380 Sachenrecht, N° 65.

65. Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. September 1918,
i. S. Aeschîimenn gegen Schütz.

Vorkaufsrecht. Die Frist des Art. 681 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
ZGB läuft dem
Vorkaufsberechtigten mit der tatsächlichen Kenntnis vom Abschluss des
Veräusserungsvertrages und dessen wesent-

· lichem Inhalt, nicht erst von der Anzeige des Verkäufers nach Abs. 2,
bezw. des Grundbuchverwalters nach Art. 963 ebenda. Unzulässigkeit der
Geltendmachung des Vor kaufs gegenüber dem Verkaufe an einen gesetzlichen
Erben mit Rücksicht auf dessen künftiges Erbrecht.

A. Durch Vertrag vom 22. Januar, gefertigt 25. Februar 1907 teilten
die Geschwister Johann, Friedrich und Anna Barbara Sommer einerseits
und Gottlieb Schütz andererseits das ihnen gemeinsam je zur ideellen
Hälfte zustehende Grundstück Hornbacbberg , Katasterplan Flur H Blatt 6
alte Parzelle 119 der Gemeinde sumiswald in der Weise, dass ein Stück,
die neue Waldparzelle 294 den drei Erstgenannten, das andere, die neue
Parzelle 295, Waldung und Ackerland mit Scheune dem Gottlieb Schütz
zu alleinigem Eigentum zugewiesen wurde. Zur Ausgleichung des Mehrwerts
seiner Parzelle gegenüber demjenigen-der Parzelle 294 hatte Gottlieb
Schütz den Geschwistern Sommer 6300 Fr. zu bezahlen, die inzwischen
beglichen werden sind. In Art. 'T der kleineren Vertragsbestimmungen
wurde ihm, bezw. seinem Rechtsnachfolger als Besitzer der Parzelle 295 :
für den Fall, als die Geschwister Sommer je ihre Parzelle 294 verkaufen
sollten, das Recht eingeräumt, dieselbe zum gleichen Preise, den ein
Dritter in Wirklichkeit dafür bezahlen will, an sich zu ziehen: die
nämliche Befugnis sollte den Geschwistern Sommer inbezug auf Parzelle
295 zustehen. Das Miteigentum der Geschwister Sommer an dem durch
diese Teilung betroffenen Grundstücke stützte sich auf einen Vertrag
vom 30. März 1875] 17. Mai 1876, gefertigt 11. Juni 1877, wonach ihnen
ihr Vater Johann Sommer seinen gesamten Liegenschaftenbe-Sachenrecht. N°
65. si Js-

sitz, bestehend in dem Heimwescn Wuhracker in Sumiswald, der ideellen
Hälfte descHornbachberges und einem Heimwesen in Grünematt bei Lützelflüh
(das seither weiterveräussert worden ist) samt allen Gerätschaften und
sonstiger Fahrnis gegen Entrichtung einer Uebernahmssumme von 70,000
Fr. und Einräumung eines lebenslänglichen Wohnund Schleissrechtes für
sich und seine Frau auf Rechnung künftigen Erbes zu wahrem Eigentum
abgetreten hatte. Der fragliche Vertrag enthält ausserdem u. a.-folgende,
ebenfalls im Grundprotokoll eingetragene Bestimmungen :

Zwischen den Liegenschaftsübernehmern wurde bezüglich allfälliger
Aufhebung der Gütergemeinschafi vereinbart :

1. Friedrich Sommer soll berechtigt sein, die Aufhebung der
Gütergemeinschatt zu verlangen und Liegenschaften und übriges
Grundeigentum allein zu überneh-

"men. Ebenso steht es jedem anderen Miteigentümer frei,

aus der Gemeinschaft zu treten und die noch in Gemeinschaft verbleibenden
Miteigentümer oder Friedrich Sommer allein sind berechtigt, des
Austretenden Anteil zu übernehmen. Keiner der Uebernehmer oder deren
Rechtsnachfolger darf seine Anteile ganz oder zum Teil an Jemand anders
als an Mitbesitzer veräussern, es sei denn, es wollen letztere des
Austretenden Anteil nicht übernehmen.

2. sollten von Miteigentümern absterben, ohne Kinder zu hinterlassen,
so sind die übrigen Anteilhaher zur Uebernahme berechtigt. Auch
selbst wenn einer der vorbemeldeten Miteigentümer aus der Gemeinschaft
ausgetreten gewesen, soll er in diesem Falle wieder zur Uebernahme und
zum Eintritt berechtigt sein. Falls aber alle Uebernehrner, ohne Kinder
zu hinterlassen, absterben oder wenn sie erklären in die Ueber-nehme
nicht einzutreten, so soll des Abtreters Grossohn Gottfried Aeschlimann
zur Uebernahme berechtigt sein.

4. Bei Aufhebung des Miteigentums und überhaupt

382 Sachenrecht. N° 65.

jedesmal, wenn der Anteil eines Miteigentümer-s an andere übergeht,
also sowohl im Falle von Art. 1 als von Art. 2 soll die Uebernahmssumme,
wenn die Berechtigten sich nicht darüber verständigen können, durch drei
Schätzer ausgemittelt werden. Jede Partei bezeichnet einen schätzer und
wenn sie sich über den Dritten nicht einigen können, wird derselbe vom
jeweiligen Gerichtspräsidenten von Trachselwald ernannt. Die Schätzer
sollen die Schatznngsund Uebernahmssumme nach Anleitung von Satzung 545
des (bernischen) Zivilgesetzbuches in bilhgem Verhältnis iestsetzen. ,

Am 25. April 1915 starb Johann Sommer, Sohn. In der Erbteilung über seinen
Nachlass, abgeschlossen am 19. Juni 1915 Zwischen seinen bereits genannten
Geschwistern Friedrich und Anna-Barbara, der verheirateten Schwester
Margaritha, Ehefrau des Gottlieb Schütz, und dem Nefien Gottfried
Aeschlimann als gesetzlichen Erben, wurde der Anteil des Erblassers an
dem durch die Abtretung von 1875 1876 erworbenen Heimwesen Wuhracker
und an der Waldparzelle 294 im Hornbachberg den beiden erstgenannten
Geschwistern zugeteilt. Nachdem sie dadurch ausschliessliche Eigentümer
der fraglichen Liegenschaften geworden waren, verkauften sie dieselben mit
Vertrag vom gleichen Tage, inbegriffen dieParzelle 294, zum Gesamtpreise
von 50,000 Fr. an ihren Neffen Gottfried Aeschlimann. Auf Rechnung
der Kaufsumme hatte der Kläger die bestehenden Hypotheken von 15,200
Fr. zu übernehmen : der Rest von 34,800 Fr. sollte durch Bestellung eines
Gesamtpfandrechts in nachgeliendem Range sichergestellt werden. Ziff. 1,
2 und 4 der weiteren Vertragsbestimmungen lauten :

1. Nutzen, Schaden, Zins, Zufall und Gefahr gehen erst mit dem Tode des
Letztlebenden der beiden Verkäufer auf den Käufer über. Es wird also
Zu Gunsten der beiden Verkäufer auf Lebenszeit derselben, d. h. des
Letztlebenden von ihnen die Nutzniessung an den hievor beschriebenen
Liegenschaften vorbehalten. Sachenrecht. N° 65. 383

2. Solange diese in Art. 1 erwähnte Nutzniessung dauert, ist die
Kaufrestanz unkündhar und unzinsbar, vom Zeitpunkte der Beendigung der
Nutzniessung an, dann aber auf eine Kündigung von 3 Monaten abzube-zahlen
und inzwischen zu Ztl/2% per Jahr zu verzinsen.

4. Als Zugaben zu den Liegenschaften erhält der Käufer unentgeltlich
: 3 Aktien der oberaargauischen Gesellschaft für Viehzucht, nämlich
Nr. 36, 268 und 283 von je 500 Fr., Stammanteilschein Nr. 58 der
Dampfdreschgenossenschait Emmenthal, die zwei Anteilscheine Nr. 204 und
205 von je 500 Fr. der Wasserversorgung Sumiswald sowie die Käsereirechte
resp. Stammanteile der Käsereigenossenschaft Burghof.

Die Eintragung der Eigentumsübertragung, der Nutzniessung und der
Grundpfandverschreibung für die Kaufrestanz im Grundbuch haben am
11. August 1915 stattgefunden. Die im Teilungsvertrage vom 22. Januar
1907 dem Gottlieb Schütz zugewiesene Parzelle 295 im Hornbachberg war
inzwischen durch Abtretungsakt vom 19. Februar, gefertigt 13. Mai 1907
auf dessen Sohn Gottfried Schütz, den heutigen Kläger übergegangen.

Durch richterlich bewilligte Notifikation vom 20. November, zugestellt
1. Dezember 1916 teilte dieser dem Gottfried Aeschlimann mit, dass er von
seinem Vorkaufsrechte inbezug auf die Parzelle 294 Gebrauch mache und sie
zum Preise, den jener Wirklich dafür bezahlt habe. erwerben wolle. Als
solchen biete er an denjenigen Teil des von Aeschlimann entrichteten
Gesamtpreises von 50,000 R:, der dem Verhältnis der Grundsteuerschatzung
aller im Kaufvertrage vom 19. Juni 1915 inhegriikenen Liegenschaften
(87,320 Fr.) zur Grundsteuerschatznng der Parzelle 294 allein (5680
Fr.) entspreche, also 3 2 5 2 Fr. 3 6 C t s. Aeschlimann erwiderte durch
Gegennotifikation vom 12. Dezember 1916, dass er die Vorkaufsberechtigung
nicht anerkenne, da sie, sofern sie

überhaupt je bestanden, durch Nichtausübung innert der

gesetzlichen Frist (Art. 681 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
ZGB) erloschen wäre. As n _ 1918 er,

384 Sachenrecht. N° 65.

Mit der vorliegenden Klage verlangt deshalb G. Schütz Verurteilung des
Aeschlimann zur Uebertragung der Parzelle 294 an ihn gegen Bezahlung
von 32 5 2 Fr. 40 C t s., eventuell eines gerichtlich zu bestimmenden
Uebernahmspreises. Der Beklagte beantragt Abweisung der Klage. Er
bestreitet, dass er als Dritter im Sinne der Vorkaufsabrede von 1907
betrachtet werden dürfe und dass überhaupt eine Veräusserung vorliege,
welche Anlass zur Ausübung des dort vorbehaltenen Verkaufsrechtes
bieten könnte. Durch die Abtretung der Liegenschaften an ihn hätten
die Geschwister Friedrich und Anna-Barbara Sommer lediglich die ihnen
durch den Vertrag von 1875/76 für den Fall, als sie die zwischen ihnen
bestehende Güter-gemeinschaft aufzuheben beabsichtigten, auferlegte
Verpflichtung erfüllt. Beide seien heute über siebzig Jahre alt und hätten
daher den verständlichen Wunsch gehabt, sich von der Bewirtschaftung
des Hofes zurückzuziehen. Da Pflichtttilsrechte nicht in Frage kämen,
habe es ihnen freigestanden, den Beklagten als ihren voraussichtlichen
Erben nach Belieben zu begünstigen, woraus allein sich auch der weit
unter dem wahren Werte stehende Kaufpreis erkläre. Es handle sich demnach
nicht um einen Verkauf im gewöhnlichen Sinne, sondern um die Uebernahme
durch den Beklagten auf Grund eines im Grundprotokoll eingetragenen,
dirgliehen Rechtes, welches dem erst später entstandenen des Klägers
vorgehe. Dazu komme, dass der Kläger sich nach Art. 681 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
ZGB
innert Monatsfrist seit Kenntnis des Verkaufes über die Ausübung des
Verkaufes hätte erklären müssen. Dies sei aber nicht geschehen, indem
er tatsächlich von der Veräusserung an den Beklagten schon kurz nach
Abschluss des Vertrages vom 19. Juni 1915, jedenfalls aber seit Februar
1916 Kenntnis gehabt habe. Eventuell wäre jedenfalls die Vorkaut'ssumme
anders, entsprechend dem Verkehrswert, festzusetzen, da dem Kläger kein
Recht zustehe, die Begünstigung, welche.Sachenrecht. N° 65.

die Veräusserer dem Beklagten persönlich hätten zuwenden wollen, auch
für sich in Anspruch zu nehmen.

B. Durch Urteil vom 23. April hat der Appellationsbei des Kantons Bern
II. Zivilkammer die Klage gutgeheissen und den Beklagten verpflichtet,
dem Kläger das Eigentum an der Parzelle 294 gegen Bezahlung eines
Vorkaufspreises von 3252 Fr. 40 Cts. zu übertragen. Eine auf Antrag
des Beklagten erhobene Expertise hatte ergeben, dass der Verkehrswert
ein bedeutend höherer, nämlich 17,229 Fr. sei. Der Appellationshof
lehnte jedoch die Rücksichtnahme darauf mit der Begründung ab, dass der
Kaufvertrag vom 19. Juni 1915 ausser dem darin angegebenen Verhältnis
des Gesamtprejses zur Gesamt-

' grundsteuerschatzung keinen Anhaltspunkt dafür biete.

dass der Beklagte für die Parzelle 294 in Wirklichkeit einen anderen
Preis habe bezahlen wollen . Der Verkehrswert könne nicht massgebend sein,
da man den Verkehrswert des ganzen Wuhracker-Heimwesens nicht kenne und
es deshalb auch nicht möglich sei, denjenigen der Parzelle 294 als eines
Bestandteils desselben zu bestimmen.

C. Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Beratung des
Beklagten mit dem Begehren um Abweisung der Klage, eventuell Festsetzung
der Vorkautssumme auf 17,229 Fr. Der Kläger Schütz hat Bestätigung des
angefochtenen Urteils beantragt. _ .

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Nach Art. 681 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
ZGB erlischt das Verkaufsrecht, wenn der
Berechtigte nicht vor Ablauf eines Monats, nachdem er von dem Verkaufe
Kenntnis erhalten hat, es auszuüben erklärt. Da der Kläger hier eine
solche Erklärung erst durch die Notifikation vom 20. November [l. Dezember
1916 abgegeben hat, müsste deshalb, wenn es richtig sein sollte, dass
er damals schon lange, mindestens seit Februar 1916 um den wesentlichen
Inhalt des Kaufvertrages vom 19. Juni 1915 zwischen dem

386 Sachenrecht. N° 65.

Beklagten und den Geschwistern Sommer wusste, die Klage schon aus diesem
Grunde abgewiesen werden. Woher er jene Kenntnis erlangt hatte, ob durch
Anzeige der Verkäufer bezw. des Grundbuchverwalters nach Art. 681 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
,
bezw. 969 Abs. 1 ZGB oder auf anderem Wege, wäre dabei unerheblich. Die
Auffassung der Vorinstanz, wonach die Verwirkungsfrist des Art. 681 Abs. 3
nur durch eine solche hier unbestrittenermassen nicht erfolgte -Anzeige
in Bewegung gesetzt werden könnte, kann nicht geteilt werden und findet
im Wortlaute des Gesetzes, das allgemein von Kenntnis erhalten spricht,
keine Stütze.Das dafür angeführte Argument -da sich die Bestimmung des
Abs. 3 unmittelbar an diejenige des Abs. 2,

d. h. die hier statuierte Anzeigepflicht des Verkäufers si anschliesse,
müsse angenommen werden, dass auch in ihr

unter Kenntnis nur eine derartige Kenntnisgabe und nicht jedes
irgendwie erlangte Wissen zu verstehen sei, ist deshalb nicht schlüssig,
weil Abs. 3 in gleicher Redaktion sich schon in den Entwürfen zum Gesetze
fand, obwohl damals eine dem heutigen Abs. 2 entsprechende Vorschrift
noch fehlte. Es verkennt überdies die ratio, welche der streitigen
Fristbestimmung zu Grunde liegt. Zweck der dem Vorkaufsberechtigten
auferlegten Erklärungspflicht ist es, sobald als möglich Gewissheit
über die Rechtslage zu schaffen und den dritten Erwerber davor zu
bewahren, sich die Sache nachträglich noch, nachdem er sich bereits
beg.'ündeterinassen in deren endgütigem Besitz geglaubt, wieder
entzogen zu sehen. Da andererseits die Abgabe einer Erklärung durch den
Vorkaufsberechtigten notwendig voraussetzt, dass er über den Kaufvertrag
mit dem Dritten und dessen wesentlichen Inhalt unterrichtet sei,
verpflichtet das Gesetz den Verkäufer, ihm davon ungesäumt Mitteilung zu
machen. Es soll damit nicht etwa eine formelle Voraussetzung für den-Lauf
der Erklärungsfrist aufgestellt, sondern lediglich der Vorkaufsberechtigte
in die Lage gesetzt werden zu handeln, d. h. dafür gesorgt werden,
dass er das, was er für die'Ent-Sachenrecht. N°. 65. 387

schliessung über die Ausübung oder Nichtausübung seines Rechtes wissen
muss, sobald als möglich erfahre. Weiss er es ohnehin, so ist eine weitere
Anzeige überflüssig und er befindet sich ebensogut in der Möglichkeit,
seine Befugnisse geltend zu machen, wie wenn er eine solche erhalten
hätte. Ein innerer Grund, die beiden Fälle Ver-schieden zu behandeln,
ist nicht ersichtlich. Den Interessen des Vorkaufsberechtigten ist
dadurch hinlänglich Rechnung getragen, dass der von ihm belangte Dritte,
der eine solche anderweitige Kenntnis behauptet, sie zu beweisen hat,
wozu, wie für die Wirksamkeit der Anzeige nach Art. 681 Abs. 2, nicht
nur der Nachweis des Wissens um die Veräusserung an sich, sondern auch um
ihre wesentlichen, für die Entschliessung über die Ausübung des Vorkauts
bedeutsamen Bedingungen gehören wird. Wenn das angefochtene Urteil im
vorliegenden Falle nur die Möglichkeit , nicht Gewissheit angenommen hat,
dass der Kläger von der Veräusserung an den Beklagten schon mehr als
einen Monat vor der Notifikation vom 20. November 1916 erfahren habe,
wird es damit den Ergebnissen des Beweisverfahrens kaum gerecht. Da es
sich indessen dabei um eine Tatfrage handelt, ist das Bundesgericht an
ihre Lösung durch die Vorinstanz gebunden, sofern sie sich nicht geradezu
als aktenwidrig erweist. Ob eine Aktenwidrigkeit hier angenommen werden
dürfte, kann unerörtert bleiben, weil sich das Klagebegehren jedenfalls
von einem anderen Gesichtspunkte aus als

unbegründet erweist.

2. Nach in Wissenschaft und Rechtsprechung all--

ss gemein vertretener Auffassung, der sich das Bundesgericht in dem
Urteil i. S. Eheleute Apel gegen Allgemeinen ' Konsumverein Basel vom
llsi. September 1918 angeschlos. sen hat, schützt das Vorkaufsrecht den
Berechtigten . nicht gegen jede ihm nicht genehme Handänderung, s

sondern nur gegen die kaufweise Uebertragung der Sache.

· an einen Dritten. Nu'r wo ein Verkauf im eigentlichen

Sinne, d. h. ein auf Umsatz des Sachwertes in Geld ge--

388 Sachenrecht. N° 65.

richtetes Geschäft vorliegt, bei dem es dem Veräussernden wesentlich auf
den Empfang dieser Geldleistung und auf die Person des Leistenden nichts
ankommt, ist mithin der Vorkaufsfall d. h. die Bedingung, unter der der
Vorkaufsberechtigte die Sache an sich ziehen kann, gegeben. Gleichwie sich
danach der Vorkaufsberechtigte gegenüber anderen Entäusserungsakten,
wie Tausch, schenkung, Einbringnng in eine Gesellschaft usw. oder
gegenüber Vorgängen, die ohne eine Veräusserung zu enthalten, einen
Handwechsel mit sich bringen, wie Erbgang, Erbteilung, nicht auf die
ihm durch den'Vorkanfsvertrag eingeräumte Vorzugsstellung berufen kann,
ssso ist die Ausübung des Vorkaufsrechts auch da ausgeschlossen, wo die
Sache zwar in Form eines Kants, aber nicht an einen beliebigen Dritten,
sondern an. einen gesetzlichen Erben mit Rücksicht auf dessen künftiges
Erbrecht übertragen wird (sog. Verwandteroder Kindskauf ). Verträge
dieser Art stellen sich regelmässig trotz ihrer äusseren Einkleidung
nicht sowohl als eigentliche Verkäufe denn als einfache Antizipation der
Erbfolge dar und sind deshalb in ihren Wirkungen auf das Vorkaufsrecht
gleich wie diese zu behandeln. Es war denn auch der Grundsatz, dass ihnen
gegenüber das Vorkaufsrecht versage, in der Litteratur und Praxis des
gemeinen Rechts und der deutschen Partikularrechte von jeher anerkannt
(vergl. STOBBE LEHMANN, Deutsches Privatrecht II 1 S. 485/86, Greene,
Deutsches Piivatrecht II S. 777, ALLGÄUER, Vorkauisrecht nach dem ZGB
S. 131 ff.). Da die Frage, ob eine solche mit Rücksicht auf das künftige
Erbrecht erfolgte Veräusserung oder ein gewöhnlicher Verkauf vorliege,
bei dem nur zufällig ein Erbe als Käufer auftritt, nicht den Inhalt des
Vertrages, sondern dessen Grundlagen, die Motive des Vertragsschlusses
betrifft, kann nicht verlangt werden, dass die Vertragsurkunde eine
besondere dahingehende Erklärung enthalte, es genügt. wenn ,der Wille,
damit dem Erben wegen dieser seiner Eigenschaft einen Vorteil zuzuhalten,
ihn zu begünstigen,Sachenrecht. N° 65. 389

aus den ganzen Umständen hervorgeht. Dies trifft aber hier zu. Nach
der ganzen Sachlage steht ausser Zweifel, dass der Grund, welcher die
Geschwister Sommer zum Vertrage vom 19. Juni 1915 bewog, nicht sowohl
in einer wirklichen Verkaufsabsicht' als darin bestand, den Ueber-gang
des Heimwesens an den Beklagten zu sichern und eine andere Lösung bei
der künftigen Erbfolge auszuschliessen. Dafür sprechen nicht nur die
besonders nahen Beziehungen, in denen der Beklagte von jeher zu den
Verkäufern stand (nach der unbestrittenen Darstellung der Klageantwort
ist er wegen frühen Todes seiner Mutter von ihnen auferzogen worden)
, sondern auch die Tatsache, dass er nach dem Abtretungsakte von
1875/76 ss einen vertraglichen Anspruch darauf hatte, bei Auflösung
der fortgesetzten Erbengemeinschaft unter den Geschwistern Sommer die
streitigen Liegenschaften zum Schatzungswerte zu übernehmen, wie es im
Kanton Bern bei Uebernahme unter Wier-ben bestimmt wird, wenn sich die
ansscheidenden Eigentümer und der Uebernehmer nicht sonstwie über den
Uebernahmspreis einigen können. Der Einwand, dass der Abtretungsakt
ihm ein solches Recht nur für den Fall einräurne, wo die überlebenden
Miteigentümer den Anteil eines Verstorbenen nicht erwerben wollten, hält
nicht Stich. Steht es ihm in diesem Falle zu, so muss es sich umsomehr
auch auf den weiteren erstrecken, wo die sämtlichen Ueberlebenden die
Ge-meinschaft aufzugeben beabsichtigen, da der Grund des Uebernahmsrechts,
den Uebergang des Gutes in fremde Hände zu verhindern, hier in noch
erhöhtem Masse zutriiît Es erscheint daher die Annahme gegeben, dass
der Kaufvertrag vom 19. Juni 1915, der gleichzeitig mit der Erbteilung
über den Nachlass des Johann Sommer abgeschlossen wurde, nichts anderes
bezweckte, als jene alte; vertragliche Verpflichtung zu erfüllen,
wobei an Stelle der Festsetzung des Uebernahmspreises durch Schätzer
ihre Bestimmung durch Verständigung trat. Dass es sich so verhält,
man es also mit einem Verwand--

390 Sachenrecht. N° 65.

tenkauf im oben umschriebenen Sinne zu tun hat, zeigt schliesslich auch
der Inhalt des Kaufvertrages selbst. Bilden schon Bestimmungen wie
diejenige über die lebenslängliche Nutzniessung der Verkäufer an den
Kaufobjekten und die Unverzinslichkeit und Stundung der Kaufsumme bis zu
ihrem Tode etwas durchaus Ungewöhnliches und weisen zwingend darauf hin,
dass das ausschlagge-

' , bende Motiv für die Veräu sserung in erhrechtlichen Rück-

sichten lag, so wird diese Annahme vollends unabweislich, wenn man
erwägt, dass der Kaufpreis von 50,000 Fr. um volle 37,000 Fr. unter der
Grundsteuerschatzung und, wie der Kläger heute selbst ausführen liess,
um einen noch weit höheren Betrag unter dem Verkehrswerte'des ganzen
Heimwesens steht. Da irgend eine andere Erklä-

rung für diese auffallende Preisfestsetzung fehlt, kann sie s

nur auf die Absicht der Begünstigung des Beklagten als künftigen Erben
zurückgeführt werden. Es hat denn auch der Kläger dies in der Replik im
Grunde nicht liestritten, sondern lediglich geltend gemacht, darin bestehe
eben das Wesen des Vorkaufsrechts dass der Berechtigte die einem dritten
Erwerber gestellten Bedingungen, bezw. eingeräumten Vorteile auch für
sich beanspruchen könne, ein Standpunkt, der indessen nach dem Gesagten
in solcher Allgemeinheit und in seiner Anwendung auf Veräusserungen der
hier in Frage stehenden Art nicht richtig ist. Da überhaupt kein die
Vorkaufsberechtigung auslösendes Veräusserungsgeschäft vorliegt, brauchen
deshalb die weiteren eventuellen, auf die Festsetzung der Vorkaufssumme
bezüglichen Einwendungen des Beklagten nicht geprüft zu werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofs des
Kantons Bern II. Zivilkammer vom 23. April 1918 aufgehoben und die
Klage abgewiesen.

Sachenrecht. N° cc 391

66. Sentenza. 26 settembre 1918 della II& zazione civile nella causa
Beppe contro mazze Müller.

Perchè si verifichino i requisiti dell' art. 642 cap. 2 GC non basta che
le due cose Siano connesse : oecorre ehe il rapporto tra l'una e l'altra
abbia carattere di Stabilità in base all' intenzione delle parti, e sia
tale, ehe la separazione produca una alterazione della eosa principale
nel senso di quel disposto.

In una casa presa in affitto dal proprietario Antonio Müller in
Muralto, l'attore Guglielmo Rappe installava un impianto completo di
bagni. L'impianto era stato eseguito dalla ditta Frigerio e BrunschWyler
in Locarno, che si era riservato il diritto di proprietà sull'intiera
installazione fino al pagamento completo del prezzo.

Nel susseguente fallimento di Antonio Müller, Rappe, con petizione 3
giugno 1916, rivendicava l'impianto suddetto, stimato & 4050 fr. La
pretesa fu respinta dal giudice di primo grado (Pretore di Locarno) e,
con sentenza 15 gennaio 1918, anche dal Tribunale di Appello del Cantone
Ticino, in base all'art. 642 CC e sulla scorta dei seguenti considerandi:
Le caldaie, come i radiatori, le vasche e gran parte delle tubazioni
dell'impianto sono amovibili, materialmente, senza la distruzione
dell'immobile e sono utilizzabili altrimenti: tuttavia, cosi scomposti,
perdono il loro carattere di opera unitaria, creata e voluta per una
determinata utilizzazione. Sifiatto impianto deve essere ritenuto parte
costitutiva dello stabile con cui si immedesima : esse non può quindi
avere un proprietario diverse da quello dell'immobile in cui è costrutto.

Da questa sentenza l'attore appella al Tribunale federale nei modi e
termini di legge ; --

Considercmdo in diritto :

s 1° (eccezioni d'ordine). 2° Nel merito si osserva: Perchè una cosa
diventi
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 44 II 380
Datum : 25. September 1918
Publiziert : 31. Dezember 1919
Quelle : Bundesgericht
Status : 44 II 380
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 380 Sachenrecht, N° 65. 65. Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. September 1918,


Gesetzesregister
ZGB: 681
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 681 - 1 Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
1    Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteigerung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschlagen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertraglichen Vorkaufsrechte gelten.
2    Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person veräussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vorderen Rang zusteht.
3    Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
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beklagter • sachenrecht • geschwister • kenntnis • vorkaufsrecht • erbe • bundesgericht • tod • bedingung • monat • eigentum • erbrecht • frage • gesetzlicher erbe • wissen • vorteil • wille • richtigkeit • kaufpreis • miteigentum
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