brauerei Spiess erwiderte hierauf am 22. März: an... Nach dem
Wortlaute des Vertrages vom 25.April 1900 besteht für die Herren Wirte
allerdings eine Bezugspflicht, nirgends wird aber eine Bestimmung zu
finden sein, dass f ür uns eine Lieferungspflicht existiert. Übrigens
begründen ausserordentliche Verhältnisse ausserordentliche Massnahmen,
und dass gegenwärtig ausserordentliche Verhältnisse und Zustände
tatsächlich existieren, kann im Ernste wohl nicht bestritten werden ;
die Herren Wirte in Samen geben dies übrigens selbst zu mit der von
ihnen praktizierten Erhöhung der Bierausschankpreise... Es liegt für
uns gar keine Veranlassung vor, auf die mittelst Zirkuiar notifizierte
Preiserhöhung im Sinne einer 'Wiedererwägung zurückzukommen.
Der Beklagte und seine Kollegen hielten jedoch mit Zuschrift vom 24. März
daran fest, dass die Brauerei verpfliéhtetsei, auch in Zukunft den
hl. Bier zum Vertragspreis von 24 Fr., abzüglich 4% Skonto zu liefern,MP"
. u_u-WM
__=_amavonemechtsiNo 41. . 259
und erklärten, dass sie jede Mehrforderung ablehnen werden. Gleichzeitig
stellten sie unbeschadet aller Rechte die Anfrage an die Brauerei,
ob sie bereit wäre, auf das Übereinkommen vom 25./26. April 1900 den
vier Wirten gegenüber zu verzichten, bezw. den Vertrag als aufgehoben
zu erklären .
Ohne zunächst hierauf zu antworten, stellte die Brauerei den Wirten die
Rechnung pro März 1916 mit Einsetzung des erhöhten Preises zu, worauf
diese erklärten, nur den Ansatz von 24 Fr. per hl. anzuerkennen, und
die Brauerei aufforderten, ihnen eine dem Vertrag entsprechende Rechnung
zuzustellen, ansonst sie sich entschliessen, vom Vertrag zurückzutreten
und das Bier sofort anderswo zu beziehen.
Am 13. April 1916 schrieb dann die Brauerei Spiess, sie sei nicht
im Falle, an dem notifizierten und inzwischen auch fakturierten neuen
Bierpreis etwas zu ändern, so wenig sie die Wirte aus der kontraktlichen
Bezugspflicht entlassen könne.
Die vier Wirte erklärten ihrerseits mit Zuschrift vom 18. April 1916, dass
auch sie auf ihrem Standpunkt beharren, und demgemäss die Märzreehnungen
auf der Basis des Vertrages bezahlen werden, unter Ablehnung jeder
Mehrforderung.
Mit Zirkuiar vom März 1917 zeigten die Schweizer. Bierbrauereien
ihren Kunden auf den 15. März 1917 einen neuen Preisaufschlag um
5 Fr. an, sodass der hl. Bier auf 35 Fr., mit 2% Skonto, zu stehen
kam. Gleichzeitig wurden (wie schon beim ersten Preisaufsehlag vom März
1916) die Detailausschankpreise erhöht und die Kunden angewiesen, die
erhöhten Preise einzuhalten, mit der Androhung, dass gemäss Beschluss
des Schweizer. Bierbrauervereins den Abnehmern, welche die festgesetzten
Mindestpreise im Detailhandel nicht einhalten sollten, die Bierlieferung
entzogen werden müsste.
Am 1. Juni 1917 erliess der Bierbrauerverein ein weiteres Zirkular,
in dem er eine Kontingentierung des
260 Obligatiouenreeht. N° 41-
Bierverkaufs in Aussicht stellte, und die Engrosund Detailpreise mit
Gültigkeit seit 5. Juni 1917 neu bestimmte ; der Engrospreis für das
Fassbier wurde dabei auf 45 Fr. netto per hl. erhöht. Doch wurde vom
1. Juli
1917 an den Ahnehmern ein Skonto von 10% auf dem
Engrospreis von 45 Fr. gewährt, unter entsprechender Herabsetzung der
Detailpreise.
Der Beklagte bezahlte, wie seine Mitkontrahenten, seit März
1916 die Monatsrechnungen weiterhin auf Grund des ursprünglichen
Vertragspreises; dagegen wurden die Zahlungen von der Brauerei jeweilen
unter Zugrundelegung des erhöhten Preises a conto gebucht. Die hieraus
sich ergebende Differenz macht für den Beklagten bis 30. September 1922
unbestrittenermassen die Kiagesumme von 8762 Fr. aus. Für die übrigen
siKontrahenten betrug die Differenz auf dasselbe Datum: Frunz 6638 Fr. 10
Cts.; Imhof z. Krone 7382 Fr. ; Erben Wirz z. Krone 1227 Fr. 80 Cts. ;
Kiser 2447 Fr. 25 (Its, sodass die Gesamtsumme sich auf rund 26,450
Fr. besi läuft. Unbestritten ist, dass das Konsortium der Wirte , bis
30. November 1922 im ganzen 10,158,63 hl. Bier bezogen hat, wovon auf
denBeklagten 2541 ,35 hi. entfallen.
Am 30. November 1922 leitete die Brauerei Spiess gegen die Wirte für
die angeblich von ihnen geschuldeten Beträge Betreibung ein, worauf
sie Recht vorschlugen, und die Klägerin (welche inzwischen die Brauerei
Spiess übernommen hatte).gegen sie [Klage anhob.
C. Zur Begründung der gegen den Beklagten gerichteten Klage auf Zahlung
von 8762 Fr., nebst 5% Zins seit 30. November 1922 und 3 Fr. 10
Cts. Betreibungskosten macht die Klägerin geltend : Angesichts der
geänderten Marktverhältnisse könne der Beklagte nicht Anspruch darauf
erheben, für das seit März 1916 bezogene Bier nur den-im Jahr 1900
vereinbarten Preis zu bezahlen. Die bundesgerichtliche Praxis habe:
bei solchen Verhältnissen eine Aufhebung langfristiger Verträge mit
fixem Preise als zulässig erklärt, wenn der
oizugauonenrecm. N° 41. ein Abnehmer sich zur Bezahlung des erhöhten
Preises weigere; auch dürfe der Richter, unter Aufrechthaltung solcher
Verträge, einzelne Bestimmungen derselben, speziell die Preisbestimmungen
den Verhältnissen anpassen. Das Verhalten des Beklagten verstosse gegen
Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
|
1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
im Sinn von Art. 62
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 62 - 1 Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten. |
|
1 | Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten. |
2 | Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat. |
D. Der Beklagte beantragte Ahweisung der Klage, indem er ausführte: Bei
Festsetzung des Bierpreises im Vertrag seien alle Eventualitäten, die
sich während der langen Vertragsdauer einstellen könnten, berücksichtigt,
und alle Risiken eingeschätzt worden. Der Preis von 24 Fr. pro hl. sei
damals der höchste Bierpreis gewesen _: die Wirte haben durch den Vertrag
sehr weitgehende Verpflichtungen eingegangen. Trotzdem die Brauerei eine
Lieferpflicht bestritten habe, habe sie, im Bewusstsein, dass die Wirte
sich weigerten, die Preiserhöhung anzunehmen, weiter geliefert, und sich
auf den Vorschlag, den Vertrag im gegenseitigen Einverständnis aufzulösen,
nicht eingelassen. Im übrigen könne die Innehaltung des Vertrages
die Rendite des klägerischen Unternehmens nicht merkbar beeinflussen,
geschweige denn die Existenz desselben in Frage stellen, abgesehen davon,
dass die Brauerei in den Jahren 1900/1916 durch die Bierlieferung an
die Sarner Wirte , einen namhaften Gewinn erzielt habe. Darauf, dass der
Beklagte das Bier nicht zum Vorkriegspreis ausschenke, komme nichts an ;
denn das Verhältnis zwischen ihm und seinen Kunden berühre die Brauerei
nicht, und zudem sei den Wirten die Erhöhung der Ausschank-
preise von den Brauern geradezu vorgeschrieben werden,
unter Androhung des Boykotts im Falle der Nichteinhaltung der
festgesetzten Detailpreise.
E. Das Kantonsgericht Obwalden hat mit Urteil vom 3. Januar 1924 die Klage
abgeWiesen, und das Obergericht hat auf Appellation der Klägerin unterm
.. 'S. März 1924 das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
AS 50 II 1924 18
262 Obllgationenrecht. N° 41.
F. Gegen das Urteil des Obergerichts hat die Klägerin die Berufung
an das Bundesgericht erklärt, mit dem Antrag, die Klage sei in vollem
Umfange gutzuheissen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
I. Das Übereinkommen vom 25.126. April 1900
stellt sich in der Hauptsache als ein Kaufvertrag mit Sukzessivlieferung
auf Abruf dar, wobei unerörtert bleiben kann, ob nach der Willensmeinung
der Parteien nur der Beklagte zum Bierbezug verpflichtet sein sollte,
oder ob nicht auch die Lieferpflicht der Brauerei stillschweigend
vorausgesetzt und vereinbart gewesen sei.
2. Was die Vertragsklausel betreffend den Lieferpreis des Bieres
(24 Fr. per hl. franko Station Samen, mit 4% Skonto) anbetrifft, so
ist vorab festzustellen, dass der Vertrag auf 15 Jahre, bezw. für ein
Mindestbezugsquantum von 12,000 hl. abgeschlossen werden war, ohne dass
im Vertrag selbst ein Vorbehalt hinsichtlich einer Preisänderung im
Falle des Eintritts besonderer Eventualitäten während der Vertragsdauer
gemacht worden wäre. Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass
der Bierpreis nach dem Willen beider Parteien für die ganze Vertragsdauer
ein fester, unabänderlicher sei, sodass voraussehbare Verschiebungen
in den Berechnungsfaktoren, die nach der Erfahrung des Lebens und nach
kaufmännischen Gesichtspunkten eine Beeinflussung des Preises bewirken
und rechtfertigen könnten, als im Vertragspreise mitberücksichtigt zu
betrachten sind, und keine nachträgliche Preisänderung
herbeiführen können. Dabei haben die kantonalen Instanzen sowohl nach den
Verhältnissen der am Vertrag beteiligten Personen, wie nach dem Inhalt
des Vertrags selbst, mit Recht angenommen, dass beim Vertrags-schluss die
Brauerei Spiess als der wirtschaftlich stärkere Teil den Sarner Wirten
gegenüber gestanden ist. Nur so erklärt es sich, dass fünf Wirte in
einer Dorfschaft mit beschränktem Betriebe sich und ihre Rechtsnachfolger-
edugationemesscm.' N° 41. , 263,
auch für anfällig neu zu erwerbendc Wirtschaften, auf eine Vertragsdauer
von mindestens 15 Jahren in der Freiheit des Bierbezuges und der Zahlung
des Preises, ungeachtet aller Schwankungen des Verkehrs und aller
Fährlichkeiten des Lebens, haben binden lassen, und dabei überdies noch
für den Fall, dass ein Mitkontrahent als Bezüger wegfallen sollte,
sich zum voraus verpflichtet hatten, dessen Bezugspflicht für das
Ausfallquantum zu übernehrhen. Demgegenüber fällt die Sehliessung der
Wirtschaft zum Batzenhof durch die Klägerin und der von ihr bei der
Veräusserung der Liegenschaft erlittene Verlust von 13,000 Fr. nicht
entscheidend in die Wagsehale, zumal da nicht dargetan ist, dass
ohne diese Schliessnng die Interessen der fünf Ser-ner Wirte in einem
adäquaten Masse gefährdet gewesen wären. Sowenig also der Beklagte sich
gegenüber dem Vertrag mit Erfolg hätte darauf berufen können, dass der
Tagespreis für Fassbier lange Zeit unter 24 Fr. per hl. gestanden habe,
so Wenig konnte umgekehrt die Brauerei, wenn der Tagespreis des Bieres
während der Vertragsdauer über 24 Fr. per hl. stieg, Anspruch auf eine
Erhöhung des vertraglich festgesetzten Preises erheben, wobei noch zu
berücksichtigen ist, dass die Brauerei Spiess den Vertrag abgefasst
hat, und daher nach anerkanntem Rechtsgrundsatz derselbe im Zweifel zu
Ungunsten der Klägerin auszulegen Wäre.
3. Diese Grundsätze können, da die Parteien im übrigen den Vertrag nicht
anfechten, die Brauerei Spiess gegenteils stets geltend gemacht hat, dass
der Beklagte und seine Mitkontrahenten kraft des Vertrages zum Bier-bezug
verpflichtet seien, und die Klägerin hieran auch heute festhält, nur
dann eine Ausnahme erleiden, wenn, wie die Klägerin darzutun versucht,
die Voraussetzungen des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
|
1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
und Glauben die weitere Erfüllung ihrer Vertragspflicht zur Lieferung
des Bieres zu 24 Fr. per hl. nicht mehr zugemutet werden konnte.
264 Obllgationenrecht. N° 41.
a) Fragt es sich also, ob trotz der Während des Krieges eingetretenen
Erhöhung des Preises der Rohmaterialien für die Herstellung des Biers und
angesichts der Schlussnahmen und Zirkulare des Schweizer. Brauervereins',
dem die Brauerei Spiess angehörte, der Beklagte von dieser verlangen
durfte, dass sie das Bier seit März 1916 zum Vertragspreis weiter
liefere, so ist der Klägerin zuzugeben, dass sofern in einer Fortdauer der
Lieferpflicht gemäss Vertrag eine derart erhebliche Leistungserschwerung
zu erblicken wäre, dass die Vertragserfüllung für den Schuldner eine
ruinöse Last bedeuten Würde, dieser Umstand nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts der Brauerei ein Anrecht darauf hätte geben können, unter
Anrufung der ciausula rebus sic siantibns den Vertrag vorzeitig aufzulösen
(vergl. BGE 45 II 355, 398; 47 II 457 ff.; 48 II 246 f., 451 f.). Allein
die Brauerei hat von diesem Rechte, wohl im Bewusstsein, dass dafür die
tatsächlichen Wie die rechtlichen Voraussetzungen fehlen, keinen Gebrauch
gemacht; ja sie hat sogar die von dem Wirtekonsortinm, und insbesondere,
dem Beklagten am 24. März 1916, also bei Beginn der Bierpreiserhöhung,
an sie gerichtete Anfrage, ob sie nicht auf die Fortsetzung des Vertrages
verzichten wolle, am 13. April 1916 ablehnend beantwortet, und auf dem
Vertrag beharrt, trotzdem sie damals bereits wusste, dass der Beklagte
sich auf eine Preiserhöhung nicht einlasse und nach wie vor nur den
vertraglichen Preis bezahlen werde, was im übrigen die Brauerei nicht
hinderte, mit Nachdruck auf der Preiserhöhung zu bestehen. Die kantonalen
Instanzen haben hieraus nicht mit Unrecht abgeleitet, dass die Brauerei
offenbar ein Interesse am Fortbestand des Vertrages gefunden habe, und
eine Gewinnchance sich versprach, wenn gleich die Bierabnehmer ihr das
Recht .auf eine Preiserhöhung unzw'eideutig bestritten hatten.
Die Klage könnte schon aus diesem Grunde abgewiesen werden, weil damit
die Rechtsvorgängerin der
Obligationenrecht. 'No 41. 265
Klägerin, in der Alternative, den angeblich für sie unerträglich
gewordenen Vertrag aufzuheben, oder ihn fortbestehen zu lassen, von
sich aus, und obwohl sie jede Lieferpflicht bestritt, sich für das
Letztere entschieden hat. Wenn sie aus der Festhaltung am Vertrage in
der Folge einen Verlust erlitten haben sollte, so hätte sie angesichts
der Ablehnung der offerierten Vertragsaufhebung diesen Schaden ihrer
eigenen Entschliessung zuzuschreiben.' Es fehlte dann jeder Rechtsgrund,
den Beklagten hiefür entgelten zu lassen, und es entfällt damit auch
die Grundlage für die Anrufung des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
|
1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
b) Aber abgesehen hievon treffen die Voraussetzungen, unter denen der
Klageanspruch sich allenfalls auf Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
Praxis über die Anwendbarkeit der clausula rebus sic stantibus gründen
liesse, in keiner Weise zu. Einmal ist auf den von der ersten Instanz
berechneten Gewinn der Brauerei aus dem Vertrag für die zeit von März
1900 bis März 1916 mit brutto 68,000 Fr., bezw. nach Abzug der Einbusse
beim Verkauf des Batzenhofes : mit netto 55,000 Fr. hinzuweisen,
welcher der Brauerei erlaubte, die Vertragserfüllung für den Rest
des festgesetzten Bierquantums ohne Gewinn, oder sogar mit einigem
Verlust zu riskieren. Denn es ist laut der von der Klägerin eingelegten
Zusammenstellung über den Bierverbrauch der Sarner Kundschaft vom 30. März
1900 bis 30. November 1922 erstellt, dass der Verbrauch der fünf Sarner
Wirte an Bier aus der Brauerei Spiess. bis zum 30. Sept. 1915 im ganzen
8453 Fr. 70 Cts. ausgemacht hatte, sodass an das Vertragsquantum von
12,000 hl. seit Oktober 1915 nur
·mehr SE)-46,30 hl., und seit März 1916 kaum mehr 3000 ,
hl. zu beziehen waren, also bloss noch 25% des Gesamtquantums, was einen
Verkaufspreis von rund 72,000 Fr. (zu 24 Fr. per hl.) bis 90,000 Fr. (zu
30 Fr.) bezw. 135,000 Fr. (zu 45 Fr.) darstellte, wovon noch der Skonto
abzuziehen wäre. Die hieraus resultierende Preisdifferenz, die selbst
bei Fortdauer einer Preiserhöhung auf 45 Fr.
266 Obligationenrecht. N' 41.
per hl. allerhöchstens gegen 60,000 Fr. betragen würde, müsste auf eine
Reihe von Jahren verteilt werden, da
die Sarner Wirte ihren Bezug nach dem Bedarf einzuss richten hatten und
zusammen durchschnittlich nicht" über 250 hl. per Jahr bezogen. Doch
ist mit Rücksicht.--
darauf, dass inzwischen die Preise der Rohprodukte wieder gesunken sind
und der Bierpreis herabgesetzt werden ist, von vorneherein mit einer
geringeren Differenz für das Restquantum Bier zu rechnen.
Zieht man nun in Betracht, Welch' ausserordentlich kleinen Prozentsatz
des zwischen 1 u. 3 Mill. Fr. schwankenden, jährlichen Gesamtumsatzes
der Brauerei Spiess die Jahresbezüge des Sarnerkonsortiums ausmachen,
und fasst man'im ferneren die laut den Jahresberichten der Brauerei
Spiess von ihr in den Jahren 1916 bis 1923 auf Liegenschaften, Maschinen
usw. vorgenommenen Abschreibungen von über 1 Mill. Fr. ins Auge, so
verschlägt für die Frage, ob ihr habe zugemutet werden dürfen, während
einiger Jahre vorübergehender wirtschaftlicher Krisis des Brauereigewerbes
den Vertragspreis von 1900 innezuhalten, der Umstand, dass sie in der
Zeitspanne von 1916/1921 keine Dividenden an die Aktionäre ausrichten
konnte, nichts. Die gesamten Verhältnisse ergeben, dass die Einhaltung
des Vertragspreises unter keinen Umständen zum finanziellen Ruin der
Brauerei hätte führen können, wie übrigens die Tatsache des heutigen
normalen ökonomischen Standes der Klägerin und der Umstand, dass sie
in den letzten Jahren ihren Betrieb noch vergrössert hat und seit 1922
wieder Dividenden ausschüttet, dies ebenfalls dal-tun.
4. Auch auf Art. 62
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 62 - 1 Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten. |
|
1 | Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten. |
2 | Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat. |
werden. Abgesehen davon, dass der Gewinn des Beklagten aus den erhöhten
Detailausschankpreisen nicht aus dem Vermögen der Brauerei, sondern
aus demjenigen der Wirtsgäste erzielt werden ist, und daher der
Kausalzusammenhang zwischen der Bereiche-
Obligationenreeht' N° 42. , 267,
rung des Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten
Vermògensausfall fehlt, beruht ja der an die Brauerei zu zahlende
Engrosbierpreis auf einer vertraglichen Bestimmung; andrerseits finden
die vom Beklagten bezogenen Detailausschankpreise, deren Emhaltung
übrigens den Wirten vom Brauerverein selber vorgeschrieben wurde,
in einer Verständigung des Beklagten mit seinen Gästen, zu weicher der
Brauerei ein Mitsprachereeht nicht zustand, ihre Stütze, Also liegt sowohl
gegenüber der Brauerei als gegenüber den Gästen ein die Bereicherung
rechtfertigender Grund vor.
Demnach erkennt das Bundesgericht :
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Obwalden vom 6. März 1924 bestätigt.
42. Ari-et do I:. Ire Section civil. du 8 juin-t 1924 dans la cause
Lshhevshy contre Confédération Suk. Conclusion da contrat. Forme
écrite. Art. 16 CO. Lorsque les parties conviennent de donner 1a forme
écrite au contrat et de l'établir en deux doubles, il faut, pour la
perfection du contrat, que chaque partie éehange le double srgné
par elle avec celui de la partie contractante.
A. (Extrait des constatations de fait.) Après avoir traité diverses
Operations d'affrétements avec la Confedération Suisse par l'intermédiaire
de la Regie des aleools, Georges Lakhovsky, ingenieur, à Paris, est entre
en relations en 1918 avec le Commissariat central des guerres à la tete
duquel se trouvait alors le colonel Zuber. Il reeut du eommissariat une
lettre datée du 29 juillet 1918 et ainsi concue :
Ensuite de notre entretien verbal, nous vous confirmons que nous sommes,
en principe, d'aceord d'affréteri de vous quelques navires jusqu'à
24000 tonnes