121 III 1
1. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. März 1995 i.S. K. (Berufung)
Regeste (de):
- Legitimation des Dritten zur Erhebung einer Vormundschaftsbeschwerde gegen die Anordnung einer Beistandschaft für ein aussereheliches Kind (Art. 420
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1 von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen; 2 einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder 3 eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 309
- Die Berufung ist zulässig gegen die Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft (Art. 44 lit. e
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 309
- Ein Dritter ist zur Beschwerde gemäss Art. 420
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.
Regeste (fr):
- Qualité du tiers pour recourir à l'autorité tutélaire contre la décision d'instituer une curatelle pour un enfant né hors mariage (art. 420, 392 ch. 2, 309 al. 2 CC).
- Le recours en réforme est recevable contre l'institution d'une curatelle de représentation (art. 44 let. e OJ). Question laissée indécise pour l'institution d'une curatelle de paternité (consid. 1).
- Un tiers a qualité pour recourir, selon l'art. 420 CC, lorsqu'il invoque les intérêts de la personne à protéger ou se plaint de la violation de ses propres droits ou intérêts (consid. 2a). Le père présumé qui s'oppose à l'institution d'une curatelle de représentation et de paternité pour l'enfant né hors mariage n'a pas qualité pour recourir (consid. 2b et c).
Regesto (it):
- Legittimazione di un terzo a ricorrere all'autorità tutoria contro una decisione che istituisce una curatela su di un figlio nato al di fuori del matrimonio (art. 420, 392 n. 2, 309 cpv. 2 CC).
- Il ricorso per riforma è ammissibile contro l'istituzione di una curatela di rappresentanza (art. 44 lett. e
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 309
- Il terzo è legittimato a ricorrere, giusta l'art. 420 CC, se invoca gli interessi della persona bisognosa di protezione o se censura la violazione di diritti o interessi propri (consid. 2a). Il padre presunto che si oppone all'istituzione di una curatela di rappresentanza e di paternità per il figlio nato fuori dal matrimonio non è legittimato a ricorrere (consid. 2b e c).
Sachverhalt ab Seite 2
BGE 121 III 1 S. 2
A.- Am 30. Januar 1982 wurde M. Z. als Tochter von L. Z. geboren. Y. anerkannte am 3. März 1982 vor dem Zivilstandsamt X. die Vaterschaft. Nachdem sich Y. von L. Z. getrennt hatte und mit einer anderen Frau eine Ehe eingegangen war, verweigerte er gegenüber M. Z. die Erfüllung seiner väterlichen Pflichten, seit einiger Zeit insbesondere diejenige der Erbringung von Unterhaltsleistungen. In der Folge wandte sich L. Z. an die Vormundschaftsbehörde der Stadt Biel, damit diese im Interesse des Kindes dessen väterliche Abstammung kläre. Am 3. Oktober 1994 ordnete die Vormundschaftsbehörde der Stadt Biel die Errichtung einer Vertretungs- respektive Vaterschaftsbeistandschaft für M. Z. an und erteilte dem Beistand den Auftrag, namens des Kindes Klage auf Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft durch Y. sowie eine Vaterschaftsklage gegen K. einzureichen.
B.- Gegen diesen Beschluss erhob K. Beschwerde beim Regierungsstatthalter des Amtsbezirkes Biel. Dieser trat mit Entscheid vom 2. Dezember 1994 auf die Beschwerde nicht ein. Der Appellationshof des Kantons Bern ist auf die dagegen erhobene Beschwerde vom 13. Dezember 1994 mit Entscheid vom 13. Januar 1995 nicht eingetreten.
C.- Mit Berufung vom 23. Januar 1995 beantragt K. dem Bundesgericht, den Entscheid des Appellationshofes des Kantons Bern aufzuheben und die Sache zur materiellen Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Gemäss Art. 44 lit. e
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 309 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde: |
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1 | von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen; |
2 | einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder |
3 | eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 309 |
BGE 121 III 1 S. 3
eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, Ziff. 55, Fn. 15; vgl. auch BGE 107 II 312, wo stillschweigend auf eine Berufung gegen die Anordnung einer Vaterschaftsbeistandschaft eingetreten wurde). Vorliegend kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben, weil sich die Berufung auch gegen die Anordnung der Vertretungsbeistandschaft richtet. Auf die Berufung ist daher einzutreten.
2. Der Kläger rügt, dass der Appellationshof des Kantons Bern ihm zu Unrecht die Legitimation zur Erhebung der Vormundschaftsbeschwerde abgesprochen habe. Seine Befugnis zur Beschwerdeführung sei einerseits deshalb zu bejahen, weil er durch die Anordnung der Beistandschaft für M. Z. in eigenen Rechten betroffen sei, da diese Massnahme die Beseitigung der bestehenden Vaterschaft und einen Vaterschaftsprozess gegen ihn bezwecke. Anderseits sei er auch zur Beschwerdeführung legitimiert, weil er damit die Interessen von M. Z. wahrnehme. Die Vorinstanz hätte daher auf jeden Fall auf seine Beschwerde eintreten und zumindest prüfen müssen, ob die Anordnung einer Vaterschaftsbeistandschaft im wohlverstandenen Kindesinteresse liege. a) Art. 420 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen. |
BGE 121 III 1 S. 4
b) Soweit der Kläger ausführt, dass seine Rechte und schutzwürdigen Interessen durch die Anordnung der Vertretungs- respektive Vaterschaftsbeistandschaft für M. Z. tangiert seien, kann seinen Ausführungen nicht gefolgt werden. Weder bei der Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft im Hinblick auf die Anfechtung der Vaterschaft (Art. 392 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 392 - Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde: |
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1 | von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen; |
2 | einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder |
3 | eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 260a - 1 Die Anerkennung kann von jedermann, der ein Interesse hat, beim Gericht angefochten werden, namentlich von der Mutter, vom Kind und nach seinem Tode von den Nachkommen sowie von der Heimat- oder Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden. |
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1 | Die Anerkennung kann von jedermann, der ein Interesse hat, beim Gericht angefochten werden, namentlich von der Mutter, vom Kind und nach seinem Tode von den Nachkommen sowie von der Heimat- oder Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden. |
2 | Dem Anerkennenden steht diese Klage nur zu, wenn er das Kind unter dem Einfluss einer Drohung mit einer nahen und erheblichen Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Ehre oder das Vermögen seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person oder in einem Irrtum über seine Vaterschaft anerkannt hat. |
3 | Die Klage richtet sich gegen den Anerkennenden und das Kind, soweit diese nicht selber klagen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 309 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 309 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 420 - Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 309 |
BGE 121 III 1 S. 5
Interesse des Kindes an der Anordnung der Beistandschaft besteht, ist somit zum vornherein auf die Anfechtung der Rechtsbeziehung zum anerkennenden Vater zu beschränken. Der Kläger geht fehl in der Annahme, dass vorliegend die Erhebung einer Anfechtungsklage zur Beseitigung des bestehenden Kindesverhältnisses den Kindesinteressen zuwiderlaufe. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das aussereheliche Kind Anspruch auf die Feststellung des Kindesverhältnisses zum Vater hat (HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, N. 27.30; vgl. auch BGE 112 Ia 97 E. 6b; COTTIER, Die Suche nach der eigenen Herkunft: Verfassungsrechtliche Aspekte, Beihefte zur Zeitschrift für Schweizerisches Recht, 1987, insbes. S. 27 ff.; COTTIER, Kein Recht auf Kenntnis des eigenen Vaters?, recht 4, 1986, S. 135 ff.). An diesem grundsätzlichen Interesse des Kindes ändern die Ausführungen des Klägers nichts. Soweit er geltend macht, dass M. Z. von ihrer Mutter schon vor vier Jahren und seither immer wieder über die wahre biologische Vaterschaft aufgeklärt worden sei, scheint er zu übersehen, dass die Feststellung des Kindesverhältnisses sich durchaus nicht in der Kenntnis des biologischen Vaters erschöpft, sondern auch den Unterhaltsanspruch gegen den Vater sowie die Unterstützungs- und Erbberechtigung gegenüber der väterlichen Verwandtschaft mitumfasst. Ebenso unbehelflich ist der Einwand, dass die Beziehung zum Registervater durch eine Anfechtung tangiert werde, ist diese Beziehung doch bereits vor vier Jahren vollständig abgebrochen worden. Damit erweist sich ohne weiteres auch der Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Vorgehens der Kindesmutter und der Vormundschaftsbehörde als haltlos. Den Ausführungen der Vorinstanz ist daher beizupflichten, dass der Beschwerdeführer nicht Interessen von M. Z., sondern ausschliesslich eigene Interessen geltend macht. Diese können indessen wie dargelegt nicht im Vormundschaftsverfahren, sondern erst in einem künftigen Vaterschaftsprozess vorgetragen werden. d) Der Appellationshof des Kantons Bern hat demnach die Legitimation des Klägers zur Erhebung einer Vormundschaftsbeschwerde gegen die Anordnung der Vertretungs- respektive Vaterschaftsbeistandschaft zutreffend verneint, weil dieser als Dritter sich weder auf eigene Rechte noch auf die Interessen von M. Z. zu berufen vermag. Die Berufung ist demnach abzuweisen.