Wle Oberste Zivilgerichtsinstanz. !. Malerielirechtliche Entscheidungen.

120. Zweit der II. aiutarvi-timus vom &. Dezember 1913 in Sachen Weizmann,
Bekl. u. Ver.-KL, gegen Jelleufierg, Kl. u. Bett-Bett

Odiigatoeiseiiee Vertrag über Errichtung eines Wasserrechts.

Formeltes Erfordernis: Sckriftlichkeit, dagegen nicht öfi'entliche
Beurkundung. Delcampe-tem der Zivilgerichte uml damit amie des
Bundesgericfets zur Entscheidung der Frage, ob ein Wassem'echt als
selbständiges und dau-ermfes Recht im Sinne der A rt. 65 5 Z 177. 2.

, 780 Abs. 3 una! 943 ZGB in das Brunett-nett aufgenommen werden
könne. -Untersuchung der Frage, al) im leonie-rete:; Fall die Begreindemg
eines vorstandsfreien Wasserreckts zugesagt werden sei. Inwiefern können
bei der Entscheidung dieser Frage neben dem schriftlichen Verîe'ag auch
die mündlichen Verlemedlungeez der Kontrahenten um! die begleitenden
Umstände berücksicklégt zum-dm ?

A. Die Parteien haben am 14. März 1912 einen schriftTichen Kaufvertrag
mit folgenden, für den gegenwärtigen Prozess wesentlichen Bestimmungen
abgeschlossen: ss --

g 1. Herr E. Weinmann überträgt an Herrn Fellenberg das Recht, auf seinen
unten bezeichneten, in der Gemeinde Herrliberg gelegenetc Liegenschaften
nach Wasser zu graben, dasselbe zu fassen und zur beliebigen Verwendung
oder Verwertung abzuleiten: (folgt das Verzeichnis der 4 in Betracht
kommenden Liegenschaften, worunter der Grossacker). .

Die Abtretung dieses Wasserrechtes erfolgt in unutnschränkter .Weife, es
dürfen jedoch durch-den Käufer oder Rechtsnachfolger die bereits gefassten
und auf dem Grundstück Josenweid und Josenweidried gelegenen Quellen
(und auch die im Ebnet und Rebacher allenfalls noch zu fassenden Quellen)
des Herrn Flaad in feiner Weise durch Grabungen beeinträchtigt werden

§ 2. Als Vergütung verpflichtet sich Herr Fellenberg, dem Verkäufer,
Herrn Weinmann für jeden Minutenliter mittleren Ertrages des gefassten
Wassers Franken Hundertunddreissig zu Bezahlen.

ms 4. Die Eintragung der Wasserrechtsabtretung in das Grundbuch erfolgt
sofort nach Ersiellung der betreffenden Fassungen." Gesiützt auf diesen
Kaufvertrag- hat der Kläger in den be-2. Sachenrecht. N° 120. 695

treffenden Grundstück-en des Beklagten nach Wasser gegraben und die
Wasserleitnng, die für eine von ihm betriebene Kuranstalt bestimmt
ist, erstellt. Die ganze Wasserversorgung kommt ihn auf zirka 65,000
Fr. zu stehen, wovon zirka 15,000 Fr. für den Erwerb des Wasserrechts
vom Beklagten und zirka 50,000 Fr. Baukosten. Er behauptet, und hat
darüber rechtzeitig Zeugenbeweis anerboten, dass er von Anfang an und mit
Wissen des Beklagten beabsichtigt habe, sein Wasserrecht zu Gunsten der
Jngenieurfirma Guggenbühl & Müller (die die Wasserleitung erstellt hat)
, oder auch zu Gunsten einer Bank; zu verpfänden Nach seiner Auffassung
hat eine solche Verpfändung nur dann einen Sinn, wenn das Wasser-recht
vorstandsfrei im Grundbuch eingetragen wird-

B. Durch Urteil vom 31. Mai 1913 hat die I. Appellationskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich erkannt:

Der Beklagte ist verpflichtet, das dem Kläger laut Vertrag vom 14. März
1912 verkaufte Quellenrecht als selbständiges Recht vorstandsfrei ins
Grundbuch eintragen zu lassen.

C. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
ergriffen, mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. . '

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Nach der Auffassung beider Parteien ist die Frage, ob das dem Kläger
verkaufte Quellenrecht als vorstandsfrei einzutragen sei, identisch
mit der Frage, ob es ein selbständiges und dauerndes- Recht im Sinne
der Art. 655
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 655 - 1 Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
1    Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
2    Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind:
1  die Liegenschaften;
2  die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Rechte;
3  die Bergwerke;
4  die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
3    Als selbstständiges und dauerndes Recht kann eine Dienstbarkeit an einem Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden, wenn sie:
1  weder zugunsten eines berechtigten Grundstücks noch ausschliesslich zugunsten einer bestimmten Person errichtet ist; und
2  auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit begründet ist.570
Biff. 2, 780 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 780 - 1 Das Recht an einer Quelle auf fremdem Grundstück belastet das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ableitung des Quellwassers.
1    Das Recht an einer Quelle auf fremdem Grundstück belastet das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ableitung des Quellwassers.
2    Es ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich.
3    Ist das Quellenrecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden.
und 943 Ziff. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 943 - 1 Als Grundstücke werden in das Grundbuch aufgenommen:
1    Als Grundstücke werden in das Grundbuch aufgenommen:
1  die Liegenschaften;
2  die selbständigen und dauernden Rechte an Grundstücken;
3  die Bergwerke;
4  die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
2    Über die Voraussetzungen und über die Art der Aufnahme der selbständigen und dauernden Rechte, der Bergwerke und der Miteigentumsanteile an Grundstücken setzt eine Verordnung des Bundesrates das Nähere fest.
ZGB dar-stelle und
daher · als Grundstück in das Grund-such aufzunehmen fei. Von diesem
Standpunkte aus glaubt der Kläger mit dem Nachweis, dass sein Wasserrecht
als ein selbsiändiges und dauerndes- Recht habe bestellt werden woflen,
ohne weiteres auch den Nachweis erbracht zu haben, dass es sich um ein
vorstandsfreies Recht gehandelt habe; der Beklagte aber glaubt, dem
Anspruch des Klägers auf Eintragung eines vorstandsfreien Rechtes nur
dadurch begegnen zu können, dass er zugleich die Natur des fraglichen
Wasserrechts als eines dauernden und selbständigen Rechtes bestreitet.

Von dieser Auffassung sind auch die beiden kantonaleu Jnstanzen
ausgegangen Mit dem Nachweis-, dass der Kläger ein selbständiges

.S 3 u _ 1913 46

696 Oberste Zivilgerichtsinstanz. I. Materiellrechtliche Entscheidungen.

und dauerndes Recht erwerben wollte und dass der Beklagte dies wissen
magie, glaubt die I. Instanz ohne weiteres auch den Nachweis erbracht zu
haben, dass es sich um ein vorstandsfreies Recht gehandelt habe. Und
die zweite Instanz betrachtet diesen Zusammenhang als dermassen
selbstverständlich, dass sie zur Begründung desDispositivs, worin der
Beklagte zur Eintragung eines Vorstandsfreien Quellenrechtes verpflichtet
wird, überhaupt nur auf die Ausführungen der I. Instanz über die Natur
dieses Rechtes als eines selbständigen im Sinne des am. 780 Abs. 3
ZGB hinweist-

2. Dieser Standpunkt der Parteien und der Vor-instanzenliesse sich
allenfalls vertreten, wenn im System des ZGB die Quelle ein von
dem Grund und Boden, dem sie entspringt, unabhängiges Rechtsobjekt,
d. h. eine Sache für sich wäre, das Quellenrecht also in diesem Sinne als
selbständiges Recht bestellt werden könnte; denn, wer sich zur Übertragung
des Eigentums an einer Sache verpflichten hat seinem Gegenkontrahenten im
Zweifel das unbelastete Eigentum daran zu verschaffen. Nun bestimmt aber
am. 704 ZGB ausdrücklich, dass Quellen nurzugleich mit dem Boden, dem
sie entspringen- zu Eigentum erworben werden können, und dass das Recht
an Quellen auf fremdem Boden- nur als Dienstbarkeit begründet werden
kami. Wer sich aber zur Bestellung einer Dienstbarkeit verpflichtet
braucht im Zweifel nicht dafür zu sorgen, dass diese Dienstbarkeit
vorstandsfrei eingetragen merde; sondern der Servitutberechtigte hat
das dienende Grundstück in demjenigen rechtlichen Zustandehinzunehmen,
in welchem es sich zur Zeit des Vertragsabschlussess befindet, also
mit den allfälltg bereits darauf tastenden andern Servituten oder
Hypotheken Dies trifft auch dann zu, wenn es sich um ein dauerndes und
selbständiges Recht im Sinne der zitterten Gesetzesbestimmungen handelt;
denn (vergl. Protokoll der Expertenkommission, Sachenrecht S. 26)
auch dieses dauernde und selbständige Recht bleibt ein Recht an fremder
Sache und unterscheidet sich. von den übrigen Rechten an fremder Sache
nur dadurch, dass es, nachdem es einmal begründet ist, als Grundstück
ins Grundbuch aufgenommenM und dank dieser Fiktion in der nämlichen
Form, wie ein wirkliche-s Grundstück, veräussert und verpfändet werden
farm. Hinsichtlich der Voraussetzungen seines2. Sachenrecht. N° no69?

Zustand ekommens untersteht dagegen auch ein solches dann-ndes
und selbständiges Recht den Vorschriften über die Begründung der
Dienstbarkeit, d. h. es kami, wie jede andere Dienstbarkeit, nur durch
eine Eintragung auf dem Folio des belasteten Grundstückes bestellt
werden. Ob dieser Eintrag vorstandsfrei zu erfolgen habe, d. h. ob
der Eigentümer des belasteten Grundstückes verpflichtet sei, für die
in Art. 812 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 812 - 1 Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
1    Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
2    Wird nach der Errichtung des Grundpfandrechtes eine Dienstbarkeit oder Grundlast auf das Grundstück gelegt, ohne dass der Pfandgläubiger zugestimmt hat, so geht das Grundpfandrecht der späteren Belastung vor, und diese wird gelöscht, sobald bei der Pfandverwertung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt.
3    Der aus der Dienstbarkeit oder Grundlast Berechtigte hat jedoch gegenüber nachfolgenden Eingetragenen für den Wert der Belastung Anspruch auf vorgängige Befriedigung aus dem Erlöse.
ZGB vorgesehene Zustimmung der Grundpfandgläubiger
zu sorgen, ist eine Frage für sich, ebenso wie es eine Frage für sich
ist, ob die Dienstbarkeit, nachdem sie einmal begründet sein wird, als
Grundstück ein besonderes Grundbnchfolio wird erhalten können, oder
nicht. Es ist sehr wohl möglich, dass ein, an einer bereits mehrfach
belasteten Liegenschaft bestelltes dingliches Recht, weil es auf eine
Dauer von 30 oder mehr Jahren und weder als Grunddienstbarkeit noch
als höchsipersönkiches Recht bestellt worden ist (vergl. Grundbuchvers
ordnung), als Grundstück ins Grundbuch aufgenommen- werden kann; und
ebenso ist es umgekehrt möglich, dass bei einem vorstandsfreien Recht die
Eintraguag als Grundstück- verweigert wird, weil es entweder nicht dauernd
ist, oder weil es als höchstpersönliches, nnübertragbares Recht bestellt
wurde, oder endlich, weil es sich um eine Grunddienstbarkeit handelt,
eine Loslösnng von dem berechtigten Grundstücke also ausgeschlossen ist.

3. Die nach den vorstehenden Ausführungen keineswegs identischen
Fragen nach der Eigenschaft des streitigen Wasser-rechts als eines
vorstandsfreien einerseits, und nach der Natur dieses Rechts als eines
dann-eben und selbständigenM Meike, fallen auch deshalb auseinander,
weil die erstere den Inhaltund Umfang eines Privatrechts betrifft, wobei
sich der Eigentümer des zu belastenden Grundstücke-s und der zukünftige
Inhaber der Dienstbarfdt als Privatrechtssubjekte gegenüberstehen,
während es sich bei der Frage, ob das betreffende Recht als Grundstück
ins Grundbnch aufzunehmen sei, um die Zulässigkeit oder Unzulässrgkeit
eines Aktes der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, wobei sich
nur der Servitntinhaber und der Grundbuchsührer, letzterer als Organ
der Staatsgewalt, gegenüberstehen Denn im Gegensatz zur Frage, ob die
Dienstbarkeit vorstandsfrei einzutragen sei, kann es dem Eigentümer des
belasteten Grundstückes gleichgültig sein, ob die

698 Oberste Zivilgerichtsinstanz. I. Materiellrechtliche Entscheidungen.

Servitut, nachdem sie einma; begründet ist und ihr Umfang feststeht, ein
besonderes Blatt im Grundbuch erhält und dadurch verkehrsfähig wird, oder
ob dies dem Seroitutinhaber verweigert wird. Aus diesem Grunde bestimmt
denn auch der bereits erwähnte Art. 7 der Grundbuchverordnung -und zwar
ohne dem Eigentümer der dienenden Liegenschaft ein Jnterventions- oder
Einspracherecht zuzuerkennen , dass das selbständige und dauernde Recht,
sofern es als Dienstbarkeit bereits besteht, auf einseitig es Begehren
des Berechtigten als Grundstück ins Grundbuch aufgenommen werden kann.

4. Nach dem Gesagten sind die Zivilgerichte und damit auch das
Bundesgericht zur Beurteilung der Frage, ob es sich im vorliegenden
Falle um ein selbständiges und dauerndes Recht im Sinne des Art. r380
Abs. 3 ZGB handle, inkompetent da der Entscheid hieruber nach Art. 102
ff der Grundbuchverordnung den Aufsichtsbehörden zusteht.

Die weitere von der Vorinstanz erörterte Frage, ob der Vertrag . vom
14. März 1912, vorausgesetzt, dass er die Errichtung eines selbständigen
und dauernden- Wasserrechts betraf, der öffentlichen Beurkundung bedurft
hatte, ist (mit Ostertag, Anm. 8 zu Art. 943, und Le-emann, Anm. 17 Abs. 2
zu Art. 855, sowie Juristenzeitung 10 S. 172, und entgegen Wieland,
Anm. 6a zu Art. 779) zu verneinen. Denn, gleichwie das Verhältnis
einer Dienstbarkeit zu den bereits von früher her auf dem dienenden
Grundstück lastenden Hypotheken (vergl. oben Erw. 2), so kann auch
die bei ihrer Begründung zu beachtende Form, als Voraussetzung ihres
Zustandekommens, nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Seroitut,
nachdem sie einmal begründet s ein wird, ein besonderes Grundbuchfolio
wird erhalten können oder nicht. Erst die Übertragung eines bereits
als Grundstück eingetragenen Banoder Wasser-rechts bedarf daher der in
Art. 657 vorgeschriebenen öffentlichen Beurkundung.

5. Bei der Beurteilung der somit allein übrig bleibenden Frage, ob der
Beklagte verpflichtet sei, die streitige Dienstbarkeit vorstandsfrei
zu errichten, fällt vor allem in Betracht, dass nach Art. 782
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 782 - 1 Durch die Grundlast wird der jeweilige Eigentümer eines Grundstückes zu einer Leistung an einen Berechtigten verpflichtet, für die er ausschliesslich mit dem Grundstücke haftet.
1    Durch die Grundlast wird der jeweilige Eigentümer eines Grundstückes zu einer Leistung an einen Berechtigten verpflichtet, für die er ausschliesslich mit dem Grundstücke haftet.
2    Als Berechtigter kann der jeweilige Eigentümer eines andern Grundstückes bezeichnet sein.
3    Unter Vorbehalt der öffentlich-rechtlichen Grundlasten kann eine Grundlast nur eine Leistung zum Inhalt haben, die sich aus der wirtschaftlichen Natur des belasteten Grundstücks ergibt oder die für die wirtschaftlichen Bedürfnisse eines berechtigten Grundstücks bestimmt ist.644
ZGB der
Vertrag über Errichtung einer Grunddienstbarkeit zu seiner Gültigkeit
der schriftlichen Form bedarf-c2. Sachenrecht. N° 120. EUR335

Diese Bestimmung scheint allerdings, nach dem Wortlaut des
Art. 781 Abs. 3, ausser auf die Grunddienstbarkeiten, nur noch
auf die Dienstbarteiten andern Inhalts- im Sinne des Abs. 1 also
auf die persönlichen Dienstbarkeiten, unter Ausschluss nicht bloss
der Nutzniessung und des Wohnrechts, sondern auch des Bauund des
Wasserrechts, anwendbar zu sein. Allein, da in diesem Falle für den
Vertrag über Errichtung eines Bauoder Wasserrechtes überhaupt jede
Gesetzesbestimmung fehlen würde, so ist es unumgänglich, die Vorschrift
des Art. 781 Abs· 3 auch auf ihn anzuwenden und also ftir diesen Vertrag
ebenfalls die Beobachtung der schriftlichen Form zu verlangen. Jst
es nun auch zulässig, bei der Auslegung eines der schriftlichen Form
bedürftigen Vertrages die mündlichenVerhandlungen und die begleitenden
Umstände dann zu berücksichtigen, wenn es sich um die Interpretation
eines an sich unklaren Ausdrucks handelt (vergl. BGE 23 S'. 1689 und
Oser, Anni. 4. zu Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR), so darf doch (mit Rücksicht auf den
Zweck der gesetzlich vorgeschriebenen Form als eines Schutzmittels
gegen Übereilung) der Parteiwille nicht in dem Sinne ergänzt werden,
dass auf Grund mündlicher Vereinbarungen oder sonstiger Judizien eine
weitergehende Verpflichtung der in Betracht kommenden Partei angenommen
wird, als sich aus demschriftlich fixierten Vertragsinhalt ergibt.

Im vorliegenden Falle geht nun aus dem schriftlichen Vertrage nicht
hervor, dass der Beklagte sich zur Bestellung eines vorstandsfreien
Wasserrechts, also zur Beibringung von Rücktrittserklämugen seitens
seiner Hypothekargläubiger, verpflichtet habe. Zusbesondere lässt
sich eine solche Verpflichtung des Beklagten nicht aus der Bemerkung im
Ver-trage ableiten, dass die Abtretung des Wasserrechts in unumschränkter
Weise erfolge. Denn hiebei handelte es sich dem ganzen Zusammenhange
nach offensichtlich bloss um den Umfang des Wasserrechts in örtlicher
und technischer Beziehung, nicht um dessen rechtliches Verhältnis zu
den bereits eingetragenen dinglichen Rechten. Ebensowenig aber ergibt
sich die behauptete Verpflichtung des Beklagten zur Errichtung eines
vorftandsfreien Wasserrechts aus den im Vertrag gebrauchten Ansdrücken
überträgt, Abtretnng, Kaufpreis, Käuser, Verkäufer, Eigentumsrecht
(sc. an den gefassten Quellen"), usw.

700 Oberste Zivilgerichtsiustanz. !. Materiellrechtliche Entscheidungen.

Denn, angenommen selbst, es liessen sich diese Ausdrücke, wie der Kläger
behauptet, nur auf ein selbständiges und dauernde Recht im Sinne des
Art. 780 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 780 - 1 Das Recht an einer Quelle auf fremdem Grundstück belastet das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ableitung des Quellwassers.
1    Das Recht an einer Quelle auf fremdem Grundstück belastet das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ableitung des Quellwassers.
2    Es ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich.
3    Ist das Quellenrecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden.
ZGB beziehen, so wäre damit, nach den Ausführungen in
Erw. 2 und 3 hievor, für die Frage, ob das vom Beklagten zu bestellende
Wasserrecht vorstandssrei sein sollte, nichts gewonnen. Der Umstand
endlich, dass der Vertrag eine zeitliche Begrenzung des Wasserrechts
oder eine die Übertrcigbarkeit ausschliessende Bestimmung nicht enthält,
wäre wiederum nur für die, hier nicht zu prüfende Frage von Bedeutung,
ob es sich um die Errichtung eines selbftändigen und dauernden- Rechtes
handelte.

6. Jst somit der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf ein
vorstandsfreies Wasserrecht schon deshalb abzuweisen, weil eine
Verpflichtung des Beklagten zur Errichtung eines solchen jedenfalls
aus dem vorliegenden schriftlichen Verirrt-ge nicht hervorgeht, so mag
immerhin konstatiert werden dass auch aus den mündlichen Verhandlungen
und den begleitenden Umständen eine derart weitgehende Verpflichtung
des Beklagten sich nicht ergeben wurde.

Selbst wenn erwiesen wäre (wofàr Zeugenbeweis angeboten ist), dass
der Kläger die Absicht hatte, das ihm vom Veklagten zu bestellende
Wasser-recht, sobald es im Grundbuch eingetragen sein win-de, sei es zu
Gunsten der Firma Guggenbühl & Winkler, sei es zu Gunsten einer Vans, zu
verpfänden, eine Absicht, die nach der Darstellung des Klägers auch aus
den hohen Erstellungskosten der Wasserleitung hervorgehen soll , so wäre
daraus doch wiederum bloss der Schluss zu ziehen, dass der Kläger der
Meinung war, ein selbständiges und dauern Recht im Sinne der Art. 655
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 655 - 1 Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
1    Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
2    Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind:
1  die Liegenschaften;
2  die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Rechte;
3  die Bergwerke;
4  die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
3    Als selbstständiges und dauerndes Recht kann eine Dienstbarkeit an einem Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden, wenn sie:
1  weder zugunsten eines berechtigten Grundstücks noch ausschliesslich zugunsten einer bestimmten Person errichtet ist; und
2  auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit begründet ist.570

Biff. 2, 780 am. 3 und 943 Biff. 2 ZGB zu erwerben, nicht anch, dass
es sich für ihn nur um ein vorstandsfreies Recht handeln konnte. Denn
dafür, dass die Grundstücke des Beklagten, aus denen die Dienstbarkeit
des Wasser-rechts zu errichten sein wird, etwa dermassen mit Hypotheken
belastet seien, dass das Wasser-recht im Falle einer Zwangsversteigerung
der dienenden Liegenschaften gemäss Art. 812
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 812 - 1 Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
1    Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
2    Wird nach der Errichtung des Grundpfandrechtes eine Dienstbarkeit oder Grundlast auf das Grundstück gelegt, ohne dass der Pfandgläubiger zugestimmt hat, so geht das Grundpfandrecht der späteren Belastung vor, und diese wird gelöscht, sobald bei der Pfandverwertung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt.
3    Der aus der Dienstbarkeit oder Grundlast Berechtigte hat jedoch gegenüber nachfolgenden Eingetragenen für den Wert der Belastung Anspruch auf vorgängige Befriedigung aus dem Erlöse.
ZGB und 141 Abs. 3 SchKG
(in Art. 58
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 812 - 1 Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
1    Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
2    Wird nach der Errichtung des Grundpfandrechtes eine Dienstbarkeit oder Grundlast auf das Grundstück gelegt, ohne dass der Pfandgläubiger zugestimmt hat, so geht das Grundpfandrecht der späteren Belastung vor, und diese wird gelöscht, sobald bei der Pfandverwertung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt.
3    Der aus der Dienstbarkeit oder Grundlast Berechtigte hat jedoch gegenüber nachfolgenden Eingetragenen für den Wert der Belastung Anspruch auf vorgängige Befriedigung aus dem Erlöse.
SchlT ZGB) unterzugehen Gefahr laufen würde, liegen keine
Anhaltspunkte vor.2. Sachenrecht. N° 120. 701

Hatte somit der Beilagte, auch abgesehen vom Wortlaut des Vertrages,
keinen Grund zu der Annahme, dass der Kläger beson-Ä ders daraus
halte, ein vorstandsfreies Recht zu erwerben, so könnte sich der
Kläger nach Art. 1OR, selbst dann, wenn alle begleitenden Umstände zu
berücksichtigen waren, nicht daraus berufen, dass er den Vertrag in
diesem Sinne aufgefasst habe; denn die übereinstimmende gegenseitige
Willensäusserung beider Kontrahenten ging

. einfach auf die Errichtung eines Wasserrechts, und nicht eines

vorstandsfreien Wasserrechts.

Eine ausdehnende Interpretation verbietet sich übrigens im vorliegenden
Falle um so mehr,.als die Parteien die Eintragung des Vertrages im
Grundbuch vorgesehen hatten und darum eine Fassung wählen mussten,
die ihren Willen klar und vollständig zum Ausdruck brachte. _ '

Endlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Veklagte sich zur Errichtung
eines vorstandsfreien Wasserrechts verpflichtet haben würde, ohne sich
vorher über die Bereitschaft seiner Hypothekargläubiger zur Aussicllung
von Rücktrittserllärungen zu vergewissern. Dass aber der Beklagte dieser
Bereitschaft sicher gewesen sei, oder auch nur, dass er in dieser Hinsicht
bei seinen Hypothekargläubigeru irgendwelche Schritte unternommen habe,
hat der Kläger selber nicht behauptet

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird dahin teilweise gutgeheissen und das si angesochtene
Urteil dahin abgeändert, dass

a) das Begehren des Klägers, derBeklagte sei zur Errichtung eines
vorstandsfreien Quellenrechtes zu verurteilen, abgewiesen wird-

b), auf das Begehren, der Beklagte sei zur Eintragng eines selbständigen
Quellenrechtes zu verurteiien, nicht eingetreten wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 39 II 694
Datum : 01. Dezember 1913
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 39 II 694
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Wle Oberste Zivilgerichtsinstanz. !. Malerielirechtliche Entscheidungen. 120. Zweit


Gesetzesregister
OR: 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
ZGB: 655 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 655 - 1 Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
1    Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
2    Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind:
1  die Liegenschaften;
2  die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Rechte;
3  die Bergwerke;
4  die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
3    Als selbstständiges und dauerndes Recht kann eine Dienstbarkeit an einem Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden, wenn sie:
1  weder zugunsten eines berechtigten Grundstücks noch ausschliesslich zugunsten einer bestimmten Person errichtet ist; und
2  auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit begründet ist.570
780 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 780 - 1 Das Recht an einer Quelle auf fremdem Grundstück belastet das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ableitung des Quellwassers.
1    Das Recht an einer Quelle auf fremdem Grundstück belastet das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ableitung des Quellwassers.
2    Es ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich.
3    Ist das Quellenrecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden.
782 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 782 - 1 Durch die Grundlast wird der jeweilige Eigentümer eines Grundstückes zu einer Leistung an einen Berechtigten verpflichtet, für die er ausschliesslich mit dem Grundstücke haftet.
1    Durch die Grundlast wird der jeweilige Eigentümer eines Grundstückes zu einer Leistung an einen Berechtigten verpflichtet, für die er ausschliesslich mit dem Grundstücke haftet.
2    Als Berechtigter kann der jeweilige Eigentümer eines andern Grundstückes bezeichnet sein.
3    Unter Vorbehalt der öffentlich-rechtlichen Grundlasten kann eine Grundlast nur eine Leistung zum Inhalt haben, die sich aus der wirtschaftlichen Natur des belasteten Grundstücks ergibt oder die für die wirtschaftlichen Bedürfnisse eines berechtigten Grundstücks bestimmt ist.644
812 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 812 - 1 Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
1    Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
2    Wird nach der Errichtung des Grundpfandrechtes eine Dienstbarkeit oder Grundlast auf das Grundstück gelegt, ohne dass der Pfandgläubiger zugestimmt hat, so geht das Grundpfandrecht der späteren Belastung vor, und diese wird gelöscht, sobald bei der Pfandverwertung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt.
3    Der aus der Dienstbarkeit oder Grundlast Berechtigte hat jedoch gegenüber nachfolgenden Eingetragenen für den Wert der Belastung Anspruch auf vorgängige Befriedigung aus dem Erlöse.
943
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 943 - 1 Als Grundstücke werden in das Grundbuch aufgenommen:
1    Als Grundstücke werden in das Grundbuch aufgenommen:
1  die Liegenschaften;
2  die selbständigen und dauernden Rechte an Grundstücken;
3  die Bergwerke;
4  die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
2    Über die Voraussetzungen und über die Art der Aufnahme der selbständigen und dauernden Rechte, der Bergwerke und der Miteigentumsanteile an Grundstücken setzt eine Verordnung des Bundesrates das Nähere fest.
ZGB SchlT: 58
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • frage • dienstbarkeit • wasser • grundbuch • quellenrecht • weiler • sachenrecht • selbständiges und dauerndes recht • grunddienstbarkeit • besteller • bundesgericht • belastetes grundstück • dauer • eigentum • zivilgericht • fremde sache • zweifel • wissen • autonomie
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